Ein Blog und seine Geschichte

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Der Pilger macht Pause, der Blogger bloggt weiter.

Entschuldigung, aber das Thema Jakobsweg ist noch immer nicht abgehakt. Wie könnte es auch. So ein Abenteuer legt man nicht einfach zu den Akten wie eine bezahlte Rechnung. Was mich anfangs gewundert, im Laufe der Zeit aber regelrecht gerührt hat, ist die Resonanz auf meinen Blog. Noch immer gehen Mails, Whatsapp-Nachrichten und Kommentare dazu auf allen Kanälen ein.

So schreibt eine (mir persönlich nicht bekannte) Userin im MALLORCA FORUM: „Beim gemütlichen Beisammensein haben wir (ca.10 Freunde) Euch auf dem Jakobsweg begleitet. Jeden Tag haben wir auf die neuen Blogpostings gewartet. Und dann kamen die Entzugserscheinungen“.

Da sitzen zehn Leute am Tisch und beschäftigen sich mit unserer Pilgerwanderung? Ich finde das unfassbar schön.

Mein guter Freund Philipp schreibt mir über Whatsapp: „Yvonne hat beim gemeinsamen Abendessen deinen neuesten Beitrag vorgelesen. Die Kids haben Bauklötze gestaunt bei der Passage mit Deinem Trip als 15-Jähriger nach Spanien. Toll, wie sich dieser Kreis schließt“.

Unsere Camino-Abenteuer als Tischgespräch mit Frau und Kindern? Wie cool ist das denn?

„Allergrössten Respekt und herzlichen Glückwunsch! Schade, dass es vorbei ist“, schreibt der Freund aus Köln, der sich jetzt als „Leser auf Entzug“ bezeichnet.

Ich könnte weiter zitieren. Mehr als 100 solcher Kommentare sind bei uns eingegangen.

Erst gestern Abend erreichte mich noch eine Message von einer jungen  Montrealerin, die ich persönlich kaum kenne. Sie schrieb, sie habe über unsere Pilgerwanderung per Instagram erfahren und ihren Eltern, die etwa in unserem Alter seien, davon erzählt. Ihre Eltern seien jetzt total angefixt und würden uns, wenn’s recht ist, gelegentlich kontaktieren, weil sie ein paar Fragen dazu hätten.

Mit anderen Worten: Man hat sich vom Camino-Fieber anstecken lassen.

Ganz ehrlich? Mit dieser Resonanz hatte ich nicht gerechnet. Mir war klar, dass das Feedback auf ein Blog-Tagebuch über den Jakobsweg größer sein würde als ein Posting über Montrealer Schlaglöcher. Aber so viel? Das finde ich noch immer verrückt.

Ich vermute mal, dass es neben dem Thema auch die Regelmäßigkeit war, mit der ich gebloggt hatte. Schließlich gab es während der kompletten Wanderung keinen einzigen blogfreien Tag. „Besser als eine Reality-Show im Internet“ sei das gewesen, schrieb jemand.

Für mich war das allabendliche Bloggen mit zwei Daumen auf dem iPhone weit mehr als nur eine Form der Kommunikation. Es war auch eine Antriebsfeder für den nächsten Morgen, bei Wind und Wetter auf die Piste zu gehen, anstatt den Bus oder das Taxi zu nehmen.

Ich erinnere mich an einen gruseligen Regentag. Zwei Französinnen, die mit uns die Nacht in einer Herberge verbracht hatten, fragten uns nach dem Frühstück, ob sie uns im Taxi zum nächsten Dorf mitnehmen könnten. Bei so einem Wetter jage man schließlich keinen Hund vor die Tür.

Lore und ich mussten keine Sekunde lang überlegen. Natürlich haben wir das freundliche Angebot ausgeschlagen. Wie hätte ich denn meinen Blog-LesererInnen erklären sollen, dass wir gekniffen haben?

So viel zum Thema Eigenmotivation.

Eine norwegische Pilgerin, der ich von meinem Blog erzählt hatte, meinte: Sie würde niemals so einen Blog veröffentlichen. Würden nämlich die von ihr angepeilten Klickzahlen nicht erreicht werden, wäre ihre Eitelkeit erheblich gekränkt. Das wiederum würde ihr die gute Laune verderben.

Das Schöne ist: Ich hatte nie besondere Erwartungen an die Abrufzahlen des Camino-Blogs. Fnanzielle Interessen sind damit ohnehin nicht verbunden. Dass die Klickzahlen das Zehnfache, manchmal das Zwanzigfache eines normalen Blogpostings erreichten, machte mich allerdings dann doch sprachlos.

