Die Wahrheit über uns Rentner

RENTNER AUF MALLORCA: Nicht alle gehen am Stock. © Bopp

Rentner haben Freizeit ohne Ende. Rentner wissen alles und blicken nix. Rentner halten an jeder Supermarkt-Kasse den Betrieb auf. Rentner haben einen unterirdischen Geschmack und tragen ausschließlich Jack Wolfskin. Sonst noch ein Klischee über unsere Spezies gefällig? Vielleicht das hier: Rentner bekommen jede Menge Kohle fürs Nichtstun.

Über kaum eine Gruppe Menschen gibt es mehr Vorurteile als über uns Rentnerinnen und Rentner. Räumen wir mit einigen davon auf.

Zeit, über die er frei verfügen kann, hat der Rentner jede Menge, das stimmt. Doch frei verfügbare Zeit heisst nicht immer Freizeit. Rentner sind schwer beschäftigt. Sie haben Arzttermine, halten mit der Fußpflegerin ein Schwätzchen, lassen sich akupunktieren und sind mit der Apothekerin per Du. 

Volles Program also. Und alles dauert viel länger als noch vor Jahren. Bei einer Quizshow wurde den Kandidaten neulich die Frage gestellt, wie man bei der Morgentoilette Zeit einsparen kann. Auf die korrekte Antwort „Duschen und pinkeln gleichzeitig“ kam natürlich kein Rentner sondern ein Teenager. Multitasking – die Gnade der Jugend.

Dass man von uns Rentnern trotzdem verlangt, wir müssten immer und überall auf Knopfdruck abrufbar sein, nervt manchmal. Nur: Wie sag’ ich’s meinem Kinde?

Rentner sind zwischen 65 und 100 Jahe alt und haben jede Menge Lebenserfahrung. Davon können Nicht-Rentner nur träumen. Rentner blicken vielleicht einiges tatsächlich nicht mehr, das stimmt. Aber nicht, weil sie doofer sind als andere, sondern weil die Sehschärfe nachlässt. Katarakt lässt grüßen!

Dass es Rentnern an der Kasse oft pressiert, mag sein. Mein Freund Uli hat ausgerechnet heute auf Facebook ein passendes Meme gepostet: „Wanderfalken erreichen Spitzengeschwindigkeiten bis zu 389 km/h. Noch schneller sind Rentner, wenn im Supermarkt eine zweite Kasse öffnet“.

Schon mal etwas von Prostata gehört? Genug gelacht.

Zugegeben: Irgendwas ist schon dran am Rentner-Rennen im Supermarkt. Wenn’s an der Kasse mal wieder nicht ganz so geschmeidig zugeht wie erhofft, gilt vielleicht diese Entschuldigung: Manche von uns tun sich schwer, die Bezahl-App der Bank unseres Vertrauens gleich zu finden, andere haben Probleme mit ApplePay und anderem Digitalkram. 

Manche Rentner sind einfach nur doof und denken, die Welt schulde ihnen etwas, auch Zeit. Machtspiele an der Kasse sind peinlich.

Jack Wolfskin – was ist verkehrt damit? Auch wenn ich noch nie etwas aus deren Kollektion besessen habe, kann ich verstehen, warum viele Rentner diese Art von Sportkleidung schätzen: Robust, pflegeleicht, fleckenkonstistent. So ist die Marke mit der Wolfstatze eben zur Rentner-Uniform geworden. Na und?

Und jetzt zur Kohle:

Ich kenne keinen Rentner, der im Geld schwimmt, das ihnen der Staat jeden Monat überweist. Die Höhe der Altersrente finde ich sogar richtig beschämend – sowohl hier in Kanada als auch in Deutschland. Dass die paar Kröten dazuhin noch versteuert werden müssen, ist ein Skandal. 

Rentner, die im Alter finanziell trotzdem gut dastehen, haben vielleicht in jungen Jahren einiges richtig gemacht. Zum Beispiel in Privatkassen einbezahlt oder sich wegen einer Immobilie schon früh verschuldet.

Jetzt nur kein Neid! Schließlich muss die ganze Kohle im Alter ja auch verwaltet werden. Und wer, bitte, macht das?

Der viel beschäftigte Rentner natürlich.

Das Gefühl nach der 1. Rentenzahlung: >> PLÖTZLICH RENTNER <<

DER RENTNER in dem Ort Rente (Spanien).

