Urlaub im Krieg – darf man das?

Es war in letzter Zeit viel von Verzicht die Rede, auch in diesem Blog. Verzicht auf Feiern, Verzicht auf Reisen, Verzicht auf Luxus. Muss die Opferrolle sein in Kriegszeiten? Oder sollte man einfach auf jeglichen Verzicht verzichten?

Diese Frage beschäftigt mich schon seit einiger Zeit – vor allem nach den letzten beiden Blogposts von der stornierten Reise nach Las Vegas und dem High Team im Ritz Carlton.

Offensichtlich machen sich auch andere darüber Gedanken. Hier nur ein paar von vielen Mails und Messages, die mich nach der Veröffentlichung der letzten beiden Texte erreicht haben:

>> „Seit Jahrzehnten gab es Kriege vor der Haustür, seit Jahrzehnten sind Kinder verhungert. Sind asiatische und afrikanische Menschen weniger wert – oder warum hat uns das bislang nicht schon zu allen möglichen Verzichtshandlungen motiviert?“

>> „I have no guilt. We all have our own realities. People suffer everywhere all the time. This is just very large and fast.“ [„Ich fühle mich nicht schuldig. Wir leben alle in unseren eigenen Wirklichkeiten. Menschen leiden die ganze Zeit irgendwo in der Welt. Was wir zurzeit erleben, ist eben sehr groß und sehr schnell.“]

>> „That is so sad! We are sorry you felt you had to take this step. I do hope you blog about it, as a way of showing people just how far-reaching are the effects of this insane conflict.“ [„Wie traurig! Es tut uns leid, dass Ihr das Gefühl hattet, diesen Schritt machen zu müssen. Ich hoffe, du bloggst darüber, damit auch andere Menschen erfahren, wie weitreichend die Folgen dieses verrückten Konflikts sind“.]

Meine Meinung: Die Entscheidung, ob mitten im Krieg Reisen in ferne Länder notwendig sind oder nicht, muss jede/r für sich entscheiden. Ich werde einen Teufel tun, hier den gutmenschigen Missionar zu spielen.

Trotzdem interessiert mich eure Meinung. Vielleicht möchtet ihr euch ja mit ein paar Mausklicks an einer kleinen Umfrage beteiligen.

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12 Gedanken zu „Urlaub im Krieg – darf man das?

  1. Aus den Kommentaren wurde deutlich:
    – Ein Verzicht nützt Niemandem wirklich, aber manchmal uns selbst, weil wir das Vorhaben in der momentanen Gemütslage nicht für richtig halten.
    – Ein Verzicht stärkt höchstens diesen Sadisten Putin, indem er sich das als Bestätigung seiner Macht über uns auslegt.
    – Um selbst diese ganzen und vielen negativen, schrecklichen und furchterregenden Vorgänge auf der Welt verkraften zu können, brauchen wir auch gewisse schöne Erlebnisse zum Ausgleich.
    – Und letztlich -das hatte ich mich selbst längst auch schon gefragt- warum wühlt uns dieser Ukraine-Krieg jetzt um so vieles mehr auf, als alle Ungerechtigkeiten, alles andere Elend, alle Hungernden, Flüchtenden und Ertrinkenden auf der Welt? Ist uns damit nicht wirklich das Hemd näher als die Hose?!
    Demnach müssten wir eigentlich ohne Unterlass in Depressionen UND Verzicht verfallen.

    Fazit: Jede Situation gut abwägen und nach den eigenen Empfindungen beurteilen. Das kann heute so und morgen so sein, und sich trotzdem richtig anfühlen.
    Weil täglich auf der Welt so unendliche viele Menschen verhungern, verzichten wir doch aus Solidarität selbst auch nicht aufs Essen! Aber es ist richtig und gut, wenn es uns hin und wieder zu etwas Einhalt ermahnt.

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  2. Lieber Herbert, als Putin vor genau 4 Wochen die Ukraine angreifen ließ, war meine erste unreflektierte Reaktion Angst. Vor einer Ausweitung nach Westen, bis zu uns, vor einem Atomschlag. Das ging so weit, dass ich mich ernsthaft gefragt habe, ob ich zB noch unseren Garten frühjahrsfest machen soll, ob sich das überhaupt noch lohnt, weil ja demnächst eh alles entweder zerstört oder atomar versucht wird. Welche Papiere ich bei einer Flucht benötige und wie ich unsere 7 Katzen retten kann, wenn wir flüchten müssen. Ich habe stundenlang jede Sondersendung geschaut und mich selbst verrückt gemacht. Bisher war Krieg eben immer weit weg und nun gibt es eine Bedrohung, die greifbar geworden ist.
    Nach ein paar Tagen habe ich aber für mich beschlossen, mein Leben so weiter zu führen wie bisher. Es ändert nichts, wenn ich zuhause sitze und darauf warte, dass dass, was ich mir ausmale, tatsächlich eintritt.
    Dann kam ein Hilferuf meiner Freundin auf Mallorca, die sich das Bein gebrochen hat und allein nicht klar kam. Also bin ich zu ihr geflogen, und es war die richtige Entscheidung. Den Ukrainern kann ich nicht helfen, außer im Kleinen durch Spenden, aber hier konnte ich es.
    Danach haben wir beschlossen, unsere beiden Urlaube finden statt. Wir brauchen beide bei unserem seit Monaten immer stressigeren Alltag diese Auszeiten, um die Batterien wieder aufladen zu können.
    LG Petra

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  3. Qui bono ? Wem nutzt der Verzicht? Meine Meinung ist ganz eindeutig: Jeder Verzicht ist ein Sieg für Putin. Jeder Verzicht zeigt diesem Verbrecher, dass er mit seiner Gewalt die freie Welt beeinflussen und damit beherrschen kann.

