„Man weiß selten, was Glück ist. Aber meistens, was Glück war“ (Françoise Sagan)
Es hat lange gedauert, aber jetzt ist der Nachfolge-Roman von „DAS GIBT SICH BIS 1970“ fertig. Demnächst kommt er auf den Markt. In meinem neuen Buch “TAPAS, VINO, VALENTINA” gibt es ein Wiedersehen mit meiner ersten großen Jugendliebe. Für sie war ich als Teenager per Anhalter von Ummendorf nach Spanien getrampt.
“TAPAS, VINO, VALENTINA” ist mehr als ein Liebes- und Abenteuerroman. Es ist auch ein Ratgeber für Ältere, die noch einmal neu durchstarten wollen.
Es ist aber auch ein Mutmacher für junge Menschen. Die Alten von der „Villa Vasco“ machen ihnen vor, wie ein entspanntes Leben aussehen kann.
“TAPAS, VINO, VALENTINA” spielt in erster Linie auf Mallorca, aber auch in vielen anderen Teilen der Welt.
Zu jedem der zahlreichen Nebenschauplätze gibt es wie immer tolle Geschichten – tragische, skurrile, auf jedenfall unterhaltsame.
Das Buch handelt von Freiheit und Abenteuer, von Jugend und Alter, von Liebe, Sex und Sehnsüchten. Es ist ein Wohlfühlroman der alten Schule, der aber wunderbar in unsere Zeit passt.
Bitte noch etwas Geduld: Wo Sie den Roman kaufen können und was Sie sonst noch erwartet, erfahren Sie in Kürze.
Was macht man eigentlich fünf, sechs Monate im Jahr, wenn der Winter in Kanada einfach nicht aufhören will? Man sitzt auch Mitte März noch am Fenster und sieht den Schneeflocken zu. Man fährt mit der U-Bahn zum Flanieren in die Montrealer „Underground City“. Oder man geht aufs Land und verbringt gemütliche Tage und Nächte im Bauernhaus, wo der Holzofen jene wohlige Wärme spendet, die man in den Wirren des Alltags oft so vermisst.
Man sieht sich von Freunden und Bekannten massenweise Urlaubsfotos aus Mallorca, Australien, Peru, Neuseeland, Hawaii oder sogar Ummendorf an und freut sich, dass sie eine gute Zeit haben.
Wintersportarten sind out. Das hat zum einen mit mangelnder Mobilität zu tun, zum anderen aber auch mit der Angst vor dem Frieren. Man wird im Alter zum Warmduscher – auch so ein Prozess, den man als 20jähriger Eisbader noch für absurd hält.
Gitarrespielen tut gut, der Seele und dem Herzen. Wer sich einmal mit seinen sechs (oder zwölf) Saiten an „Love Of My Life“ herangewagt hat, weiss, warum Brian May, der Leadgitarrist von „Queen“, eben von King Charles zum Ritter geschlagen wurde.
Oft bleibt man im Winter aber auch nur am Esstisch sitzen. Wenn die Teller abgeräumt sind und das Geschirr verstaut, kommt bei uns das Schachbrett auf den Tisch. Ein Calvados dazu lässt den Winter fast vergessen.
Weder Lore noch ich sind das, was man Ausnahmetalente am Schachbrett nennen könnte. Wobei für die Frau an meiner Seite die Bezeichnung schon eher zutrifft als auf mich. Strategien waren noch nie mein Ding. Weder im Leben noch im Spiel.
Die meisten Spiele sind für mich Zeitverschwendung. Karten- und Gesellschaftsspiele aller Art sind mir ein Graus. Nur Schach mag ich. Es eignet sich bestens, die noch verbliebenen fünf Gehirnzellen in Wallung zu bringen.
Keine schlechte Idee für zwei Menschen um die 70.
Das Wort „Schach“ komme vom persischen „Sha“ habe ich gelesen. Das wiederum bedeutet „König“. Und der König, das weiss jeder, der schon einmal an einem Schachbrett saß, hat alles in der Hand. Nur einmal im Spiel muss auch er sich geschlagen geben. Dann ist er schachmatt.
Ich muss zugeben, dass sich mein Ehrgeiz beim Schach in Grenzen hält. Von zehn Spielen verliere ich ungefähr neuneinhalb. Es ist wohl doch der Blick aufs Große und Ganze, der mir abgeht.
