Corona-TV: Live vom Esstisch

IMG_2087Zwei bis dreimal in der Woche, manchmal auch öfter, läuft bei uns Corona-TV. Dann wird live vom Esstisch aus gesendet. Die Einschaltquoten sind überschaubar: Zwei, höchstens drei Zuschauer – mehr würden nur stören. Denn Corona-TV ist Privatfernsehen im Wortsinne: Über Videochat bleiben wir mit unseren Freunden in Kontakt.

Wer sein Leben lang als Korrespondent gearbeitet hat, sollte eigentlich wissen, wobei es beim Radio und Fernsehen ankommt. Das Licht darf keine Schatten werfen, der Sound muss stimmen. Deko, Maske und Garderobe hängen vom Thema ab.

Bei Corona-TV spielt das alles keine Rolle. Da hört sich der Ton schon mal an, als komme er direkt aus der Cola-Dose und die Garderobe sieht aus, als hätte der Herrenausstatter bis auf weiteres geschlossen, was ja auch der Wahrheit entspricht. Ein weisses T-Shirt geht immer. Kariertes sorgt für einen rastermäßigen Moiré-Effekt. Und der ist bei Fernseh-Übertragungen tunlichst zu vermeiden.

Ist man bei der Vorbereitung der Sendung nicht achtsam, verdeckt der Schatten des Lampenschirms das Gesicht, was oft kein Schaden ist. So richtig tageslichttauglich ist man in unserem Privatfernsehen ohne Schminke sowieso nicht.

Ist das ungewaschene Geschirr im Hintergrund aus dem Sichtfeld geräumt und das Studio dann endlich sendebereit, kommt die wichtigste Entscheidung: Welche Übertragungstechnik nehmen wir denn heute?

Die Wahl der Programme wird inzwischen zur Qual. Zoom oder Google-Hangout, Facetime oder Whatsapp, Facebook-Messenger oder doch lieber das gute, alte Skype? Kein Problem: Bei der Nerd-Family geht eigentlich alles.

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Traurig, aber schön: Auch Cassian sehen wir fast nur noch auf dem Computer-Bildschirm.

Corona-TV hat den Vorteil, dass man sich zwar auf den Sendebeginn einigt. Der Sendeschluss ist flexibel und liegt an den Machern.

Wahnsinn, wie die Zeit vergeht!

Neben Kochrezepten, Wein-Empfehlungen und Kinder-Geplapper kommen auch staatstragende Themen wie: „Haste Justin Trudeaus neue Haarfarbe gesehen?“ oder: „Schon gehört? Rauchen soll gegen Covid-19 gut sein!“ ins Programm. Immer gut zur Unterhaltung eignen sich auch „Tiger King“, „Tatort“ und die diversen Talkshows.

Den Wahnsinnigen in Washington sparen wir aus. Dafür ist uns die Sendezeit dann doch zu schade.

An Gesprächsstoff hat es uns trotz der doch eher monothematischen Nachrichtenlage bisher nie gefehlt. Das liegt zum einen an unseren durchweg super informierten Chat-Freunden, aber auch an der entspannten bis weinseligen Stimmung, die manchmal gar nicht zum Ernst der Lage passt.

Nicht immer verläuft der Abgang geschmeidig. Da passiert es schon mal, dass der Bildschirm schwärzt, weil der Kumpel mal wieder den schwächelnden Akku in seiner Leistungsdauer überschätzt hatte.

Manchmal kommt die Technik auch mit Hoch- und Breitformat durcheinander. Nein, der Freund  aus Ottawa schläft nicht. Er hat es sich lediglich vorübergehend im Landscape-Modus bequem gemacht.

Perfektes Fernsehen war gestern. Der wahre Charme des Video-Chats liegt in der Imperfektion. Und davon gibt es in unserem Privatfernseh-Sender mehr als genug.

2 Gedanken zu „Corona-TV: Live vom Esstisch

  1. Am Anfang war schon das Dazuschalten eine Herausforderung, aber mittlerweile haben wir das gut im Griff und ich kann sogar bei Zoom den Hintergrund aendern!
    Ok, Zoom usw. ersetzen die persoenlichen Besuche, die Abendessen mit Freunden und vor allem das in-die-Arme-nehmen der Enkel und der Kinder nicht, aber ich finde es super, dass wir uns dank dieser Technik regelmaessig sehen und miteinander sprechen koennen!

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  2. Da ja unsere Söhne mit jeweils ihren Familien weit weg von uns leben, praktizieren wir diese Art der Kommunikation schon lange. Ja, mit all den technischen Pannen

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