JAKOBSWEG, Tag 19 – 29 Kilometer von Calzadilla de los Hermanillos nach Mansilla de las Mulas
FÜR DIE MEERHEIMS
Wir widmen jeden Tag unserer Pilgerreise Menschen, die uns viel bedeutet haben, aber nicht mehr unter uns weilen.
Nein, bitte kein Mitleid! Selbst schuld, dass wir schon wieder stundenlang im strömenden Regen durch Spanien marschiert sind und durch Pfützen gewatet, so groß wie das Kinderbecken im Biberacher Freibad. Durch lehmige Schlammfelder sind wir gestampft, immer in der Hoffnung, der Spuk müsse doch irgendwann ein Ende haben.
Wir hätten es einfacher haben können. So wie die beiden Französinnen, die mit uns im wunderschönen Landgasthof gefrühstückt hatten und sich nach einem kurzen Blick gen Himmel für ein Taxi ins nächste Dorf entschieden.
Und wir? Bitten den kubanischen Koch, uns ein Bocadillo als Wegzehrung einzupacken. Wohl wissend, dass es bis zum viele Stunden entfernten nächsten Dorf keine Bar, keine Kneipe, nicht einmal eine Kirche gibt, in der man für Manna beten könnte, das St. Jakobus doch bitte vom Himmel werfen möge.
Also Knopf ins Ohr und die von Spotify eigens für dich gemischte Playlist aufgedreht – und hinein ins patschnasse Vergnügen.
Unterwegs wird im Laufen die Orange geteilt, die wir in kluger Voraussicht am Abend zuvor als unseren Nachtisch einkassiert hatten. Wenig später dann ein provisorischer Unterstand, wo die beiden Rotkäppchen ein paar Minuten regenfrei bekommen.
Als dann das kubanische Bocadillo dran ist – immer noch im Laufen – zeichnet sich zum ersten Mal an diesem Tag so etwas wie Licht am Ende des Tunnels ab.
Und siehe da: Die Sonne schlüpft zaghaft hinter den grauen Wolken hervor!
Die letzten 15 Kilometer hatte Jakobs Kumpel Petrus dann doch noch Erbarmen mit uns und bereitete uns sogar einen richtig sonnigen, fast warmen Empfang in einem Dorf mit dem wunderschönen Namen Mansilla de las Mulas.
An Tagen wie diesen lehrt uns der Camino so etwas wie Demut. Jeder ist für sein eigenes Wohlergehen verantwortlich. Der Camino kann nichts dafür, dass es stürmt und regnet.
Wenn du glaubst, auch bei diesem Wetter dein 8.5-Kilo-Schneckenhaus auf den Rücken schnallen zu müssen, dann ist es allein deine Entscheidung.
Der Camino liefert lediglich die Plattform für die Spielwiese, die du dir freiwillig ausgesucht hast. Das Spiel zu spielen, liegt an dir.
Und es ist ein herrliches Spiel, selbst an Tagen wie diesen.
Kein Tag ist auf dem Camino wie der andere. Keine Herberge ähnelt der vom Vorabend. Kein Pilgermenü, das sie Dir hier dreigängig für 10 Euro servieren, schmeckt wie das letzte.
Das hier ist kein MacCamino, der im Franchise-System verkauft wird. Der Camino ist für Individualisten, von denen jeder und jede genau das daraus macht, wozu er in der Lage ist, oder worauf er Lust hat.
Bei uns war’s heute eben eine mehrstündige Schlammschlacht. Sonnige Tage sind schön und wir freuen uns auch schon wieder auf sie. Aber ich weiß schon jetzt, dass es die Schlammschlachten sein werden, an die wir uns später zuerst erinnern, wenn wir an dieses einzigartige Abenteuer denken werden, das sich Camino nennt.
Morgen dürften wir Léon erreichen, die letzte große Stadt vor Santiago de Compostela. Weit mehr als die Hälfte haben wir inzwischen hinter uns. Und unser Enthusiasmus ist noch immer ungebrochen.
So schicken wir an diesem Dienstagabend inzwischen wieder sonnige Grüße in die Welt hinaus – aus einer wieder einmal zauberhaften Herberge in Mansilla de las Mulas.
Buen Camino!
Immer nur Sonne wäre ja nun auch wirklich langweilig 😉 ich wünsche euch natürlich trotzdem jede Menge schönes Wetter auf eurem Weg!
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Aprilwetter -auch auf dem Camino! Die Dusche am Abend war sicher toll.
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So true – weather we cannot control; our attitude we can. Still, wishing you sun and blue skies.
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Echt! Grrrhhh …
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Auf dem Camino die Schlammschlacht, daheim Schneesturm und Eisregen!
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