Ein weiterer Beweis dafür, dass Frauen einfach die bessere Sicht auf Dinge haben, auf die es im Leben ankommt.
Sie bleiben mir fremd, meine Nachbarn im Süden. Auch nach 40 Jahren im kanadisch-amerikanischen Grenzgebiet verstehe ich Amerika noch immer nicht. Dabei habe ich fast alles davon gesehen und viele Menschen liebgewonnen.
Nirgends in der Welt wurde mir das vor Fett triefende Frühstück freundlicher serviert als in Kansas, Texas oder Montana. Und nirgendwo habe ich mich mehr über Menschen geärgert als in Wyoming, Nevada, Alaska, Hawaii oder all den anderen Bundesstaaten, in denen man das Gefühl bekommt, man befinde sich in „God’s Country“.
Mir fällt auch kaum ein anderes Land ein, auf das ich politisch so genervt reagiere, wenn ich mir in patriotischem Tenor wieder einmal anhören muss, wie wichtig doch „Freedom“ sei.
Aber welche Freiheit meinen die eigentlich genau? Die Freiheit, mit Waffen herumzuballern, die es im Baumarkt zu kaufen gibt, den ich neulich besucht habe? Er liegt kurz hinter der Grenze, im Bundesstaat New-York. Super freundliche Begrüßung, strahlendes Lächeln bei der Verabschiedung, obwohl sie kein Geschäft mit mir gemacht haben.
Keiner hinderte mich daran, die Pistolen zu fotografieren, die fett und breit in einer Vitrine auslagen. Darunter auch eine Waffe, die nicht nur Trumps Konterfei zeigt sondern auch eine eingravierte Kampfansage an den derzeitigen US-Präsidenten: „Let’s go, Brandon!“ ist eine im Internet verbreitete, aggressive Geheimbotschaft, die nichts anderes heißt als „Fuck you Biden!“
PATRIOTISMUS: Vogelhäuschen an der Ostküste.
Kaum eine Meile davon entfernt dann am Dorfrand ein unbemanntes Milchhäuschen, in dem sich jeder und jede selbst ein Fläschchen frisch aus dem Kuhstall nehmen kann. Ob er die Dollarnoten in die Kasse daneben steckt oder nicht, ist Ehrensache. Keiner kontrolliert.
Ich bin oft in den USA und neuerdings sogar im Besitz einer NEXUS-Karte. Die gewährt mir, nach einem mehr als ein Jahr währenden Sicherheits-Check, eine geschmeidige, unbürokratische Ein- und Ausreise am Express-Schalter der Grenze.
Auch wenn das Bild vor allem in Europa ein anderes sein mag: Die meisten Amerikaner machen es einem leicht, sie gern zu haben. Zum Beispiel die junge Hotdog-Verkäuferin in einem dieser „greasy spoon“-Restaurants am Highway. Sie habe das College abgeschlossen und liebe ihren Job, erzählt sie mir. Sie stehe jetzt schon seit acht Jahren hinter ein und demselben Tresen und würde nie etwas anderes machen wollen als zufriedenen Kunden Hotdogs servieren.
Vielleicht können wir ja noch etwas lernen von den Nachbarn im Süden. Einen Gang zurückschalten und mit weniger zufrieden zu sein, auch wenn draußen der Überfluss tobt – das habe ich jetzt verstanden.
Nur das mit der Freiheit und den Waffen in der Vitrine muss mir einer mal näher erklären.
VOR ELF JAHREN am Filmset: Mit John im Landhaus in den Bergen.
Als Schauspieler würde ich mich nicht einmal ansatzweise bezeichnen. Aber ich bin in meinem Leben Dutzende Mal vor Film- und Fernsehkameras gestanden. Dass ich dabei nicht gar so eine schreckliche Figur abgegeben habe, ist auch das Verdienst von John Elliott. Er war ein Schauspieler mit Leib und Seele. Jetzt ist er gestorben.
Es war in einem wunderschönen Landhaus in den Wäldern von Quebec, als ich John zum erstenmal begegnet bin. Ein Regisseur, der verwegen genug gewesen war, an meine Schauspielkunst zu glauben, hatte mich für einen Spielfilm engagiert.
