Klohocker und Wintermantel

In meiner Klasse gab es einen Jungen, der hieß „Wintermantel“. Wir nannten ihn alle „Sommermantel“. Fies, ich weiß. Aber was macht man nicht alles auf dem Dorf, wenn einem langweilig ist. Lore kannte eine Familie, die hieß „Klohocker“. Bei so einem Namen fällt einem gar nichts ein.

Gestern fragte mich jemand nach meinem Nachnamen. „Bopp?“, sagte der – „that’s Rock ’n’ Roll, Man!“ Also gut, dann klingt mein Name eben nach Rock ’n’ Roll.

Ich hätte immer schon gerne eine Radiosendung mit dem Titel „Pop mit Bopp“ moderiert. Aber sie ließen mich nie. Eine Kolumne „Bob mit Bopp“ durfte ich mal sprechen, damals, während der olympischen Spiele in Calgary.

Stelle ich mich in kanadischen Kreisen mit „Herbert Bopp“ vor, dann höre ich oft: „Nice to meet you, Bob. What’s your last name?“

Mit Namen ist es wie mit der eigenen Familie: Man sucht sie sich nicht aus. Ich beklage mich nicht über meinen Namen (und schon gar nicht über meine Familie). Aber etwas anderes als „Herbert“ hätten sich meine Eltern schon einfallen lassen können. Herbert ist ein Alt-Männer-Name. Wie Fritz, Werner, Manfred, Josef, Otto oder Rudolf.

Uli gefällt mir gut. Oder Stefan, Frank, Martin oder Mark. Am liebsten hätte ich immer Harry geheißen. Harry mit „Y“, cooler geht nicht. Armin gefällt mir auch gut, am besten Armin Hary. Wie der 100-Meter-Olympiasieger von Rom.

Freddy ist auch so ein Name, den ich mir gewünscht hätte. Freddy, wie der Kommissar im Kölner Tatort. Oder Freddy Quinn. Dass Franks Hund Freddy heißt, hätte mich nicht gestört. Im Gegenteil: Der Hund ist ja total süß und Freddy ein richtig cooler Name.

Cassian finde ich auch toll. Er selbst übrigens auch. Als wir unseren Sohn benannten, musste es ein Name sein, der auf Deutsch, Englisch und Französisch leicht auszusprechen ist. Dass manche seiner Kumpels ihn jetzt „Cass“ nennen oder „Casey“ – dafür können wir nichts. Wir hatten es gut gemeint.

Lore mag ihren Namen nicht sonderlich, ich dagegen schon. Wahrscheinlich, weil ich meine Frau liebe. Vielleicht aber auch, weil es ein Name ist, der nie einfach so im Raum stehen bleibt und immer ein Eisbrecher für eine Konversation ist: „Lore – das ist doch eine Abkürzung für Hannelore oder Ingelore, oder?“ Nein, sagt Lore dann wahrheitsgetreu. Lore ist Lore. Einfach so.

Namen seien Schall und Rauch, sagen Sie? Einspruch, Euer Ehren! Namen prägen uns mehr, als wir denken. Es gibt wissenschaftliche Studien, wonach Namen durchaus Einfluss auf uns haben. Manche Studien belegen, dass der Name sogar unsere berufliche Laufbahn beeinflussen könnte. Diese Tendenz hat sogar einen Namen. Ein passender Beruf aufgrund des Namens – wie etwa ein Herr „Fleischer“, der den Metzgerberuf wählt – wird als „nominativer Determinismus“ bezeichnet.

Auch so ein Name. Nominativer Determinismus. Dann schon lieber Rock ’n’ Roll.


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7 Gedanken zu „Klohocker und Wintermantel

  1. Ach ja, das mit den Namen! Wenn ich mic hierzulande mit „Pit“ vorstelle, kommt so gut wie immer die Antwort „nice to meet you, Pete“, selbst wenn ich es buchstabiere!

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  2. Hallo Herbert, habe gerade deinen Beitrag zur (un-) freiwilligen Namensgebung gelesen, dazu fiel mir folgendes ein:

    Meine erste WG-Mitbewohnerin hieß mit Nachnamen „Ficke“; eine Namensänderung von Amts wegen war in diesem Fall kein Problem. Später, als Lehrerin für erwachsene Umschüler, hatte ich eine Frau „Morgenschweiss“ in der Klasse. Es wollte mir nicht gelingen, sie namentlich anzusprechen, sie selber ging dagegen deutlich entspannter mit ihrem Nachnamen um.
    Als Kind hätte ich meinen Vornamen gerne mit C geschrieben, das hätte ich irgendwie cooler gefunden. Heute gefällt es mir, dass man anhand meines Vornamens nicht auf mein Alter schließen kann – wie zum Beispiel bei den fünf Petras, die ich kenne. Außerdem kenne ich niemanden mit der Schreibweise meines Namens, der älter ist als ich – selbst die neue Frau Gottschalk ist jünger.
    Somit also: Herzliche Grüße auch an Lore (deren Name absolut zu ihr passt) und Cassian (den einzigen Cassian, den ich kenne)

    KARINA

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  3. Du hast Recht, Namen sucht man sich nicht aus, man muss mit ihnen leben!

    Als ganz junges Kind machte ich mir keinen Gedanken über meinen Namen, der für damalige Zeit etwas ungewöhnlich war. Nachbarskinder, Verwandte und Spielkameraden kannten mich ja schon immer so.

    Als ich als ca. Sechsjährige dann aber im Sandkasten eines Spielplatzes bei der westberliner Verwandtschaft nach meinem Namen gefragt wurde, war mir das mehr als peinlich. Da hätte ich lieber Bärbel, Renate, Brigitte, Heide, etc. geheißen, Namen, die damals eben üblich waren.

    Erst etwa ab der Lehrzeit war ich mächtig stolz auf meinen damals wenig verbreiteten Vornamen und legte großen Wert auf das „C“ vorne. Aber auch das „wenig verbreitet“ hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Heute ist „Carla“ in aller Munde, in jeder Illustirerten, im Fernsehen und überall.

    So isches halt, koa ma nix mache!

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