Aber auch wenn es nicht so viele gewesen wären, hätte mir das Bloggen nicht weniger Spaß gemacht. Schließlich sind die  insgesamt um die 50 Postings ein wunderbares digitales Tagebuch für uns geworden, das uns keiner mehr nehmen kann.

Versprochen: Demnächst geht’s in den BLOGHAUSGESCHICHTEN mit anderen Themen weiter.

Wobei: Warum eigentlich? Ich stelle gerade fest, wie viel Spaß es macht, den Camino noch einmal vom Sofa aus zu wandern. Was stört es mich da, wenn es draußen regnet und stürmt?

Und weil’s so schön war: Hier gibt’s den Camino-Blog als Sammel-Seite.

4 Gedanken zu „Ein Blog und seine Geschichte

  1. Ja, auch ich muss sagen, dass mir das allnächtliche Tagestour – Résumé sehr fehlt und ich glaube, dass es vielen Deiner „follower“ ähnlich geht, wie mir: „Ich möchte das auch!!“ … Mit laufen, mit frieren, sich fragen, weshalb tue ich mir das an…., oder auch die herrliche Landschaft und die Stille genießen, auf Trampelpfaden zu laufen und unsäglich glücklich, stolz und zufrieden sein, nach anstrengenden 20 – 30 km, die warme Dusche, das einfache Essen und das saubere Bett genießen, wogegen kein 5 Sterne Hotel anstinken kann….
    Das ist eine unglaubliche Herausforderung! Die einzige Weggefährtin, mit der ich mich dieser Herausforderung gewachsen fühlen würde, ist meine Schwester….., wobei die mich fragt, was mich daran so reizt ….. Und der Lebensgefährte der Schwester eigentlich auch gerne gehen würde, aber auf Grund familiärer Verpflichtungen, nicht so lange unterwegs sein kann…. Tja, alleine bin ich nicht dafür geschaffen und der Captain of my heart könnte zu Fuß nicht mal von Calvià nach Palma Nova laufen….
    Also bleibt mir weiterhin die motorisierte Alternative…. ! Aber auch auf die freue ich mich sehr :-D
    Nochmals herzlichen Dank fürs Mitnehmen!!

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  2. Herbert 🙋‍♂️und Lore ..einfach ganz toll und herrlich , Eure Pilgertour und auch die regelmäßige und lesenswerte Auf-und Nacharbeitung davon !
    Die disziplinierte ,tägliche Berichterstattung ,war ganz bestimmt ein wichtiger Schlüssel-Faktor, zum Gelingen und Durchhalten dieses Unterfangens ! Dass Lore dich zu diesem Adventure gedrängt hat und du sie die ganze Zeit auch als „Sounding Bord“ für Feedback & Input an deiner Seite hattest , finde ich eine besonders schöne Bereicherung für Euch !
    Chapeau und liebe Grüße 👏..XXRolfo..🏝

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  3. Es hat ein wenig gedauert, bis ich nicht mehr auf der Bettkante als Tagesabschluß oder Tagesbeginn Deinen Blog gesucht habe. Was mich besonders faszinierte – neben Bildern und Worten: daß Ihr so ganz bei Euch geblieben seid, ganz schnörkellos und ohne großen Fragen an uns LeserInnen und Euch selbst. Ihr habt uns einfach an Eurem Erleben teilhaben lassen. Das macht den Wert Deines Blogs aus. Deshalb kann ich ihn immer wieder lesen und finde bisher jedes Mal noch ein neues Detail. Danke Dir, danke Euch dafür!

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  4. Hach schön 😊 Ich räume gerade meinen Blog ein bisschen auf, da flattert dieser Beitrag rein. Kurz reingelesen und…: ich weiß ganz genau, was Du meinst! Zwar hat mein Blog entschieden weniger Klicks, aber die sind mir auch herzlich egal. Viel wichtiger ist es für mich, mit Menschen in Kontakt zu treten, die auch diese Erfahrung gemacht haben oder vielleicht irgendwann einmal machen wollen. Habe eben auch wieder einen neuen Camino-Blog abonniert.

    Ich stelle immer wieder fest, dass die meisten Pilger sehr ähnliche Gedanken und Gefühle umtreiben. Dass der Weg im Kopf weitergeht bzw. man in Gedanken immer wieder dorthin zurück kehrt. Ich bin vorsichtig mit den Begriffen “Typus” oder sogar “Menschenschlag”, aber irgendetwas verbindet die Pilger untereinander – und das ist etwas wirklich einmaliges.

    …und beim Thema Camino-Fieber werde ich sogar zum Impfgegner 😅

    Viele Grüße nach Montreal (wo ich schon viel zu lange nicht mehr war…)
    Stefan

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