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  4. Huhu Herbert,

    ich werde reisen, mich mit Freunden treffen, mich am schönen Wetter, am Frühling und am Leben freuen u.v.m. Vor allem werde ich keine Gründe hierfür vorbringen, die meist in die Richtung von (unangeforderten) Rechtfertigungen driften.

    Meine ersten Überlegungen in der vergangenen Woche gingen auch in die gleiche Richtung, wie die ersten beiden von Dir zitierten und die von Elgard. Ab welcher emotionalen oder geographischen Entfernung oder Gewöhnung machen wir uns nicht mehr soo viel aus Leid? Sind es die gegenwärtigen Bilder? Die Gefahr, dass man womöglich selbst bald Opfer werden kann?

    Natürlich muss man sich gerade mit Blick auf seine Stimmungen und Gefühlslagen nicht ausschließlich von altruistischen Motiven leiten lassen. In der Außenwirkung wird das argumentative Eis dann allerdings schnell dünn.
    Aber letztlich muss man eigentlich nur seine eigene Linie finden und vor sich selbst bestehen können.

    Viele Grüße,
    Prensal

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  5. Lieber Herbert, danke für Deine Antwort.
    Wir waren bereits während der Jahre des kalten Krieges, großer Gefahr nahe, während unsere Eltern sich bemühten, uns einen gewissen Wohlstand zu erarbeiten.
    Und der atomare Erstschlag fand bereits am 6. und 9. August 1945 in Hiroshima und Nagasaki statt.
    Aber, wie Du bereits sagtest, ein jeder sollte seine eigenen Entscheidungen treffen. Immer.

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  6. Danke, liebe Elgard. Ich verstehe deine wohl durchdachten Argumente. Nur: Noch nie war die Gefahr so real, dass auch Deutschland/Spanien/Frankreich … in den Krieg gezogen werden können. Und: Noch nie musste man sich so aktuell um einen atomaren Erstschlag so viele Sorgen machen wie jetzt. Aber natuerlich gilt auch hier: To each his own. Mir steht zurzeit der Sinn jedenfalls nicht nach Reisen.

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  7. Danke fuer deine wohl durchdachte Einstellung. Wie gesagt: Jeder muss das tun, was er/sie fuer richtig haelt. Es sollte auch keiner dafuer verurteilt werden, nur weil er sein Leben weiterlebt wie bisher. Im Herzen trauern wir alle um die Opfer, da bin ich mir sicher.

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  8. Ich habe kein Problem mit Anonymität, ich würde/werde trotzdem reisen. Der Ukraine „Konflikt“=Krieg ist schlimm, geht an die Nieren, aber es gibt, seitdem ich lebe, keinen Tag, an welchem nicht irgendwo Menschen erschossen, gemetzelt, gefoltert wurde und werden, Hungers sterben wie die Fliegen, im Mittelmeer oder Atlantik ertrinken, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, Tausende und Millionen Flüchtlinge aus Kriegsgebieten jahrelang in irgendwelchen erbärmlichen Lagern sitzen……
    Wenn wir NUN auf einmal in Schutt und Asche sinken und auf unsere Lebensfreude verzichten, geht es keinem einzigen dieser Millionen und Abermillionen besser….. Es sei denn, ich wäre ein Multi-Milliardär, der mit seinem Vermögen Besseres tun könnte, als dies immer weiter zu vermehren und den ärmsten Ländern die Lebensgrundlage abzugraben.

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  9. Lieber Herbert,
    meine Abstimmung dazu, „Trotzdem reisen – ein Verzicht aendert ja nichts“, moechte ich hier etwas erlaeutern, denn dieser unsaegliche Krieg und meine Reaktion darauf beschaeftigen mich staendig seit Beginn des russischen Einmarsch in die Ukraine, und fuer ein paar Tage habe ich ja auch nicht gebloggt, um mich innerlich damit auseinanderzusetzen.
    Fuer mich selbst bin ich zu der Entscheidung gelangt, in allen Bereichen weiterzumachen wie bisher, denn – seien wir uns selbst gegenueber doch ehrlich – was auch immer wir tun, sei es nicht mehr bloggen, sei es nicht mehr reisen, sei es nicht mehr gut essen etc. etc., hilft der Ukraine und ihrer geschundenen Bevoelkerung doch keinen Deut! Aber es hilft mir, diese Situation psychisch wenigstens einigermassen zu ueberstehen und dabei nicht in tiefe Depression zu verfallen. So kann ich mich wenigstens fuer ein paar Stunden pro Tag davon befreien und abschalten.
    Liebe Gruesse,
    Pit

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