John sollte die Hauptrolle spielen, einen kauzigen Hobbygärtner. Ich war der Filmemacher im Film, eine Art Volker Schlöndorff, spärlich im Text, aber mit viel Hingabe zu seinem cineastischen Werk.
Der Film „This Is An Ending“ hat es aus vielen Gründen leider nie in die Kinos geschafft. Dafür bekam John Elliott für immer einen Logenplatz in meinem Herzen.
John war es, der mir beibrachte, wie ich auf Stichwörter – “cues”, wie er es nannte – einen einigermaßen geschmeidigen Dialog zustande brachte. Wie man an der Kamera vorbeischaute und nicht wie ein Amateur direkten Blickkontakt mit ihr aufnahm, wie man seine Stimme richtig einsetzt und auch sein Gemüt.
Er tat es so diskret und gekonnt, dass sich der Regisseur mehr als einmal wunderte, wo ich als blutiger Anfänger wohl das Know-how her hatte, um doch noch eine ordentliche Figur in einem Spielfilm abzugeben.
John und ich waren mit Abstand die ältesten Schauspieler, die sich mehr als eine Woche in dem Landhaus in den Bergen zum Dreh eingefunden hatten.
Die meisten der Multikulti-Truppe aus verschiedenen Ländern zogen sich abends mit Musik im Ohr in eine Ecke zurück – zu Drinks, Joints oder auch zum Tête-à-tête, wie das zwischen jungen Schauspielern schon mal vorkommt.
John und ich machten dann meistens einen Spaziergang durch den bunten Herbstwald und sprachen über Gott und die Welt. Wir redeten über Kinder und Familie, über unsere Reisen, unsere Träume und Pläne, die auch Menschen über 60 noch haben.
Als ich ihm die Geschichte erzählte, wie ich als junger Kerl in Acapulco im Knast saß, weil ich mich bei den mexikanischen Behörden nicht ausweisen konnte, nachdem mir mein Auto gestohlen worden war, schlug John dem Regisseur vor, diesen Take als Teil des Filmes einzubringen. Der junge Filmemacher hörte auf den erfahrenen Schauspieler. Es wurde ein schöner Dialog daraus.
John Elliott hatte seine erfolgreiche Karriere bei einem großen Kosmetikkonzern schon lange hinter sich, als er ernsthaft mit der Schauspielerei anfing.
Noch viele Jahre nach unserem Dreh im Landhaus trafen wir uns regelmäßig in einem Montrealer Café, oder auch im “Hudson Village Theatre”. Der stillgelegte Bahnhof des Dorfes, das uns 25 Jahre lang zur Heimat geworden war, wurde mit viel Liebe zum Theater umgebaut. Kaum eine Produktion, in der John nicht mitspielte, fast immer hatte er die Hauptrolle.
Als wir uns zum letztenmal sahen, hatte er gerade bravourös ein Zwei-Mann-Stück hinter sich gebracht. Anschließend ließ er es sich nicht nehmen, uns im Foyer zu begrüßen. Er machte wie immer einen aufgeräumten, geistig wie körperlich fitten Eindruck. Und er hatte Pläne, wollte aus familiären Gründen nach Ontario ziehen.
Es war das letzte Mal, das ich John umarmen und ihm zu seinem Bühnenerfolg gratulieren durfte.
John Elliott stammte aus Belfast/Irland, mit einem liebenswerten Wesen, dessen ständiger Begleiter der Schalk im Nacken war.
Dass dieser so umtriebige Mensch, gerade mal ein Jahr älter als ich, jetzt ausgerechnet an einem Hirntumor starb, passt so gar nicht in den letzten Akt seines Lebens. Doch den Abgang von der Bühne sucht man sich nicht aus.
Break a leg, my buddy! Wherever the stage for your next performance will be.
SEIN LETZTER AUFTRITT: John Elliott im „Hudson Village Theatre“
Keine Ahnung warum, aber seit gestern gehen mir unentwegt Südfrüchte durch den Kopf. Vielleicht liegt es daran, dass wir in einem extrem nordischen Klima leben und der Süden weit, weit weg ist. Wahrscheinlich hat es aber damit zu tun, dass ich gestern an der Selbstbedienungs-Kasse im Supermarkt mit meinen Bananen zu kämpfen hatte. Weil kein Barcode an ihnen klebte, musste der Preis-Scanner passen und eine zu Hilfe gerufene Verkäuferin einspringen.
