
Was ist nur aus den guten alten Weihnachtskarten geworden? Nicht aus denen, die man mal eben zwischen Tür und Angel am Computer bastelt – siehe oben. Sondern aus den kleinen Kunstwerken aus handgeschöpftem Papier, goldverzierten Buchstaben und gestanzten Mustern.
Es ist eine Woche vor Heiligabend, und im Briefkasten lag bisher genau: keine einzige Karte. Schon klar, die kanadische Post hat vier Wochen lang gestreikt. Jetzt trudeln zwar vereinzelt wieder Umschläge ein, aber meist sind es Werbesendungen oder Rechnungen – etwa vom Rathaus von Sainte-Lucie-des-Laurentides, einem jener Dorf-Ämter, die den digitalen Schuss noch nicht gehört haben.
Weihnachtskarten? Fehlanzeige.
Anfang der 70er-Jahre lebte ich drei Jahre lang im klirrend kalten Winnipeg/Manitoba, ehe ich vor dem vierten Winter ins warmduschige Oberschwaben zurückflüchtete. In Winnipeg – mitten in der kanadischen Prärie – erinnerte wenig an das alte Europa. Aber es gab deutsche Weihnachtskarten! Beim Metzger standen sie zwischen Bratwürsten und Dominosteinen, und in der deutschen Bäckerei wurden Adventskalender neben Stollen und Laugenbrezeln verkauft.
Immer Anfang Dezember kam der Weihnachtskarten-Mann in die Stadt. Ein gut gelaunter Deutschkanadier aus Toronto, der das Land von Küste zu Küste bereiste. In jeder größeren Stadt mietete er für zwei Tage ein Hotelzimmer, breitete seine Karten fächerartig auf dem Bett aus und bot sie dem geneigten Publikum mit dem Blendax-Lächeln des freundlichen Handelsvertreters an. Offenbar reichte das aus, um davon leben zu können.
Werbung machten damals die “German Clubs” und deutschsprachigen Zeitungen für ihn. (Achtung, liebe Kinder, Opa erzählt gerade aus dem Krieg: Marketing gab es schon vor TikTok, Facebook und Instagram.)
Damals wünschte man sich noch “Fröhliche Weihnachten”. Nicht kulturell weichgespült “Frohes Fest” oder “Schöne Feiertage”, aus Rücksicht auf jene, die Weihnachten nicht feiern.
Heute kommen die Weihnachtskarten digital daher. Im Netz gibt es Millionen von Vorlagen. Am wenigsten mag ich die mit: “Herr Schlagmichtot hat Ihnen eine Grußkarte geschickt. Bitte hier klicken.” Die klicke ich erst gar nicht an. Bekanntlich lauern im virtuellen Universum Viren an jeder Ecke.
Papierene Weihnachtsgrüße mit Goldbuchstaben und Christkind aus Glitzerstaub gehören wohl endgültig der Vergangenheit an. Nicht ganz: Die Christl von der Post verschickt sie noch immer. Unsere Freundin heißt wirklich Christa, lebt in Winnipeg und hat in Karlsruhe tatsächlich mal bei der Post igearbeitet.
Inzwischen ist sie 80 und verschickt noch immer die schönsten Karten, die ich kenne. Ob sie diese beim reisenden Kartenhändler kauft? Eher nicht.
Fröhliche Weihnachten allerseits!
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Echt schoene Karten, lieber Herbert! Schade, dass man heutzutage so wenige verschickt, wenn ueberhaupt. Da kann ich mich selbst leider nicht ausnehmen. Dafuer verschicke ich normalerweise um diese Jahreszeit einen relativ ausfuehrlichen Jahresrueckblick, allerdings auch am Computer geschrieben, aber wenigstens in gedruckter Form per Post verschickt.
Was das Postkartenschreiben angeht: meine Frau haelt diese Tradition hoch und verschickt von jeder Urlaubsreise unzaehlige Postkarten.
Liebe Gruesse und die besten Wuensche fuer das kommende Jahr,
Pit
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Ich erinnere mich an gemeinsames Weihnachtskartenschreiben zu Hause, mit einer Kanne Tee auf dem Tisch und Radiomusik im Hintergrund.
Aber die Karten waren nicht bunt und putzig, sondern stimmungsvolle schwarz-weiß Fotos…. Ein verschneiter Winterwald, eine Kapelle im verschneiten Winterwald, ein Reh (oder zwei) im verschneiten Winterwald…, ja doch, fanden wir schon schön… und auch die gemütliche Stimmung beim Schreiben…
Aber ich gehöre auch der Generation an, die noch im Berufsleben auf Digitalisierung umsteigen musste, zunächst auf MS-DOS und danach – gottlob – auf Windows und auf die sich eröffnenden Internet Wunder! Oh mein Gott, als ich die erste digitale Weihnachtskarte von Jacquie Lawson bekam, war ich so hin und weg, dass ich mich sofort für kleines Geld bei ihr anmeldete und Familie und Freunde mit den goldigen, damals von ihr selbst geschaffenen Karten beglückte….. Von irgendjemandem bekam ich die „Starry starry night“ Karte – inkl. Musik – über „Vincent“ van Gogh…. Ich war einfach nur fasziniert!
