
„Können wir euch etwas aus der alten Heimat mitbringen?“ Diesen Satz höre ich häufig, wenn mal wieder Besuch aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz angesagt ist. Und stets lautet meine Antwort: „Nett von euch, aber nein danke!“
Ich habe das Glück, in einer Stadt zu leben, die so europäisch ist, wie es in Nordamerika nur geht. Von europäischen Weinsorten über Leberkäse und Laugenbrezeln bis hin zum Marzipanschwein – hier ist für alles gesorgt, Bechtle-Spätzle inklusive.
Das war nicht immer so. Wie sehr hätte ich mir nach meiner Ankunft in Kanada ein Möbelhaus gewünscht, das dem europäischen Geschmack entgegenkommt. Stattdessen gab es Polster und Plüsch von der „Hudson’s Bay Company“.
Als der erste IKEA-Laden aufmachte, war das wie eine Offenbarung für uns Deutschkanadier. Wer mit einer Designerin lebt, weiß den guten Geschmack zu schätzen.
An europäischen Lebensmitteln hat es mir hier noch nie gefehlt. Sowohl in Winnipeg (Manitoba), wo ich fünf Jahre verbracht habe, als auch in Calgary, wo ich mich monatelang aufhielt – deutsche Bäcker und Metzger gibt es in fast jeder größeren kanadischen Stadt.
Aber nirgends werden wir so verwöhnt wie in Montreal. Die Markthalle, 200 Meter von unserer Wohnung entfernt, bietet Gummibärchen und Hengstenberg-Sauerkraut, deutsche Dosensuppen und Ritter Sport in allen Geschmacksrichtungen.
„La Vieille Europe“ heißt ein Geschäft am Boulevard St. Laurent, das auch den letzten Geschmackswunsch des verwöhnten Europäers erfüllt. So viele Essigsorten habe ich nicht einmal im großartigen Mercat Olivar in Palma gesehen, einer der schönsten Markthallen, die ich kenne.
Selbst hier auf dem Land, wo Cassians Farm liegt, werden wir mit der „Charcuterie Frick“ verwöhnt – einer Land-Metzgerei, fast wie daheim. Mein Freund Gerd Braune hat neulich für ein paar deutsche Zeitungen eine Reportage über „Das kanadische Gourmet-Paradies mit deutschen Wurzeln“ geschrieben. (Die PDF dazu finden Sie am Ende dieser Seite).
In einem Punkt schwächelt Kanada im Vergleich zum europäischen Markt noch immer: Wenn es um kostengünstige Kleinwagen geht, hängen wir um Lichtjahre hinterher. Vor allem auf dem Stromer-Sektor herrscht hier großer Nachholbedarf.
Zwar gibt es die großen Deutschen – BMW, Mercedes, Audi, VW und Porsche – in fast allen Variationen. Aber so einen schnuckeligen Citroën, Peugeot oder Fiat mit Elektroantrieb sucht man hier vergebens.
Womit wir wieder bei der Eingangsfrage wären. „Ja, gerne! Kannst du mir irgendwo einen hübschen 2 CV auftreiben? Baujahr spielt keine Rolle, Hauptsache Döschwo.“



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Montreal und New York waren schon immer gut gerüstet, um alle internationalen, saisonbedingten Sehnsüchte und Gelüste zu bedienen. Auch daran denke ich gerne zurück. Wie wäre es damit: Ihr schickt uns etwas Schnee für das richtige Ambiente (aber bitte nicht gleich für sechs Monate), und ich mache mich auf den Weg, um Euch ein „Ugly Duckling“ 2 CV zu suchen – wie klingt das? Oder möchtet Ihr vielleicht lieber einen Renault R4 (mit der Revolverschaltung)? Davon gibt es hier mehr als genug! Oder vielleicht einen Trabant, den ikonischen Zweitakter aus der ehemaligen DDR? Das wäre doch auch begehrenswert! Alle diese Fahrzeuge haben inzwischen Kultstatus erreicht und stammen aus einer Zeit, in der Verbrenner noch hoffähig waren. (Sie werden inzwischen von Spezialfirmen sogar auf ELECTRIC umgerüstet.)
Ich wünsche Euch und allen Bloglesern eine möglichst gesunde Festzeit – und dazu noch einen extra guten Rutsch ins nächste Jahr, das eventuell mit vielen Veränderungen aufwarten wird❗️🍀
Ciao for now,
R🌴
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Die „Herrgottsbscheißerle“ sehen zum Anbeißen aus! :-D
Ein deutscher Bloggerfreund, der in Texas lebt, hat nicht so viel Glück, er muss sich ein paarmal im Jahr deutsche Schmankerln quer über den Großen Teich liefern lassen. ;-) Aber was nimmt man nicht alles auf sich für die original Gaumenfreuden aus der fernen Heimat. ;-)
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Wunderbar, dass es euch an nichts mangelt!
Ob ihr bei euch aber auch das echte Filderkraut bekommt? Von der kleineren Sauerkonserven-Fabrik Schlecht aus Bernhausen? Das nennt sich „Spitzbüble“ und ist ein sehr feines, mildes Kraut aus dem Spitzkohl, größtenteils von Hand verarbeitet.
Und genau das, die Handarbeit, ist der Grund, dass von den einst sehr vielen hier bestehenden Sauerkrautfabriken nur noch diese eine überlebt hat. Der Spitzkohl mit seiner gegenüber dem Rundkohl feineren Blattstruktur kann seiner Form wegen nicht direkt maschinell verarbeitet werden. Und so gibt es auf unseren Fildern auch nur noch einen Bruchteil des Krautanbaus von früher. Noch Ende der 1960er-/ Anfang der 1970er-Jahre gingen von hier ewig lange Güterzüge voller Filderkraut in alle Welt hinaus. Und im Herbst war die Luft von einem nicht grad angenehmen „G‘schmäckle“ geschwängert, von den nach der Ernte auf den Feldern in großer Menge vor sich hinrottenden Kohlstrünken und -Abfällen.
Mit den sterbenden Krautfabriken fielen auch die Güterzüge weg, Gleise wurden zum Radweg. Heute werden die Gleise wieder mühsam gebaut, für eine S-Bahn-verlängerung bis hierher zu uns.
Entschuldigung für den diesmal etwas längeren Kommentar. Aber alles andere wäre unzureichend aussagekräftig .
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Ach der Frick! Den gibt es noch! Der war ein « Date », das man nicht vergessen wollte, wenn er 1x im Monat in die deutsche Schule gekommen ist!
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