Orangen brachte bei uns schon sehr früh der Nikolaus ins Haus. Meistens waren es Nabelorangen und ich fragte mich jedesmal, warum eine so wunderschöne Frucht den Namen eines nicht sehr attraktiven Körperteils trägt. Die Antwort bleiben mir die Wortschöpfer übrigens bis heute schuldig.
Bis ich meine erste Orange am Baum hängen sah – nicht am Weihnachtsbaum, sondern an einem richtigen Orangenbaum – vergingen Jahrzehnte. Ich glaube, es war bei meiner ersten Kalifornien-Reise in den Achtzigern, genau weiss ich es nicht mehr. Die erste Grapefruit, die damals in Deutschland noch Pampelmuse hieß, winkte mir jedenfalls in Florida vom Baum.
Massenhaft Orangen sind mir dann auf Mallorca begegnet. Auch Jahre nach unserem ersten Langzeitaufenthalt konnte ich mich der Faszination von frischen Orangen an alten Bäumen nicht entziehen. Bei einer Wanderung sah ich zum erstenmal nicht geerntete Orangen im Dreck liegen. Die Bauern hatten sie einfach den Hühnern zum Fraß überlassen anstatt sie von den Bäumen zu pflücken. Es war ein trauriger Anblick.
Mit Bananen bin ich groß geworden. Das heißt mit Bananen-Verkäufern. Das waren jene Marktschreier, die vom Lastwagen aus Bananen in die Runde warfen, als hinge das Wohl der Menschheit von mehr Bananen ab. Je länger man dem „Billigen Jakob“ zuhörte, desto billiger wurden die Bananen. Vater hielt es immer besonders lange aus. Ich glaube, es ging ihm damals nicht so sehr um den Preis. Er war einfach, wie ich auch, fasziniert von den Marktschreiern.
Meine erste Bananenstaude schleppte ich auf dem Rücken durch Ummendorf. Als Schüler jobbte ich manchmal bei einer lokalen Spedition und half beim Entladen der Fernlaster. Als einmal ein Lkw aus Hamburg eintraf, voll mit Bananenstauden, war ich so fasziniert, dass ich wohl das Entladen vergaß. Der Brummi-Fahrer hatte ein Herz für einen Ummendorfer Bub und schenkte mir eine ganze Staude.
Wie eine Trophäe trug ich sie stolz auf dem Rücken durchs Dorf. Der Enthusiasmus meiner Familie, daran erinnere ich mich noch genau, hielt sich angesichts der gewaltigen Bananenstaude in Grenzen. Die Früchte waren grasgrün und damit ungenießbar. Irgendwie hatten wir dann auch den Reifeprozess verpasst und die schönen Bananen landeten auf dem Kompost.
Auch hier dauerte es Jahrzehnte, bis ich Bananen-Stauden vor Ort bewundern konnte. Es war Anfang der 80er-Jahre in Kuba. Plötzlich kamen mir die Südfrüchte weniger exotisch vor, denn sie waren massenhaft den Schweinen zum Fraß vorgeworfen worden.
Ananas – was für ein wunderschönes Wort! “Ananas oder Anatrocken?”, kalauerte schon mal der Obstverkäufer im Ummendorfer “Konsum”.
Ananas, wie sie vor Ort geerntet wurden, konnte ich Ende der 90er-Jahre auf Hawaii bestaunen. In der Nähe von Honolulu besuchte ich eine “Pineapple Farm”. Es bot sich mir ein bizarrer Anblick.
In den Früchten steckten Kabel, die mit einem Zentralcomputer verbunden waren. Hatte die Ananas den perfekten Reifegrad erreicht, wurde ein ebenfalls computergesteuerter Greifarm aktiviert, der die Frucht pflückte und fast lautlos in eine Kiste legte, die dann auf einem Fließband in Richtung Kühlhalle tuckerte.
Eben stelle ich fest: An einem kanadischen Wintermorgen über Südfrüchte zu plappern, macht Appetit und lässt Fernweh aufkommen. Da Reisen zurzeit nicht auf dem Programm stehen, muss ein frischer Obstteller genügen.
Mit einer saftigen Orange und einer goldgelben Banane. Die Arme hatte es gestern gerade noch aus dem Supermarkt geschafft und muss ihr kurzes Leben jetzt leider auf meinem Frühstücksteller beschließen.