9 Gedanken zu „Die Wahrheit über uns Rentner

  1. Bis ich (hoffentlich) meine Rente bekomme, dauert noch etwas. Allerdings ist mein Eindruck zu den Supermarktkassen eher, dass das ein deutsches Phänomen ist, was sich durch alle Altersklassen zieht. Also das mit dem an Allen anderen vorbeiziehen, wenn ne neue Kasse aufmacht.
    Dass sich jemand einfach vordrängelt kenne ich weder aus England, Schweden, Kanada, USA und wo ich sonst noch so war.
    Ansonsten ein sehr amüsanter Beitrag, auch als nicht Renter musste ich sehr schmunzeln. Danke dafür 😃

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  2. Schön, dass Du mich erwähnt hast. Das freut mich sehr.
    Jetzt muss ich aber zum Supermarkt, Sonnenblumenöl kaufen. Seit Putin glaubt, dass seine Panzer damit fahren können, ist das bei uns knapp geworden.

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  3. Hebo. rächd hosch. dr obrschwäbisch Rendaklassiker: „koi Zeit“ – gilt ibrall. abr woisch, wer beim jobba gfordred war, hod alls Rendnerle , massahaft Zeit. Dodruff nom ibers Wasser. scheena Tag, ond hoffendlich hosch Zeit. —Koi Zeit–.willifritz aus BC-Cidi.

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  4. Du sprichst mir aus dem Herzen, Herbert.
    Müsste ich von meiner Rente leben, würde das noch nicht einmal für meine Beerdigung reichen, zum Leben höchstens bis zum 15. eines Monats.
    Was habe ich verkehrt gemacht? Ganz einfach: frühzeitig Kinder bekommen und ihnen nach gutem alten Rollenmodell die ersten 12 Jahre viel Zeit und Zuwendung geschenkt – d.h. NICHT gearbeitet. Jedenfalls nicht so viel, dass mein Rentenkonto davon profitiert hätte. Heute würde man „Mini-Job“ dazu sagen. 12 Jahre nichts in die Rentenkasse und danach mit Teilzeitarbeit auch nicht sehr viel eingezahlt zu haben, rächt sich im Alter.
    Kindergeld? Erziehungsgeld? – Fehlanzeige. Kindererziehungszeiten für das Rentenkonto? Kam für uns Mütter aus damaligen Jahrgängen erst sehr viel später mit nur 2 Anrechnungsjahren.
    Aber zum Glück habe ich ja mein jahrzehntelanges, liebes Ehegesponst an meiner Seite und wir teilen unser Rentner-Dasein, auch im Finanziellen.

    Und was die (Frei)Zeit angeht: die war zu Arbeitszeiten kaum mal so knapp wie heutzutage. Rentner-Tage sind sehr kurz geworden, da fehlen einfach ein paar Stunden. Und die verbleibenden sind mit vielen Terminen gespickt. Außerdem möchte man ja im Alter auch nicht mehr so hetzen müssen. Alles verläuft gemütlicher und jeder Handgriff dauert länger – genau wie du das schilderst.

    An der Supermarktkasse? Bin ich größtenteils sehr entspannt und lasse auch gerne mal den Arbeiter mit seinem Brötchen und der Milch für seine Vesperpause vor. Nur, wenn einer mit fünf Sachen im Arm penetrant und ohne einen Ton zu sagen, versucht mich zur Seite und sich vorzudrängeln, dann schalte ich auf stur. Wer mich freundlich fragt, hat dagegen gute Karten.

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  5. Danke für deine Betrachtungen, liebe Elgard. Die Kassierer/innen sind hier eigentlich fast immer entspannt. Von den Kunden kann man dies oft leider nicht behaupten. Schöne Grüße auf meine Herzens-Insel.

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  6. Das war ein guter Artikel, danke! Am besten gefiel mir der Vergleich mit dem Wanderfalken :-) Ich erwische mich ab und zu dabei, dass ich meine Ohren spitze, wenn der Lautsprecher nach einem Mitarbeiter an Kasse sowieso ruft….. Aber man bemüht sich ja, nach „orden den cola“, also die Vorgänger zu berücksichtigen und sich nicht als Letzter in der Reihe vordrängelt. Nur spielt ja auch oft genug Murphys law eine rächende Rolle, so sieht man enttäuscht die 2 zunächst hinter uns stehenden Kunden, mit ihrem Einkaufswagen durch die automatische Tür entschwinden, während mein Vorgänger sein Kleingeld zählt und ein Schwätzchen mit der Dame an der Kasse hält.
    Seitdem ich Rentnerin bin, immerhin schon 9 Jahre, gehe ich grundsätzlich zwischen 14 und 16 Uhr einkaufen, da sitzt der ordentliche Spanier bei Tisch und die Kassierer/innen sind entspannt.

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