Plauschen statt planschen: Kanadas Ex-Premier ist tot

KANADISCHES POWER-PAAR: Mila und Brian Mulroney. Copyright: The Sun

Wenn es um Menschen mit Geschichten geht, das wissen meine geneigten Leserinnen und Leser, sind die BLOGHAUSGESCHICHTEN stets zur Stelle. Brian Mulroney war einer dieser Menschen. Der Mann, der als Premierminister von 1984 bis 1993 die Geschicke Kanadas leitete, ist heute im Alter von 84 Jahren gestorben.

Brian Mulroney hatte nicht nur eine Fülle von Geschichten auf Lager, er machte auch Geschichte. Über sein politisches Vermächtnis sollen andere schreiben. Als Ihr ganz persönlicher Storyteller möchte ich Ihnen heute ein bisschen von einem ungewöhnlichen Treffen mit Mr. Mulroney erzählen.

Es war im Sommer 1987, als ich Brian Mulroney zum ersten Mal auf Augenhöhe begegnet bin. Im Parlament, bei Wahlkampfveranstaltungen und dem einen oder anderen Häppchen-Event hatte ich den hoch gewachsenen Mann mit der tiefen Stimme schon öfter erlebt.

An ihn denken musste ich eine Zeitlang fast täglich. Das hat auch mit seiner Ehe mit Mila zu tun, einer Frau, der mit ihrem europäischen Charme schon bald die Herzen vieler Kanadier zuflogen.

Kurz nach meiner Ankunft in Montreal in den frühen achtziger Jahren lebte ich in einer Wohnung im Stadtteil Notre-Dame-de-Grâce. Wohnraum gab es zu jener Zeit im Überfluss – so viel, dass sich Vermieter etwas einfallen lassen mussten, um Mieter zu bekommen.

Manche Hausbesitzer übernahmen die Stromrechnung, andere die Kosten für das Kabelfernsehen. Mein Vermieter pries seine Wohnung an, indem er bei der Besichtigung auf den gegenüberliegenden Tennisplatz verwies.

„Stellen Sie sich vor“, sagte er, „Sie blicken von ihrem Wohnzimmerfenster aus jeden Tag auf den Platz, an dem sich Mila und Brian Mulroney kennengelernt haben“.

Ich glaube nicht, dass Mr. und Mrs. Mulroney ursächlich dafür waren, dass ich mich schließlich für die Wohnung an der Grey Avenue entschieden habe. Aber empfänglich für ein bisschen Namedropping war ich schon damals, das gebe ich zu.

Obwohl die Mulroneys hin und wieder an Social Events im „Mount Royal Tennis Club“ teilgenommen haben, sind sie mir in meiner Straße nie begegnet.

Gesprochen habe ich mit Brian Mulroney erstmals in einem idyllischen Waldstück am „Harrington Lake“. Dort liegt die Sommerresidenz der kanadischen Premierminister. Auch Brian Mulroney zog sich oft und gerne in das Landhaus nördlich von Ottawa zurück.

Als es hieß, Mr. Mulroney und seine Gattin laden heute ein paar Journalisten in das großzügige Anwesen am See ein, ließ ich mich selbstverständlich akkreditieren. Wer hat schon Gelegenheit, seinem Premierminister beim Schwimmen und Kanufahren zuschauen zu dürfen?

Also machte ich mich mit ein paar anderen Journalisten auf in Richtung Harrington Lake.

Doch es kam mal wieder anders als gedacht.

Verspätet und dramaturgisch haarscharf inszeniert tauchte plötzlich ein Jeep aus einer riesigen Staubwolke auf. Am Steuer: Brian Mulroney persönlich, mit Khakihemd und Jeans. Ganz der Junge von nebenan, als der er sich gerne gab.

Mulroney war angeblich untröstlich. „Boys and Girls“, sagte er „es gibt eine kleine Planänderung“. Er könne die ganze Reporterschar nun doch nicht in seiner Cottage am See empfangen. Auch ein Premierminister müsse sich schließlich den Sicherheitsbedenken seiner Leibwächter beugen. „Security first!“

Statt Planschen im See also ein Plausch am Gartenzaun. Brian Mulroney war sichtlich bemüht um Schadensbegrenzung. Gespielt geknickt erzählte uns der Sohn eines Elektrikers aus dem nordkanadischen Städtchen Baie-Comeau so ziemlich alles, was wir wissen wollten.

Viel war es übrigens nicht. Einige von uns waren vermessen genug, ihre Badesachen zu diesem denkwürdigen Pressetermin einzupacken. Entsprechend groß war die Enttäuschung.

Dass er uns trotz Abmachung nicht hinter die Kulissen seines Landhauses blicken ließ, habe ich dem alten Charmeur nie verübelt. Ein schöner Sommernachmittag am Tor zum Harrington Lake war es allemal.

KNAPP VERPASST: Das Landhaus kanadischer Premierminister. © Cottage Life

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