Formel Eins im Waldbrand-Nebel

Wo ist meine schöne Stadt geblieben? Der stahlblaue Himmel, die schillernden Wolkenkratzer mit dem Adirondacks-Gebirge in der Ferne? Wo sind die glitzernden Metallbrücken, die Besucher willkommen heißen? Nicht einmal der Sankt-Lorenz-Strom in seinem mächtigen Flussbett ist mehr von der Aussichtsplattform des „Mont Royal“ zu sehen.

Ausgerechnet jetzt, da Hunderttausende nach Montreal gereist sind, um dem Formel-Eins-Rennen am Sonntag beizuwohnen, ist die Stadt meines Herzens im Dunstschleier der Waldbrände versunken, die noch immer im Norden der Provinz Quebec toben.

Ich muss zugeben: Es erfüllt mich jedes Jahr mit Stolz, wenn die Welt nach Montreal blickt und mit den Formel-Eins-Piloten auf der spektakulären Rennstrecke von Île Notre-Dame fiebert.

Montreal ist eine tolle Stadt, die alles zu bieten hat, was die Besucher aus aller Welt suchen.

Erst heute gab es in der „Montreal Gazette“ wieder eine Reportage über den Formel-Eins-Zirkus mit all seinen Facetten: Den Partys, den coolen Straßencafés, dem ausgelassenen Nachtleben und den feinen Restaurants.

Diese Mischung aus französischem Savoir Vivre und American Way of Life fasziniert wohl nicht nur mich seit Jahrzehnten. Immer wieder taucht diese Beschreibung in Gesprächen mit Besuchern auf.

In der „Gazette“ wird heute ein US-Amerikaner zitiert, der seit 20 Jahren kein Formel-Eins-Rennen in Montreal ausgelassen hat. Er habe schon F1-Events in Monaco und vielen anderen Teilen der Welt gesehen. Montreal toppe sie alle. Nicht nur wegen der ziemlich spektakulären Rennstrecke, sondern vor allem wegen der einzigartigen Stimmung, die am F1-Wochenende in der Stadt herrscht.

STOPP auf dem Mont Royal: Smog über der City

Und jetzt also eine fette Dunstglocke. Nicht nur das: Das Thermometer zeigt gerade mal 16 Grad und es regnet. Dabei war es, ich schwöre es, noch bis gestern heiß hier.

Ob kühle Temperaturen und Waldbrand-Smog die Stimmung der Partygäste beeinträchtigen wird? Ich bezweifle es. Regen sorgt für Spannung auf der Piste. Und den Rest trinkt man sich einfach schön.

Sage nicht ich, sondern sagt ein Kerl, den ich an der Kasse im Supermarkt getroffen habe. Aus Pennsylvania/USA sei er angereist, um das Rennen zu sehen – zusammen mit seinen vier Kumpels. Jeder von ihnen schleppte eine 24er-Kiste Bier aus dem Laden.

„Wir feiern schon mal vor“, rief er mir zum Abschied zu. „Kommst du mit?“

Nein danke. Benebelt muss ich das Wochenende im Nebel dann doch nicht erleben.


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