Dann kam die Zeit der PPP’s…. Die konnte (und habe) ich oft selbst gebastelt, auch das war eine schöne Zeit.
Aber heute ist whats app, „LG“ oder „GGLG“, was ich ganz schrecklich finde, denn wenn ich noch nicht mal mehr „Alles Liebe“ oder „Liebe Grüße“ asschreiben kann, hörts dann auch für mich auf…
In diesem Sinne, Frohe Weihnachtstage und die besten Wünsche für ein Gutes Neues Jahr!
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Ja, die guten alten Weihnachtskarten … Anfang der 1990er Jahre habe ich bei meiner Tante in Florida die Sitte kennengelernt, die Karten, die man bekommt, an einer Schnur oder Packband aufzuhängen. Damals kamen immer viele Karten zusammen. Ich habe auch meinen Teil dazu beigetragen, weil ich viele Jahre selber Karten an Onkels und Tanten sowie gute Freunde verschickt hatte. Das habe ich bewusst schon Anfang Dezember gemacht, damit diejenigen, die diese Sitte auch kennen, schön lange etwas von den Karten haben.
In den 2010er Jahren wurden es weniger Karten / Briefe und seit ein paar Jahren gibt es nichts mehr. Ja, die Generation „vor mir“ gibt es nicht mehr und meine Generation (zwischen 50 und 70) ist auch auf die „schnellere“ Variante umgestiegen. Das ist ja auch im Urlaub so und vor allem angenehm, wenn die Grüße die Empfänger VOR der eigenen Rückkehr erreichen. Aber auch da gibt „Rückbesinner“. So habe ich letztes Jahr eine Karte von meinem Sohn aud dem Urlaub bekommen – allerdings erst nach seiner Rückkehr. Da waren die Grüße von meinem Vater vor ein paar Jahren von einer Kreuzfahrt tagesaktuell und schneller, sie kamen per WhatsApp – und das im Alter von 92 Jahren …
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Eigenartig: genau gestern Früh ging mir dieses Thema auch durch den Kopf. Ich war dabei, die einfache Art zu nutzen, mehreren Personen mit nur einer E-Mail Grüße zu schicken, wobei mich auch so ein klein wenig schlechtes Gewissen beschlich. Was waren die früheren Post-, Ansichts- oder Glückwunschkarte doch um so vieles persönlicher!
Ich frage mich nur, wie ich ich geschafft hatte, aus jedem Urlaub und zu den Feiertagen zwischen 30 und 50 ganz individuelle Karten zu schreiben. Ein billiges Vergnügen war das, nebenbei gesagt, auch nicht. Und da ich ja „eingemeindete Schwäbin“ bin, waren die natürlich für nur „Gruß und Kuss…“ zu schade und zu teuer. Und musten demnach klein und eng beschrieben werden, dass sich’s lohnt. Da wurde manchmal so viel drauf erzählt, wie andere Leute nicht in einem ganzen Brief unterbringen.
Ach, was waren das für schöne Zeiten! Man konnte die ganzen Weihnachtskarten an einem schönen Geschenkband aufreihen. – Aber alles ändert sich im Laufe der Jahre – so auch wir.
PS: Kürzlich im Handel ein gutes Briefpapier gesucht? Bei der jüngeren Generation Kopfschütteln: „Was issen das?“
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The U.S. did not have a strike like you, and the cards have been coming, perhaps not the old ones you cherish, but each valued as one cannot value an email.
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Ja, Herbert, da hast du leider recht! Schöne Weihnachtskarten sind auch hier extrem schwer zu finden. Wenn man doch einmal fündig wird, staunt man über die Preisgestaltung. Egal, los geht’s!
Den Füller betanken – oh je, das Tintenfässchen ist leer. Heutzutage Tinte aufzutreiben, ist ein echtes Unterfangen. Doch schließlich geschafft! Die nächste Hürde: ein paar schöne Briefmarken. Am Postschalter wird allerdings nur noch elektronisch frankiert. „Aber Sie müssen doch noch Briefmarken haben, oder?“ – Ja, aber die sind im Safe. Und man muss gleich einen Bogen mit 50 Stück für 85 Euro kaufen. Soll ich mich jetzt noch mit dem Schalterbeamten – in einer fremden Sprache und vor Publikum – anlegen? Es weihnachtet, also nehme ich es hin.
Dann fällt mir auf: Manche Briefumschläge sind 4 mm länger oder breiter. Das kostet nochmal 1,25 Euro extra! Jetzt kommt die Elektronik doch noch ins Spiel. Nach langem Warten in der Schlange komme ich meinem Ziel näher. Aber als ich die Post verlasse, frage ich mich, ob die Karten ihren Bestimmungsort überhaupt erreichen werden. Schließlich hört man immer wieder, dass unzuverlässige Briefzusteller ihre wertvolle Fracht einfach in den Straßengraben kippen.
Egal – es ist auf dem Weg! Wie heißt es so schön? „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
In diesem Sinne: Eine frohe und möglichst gesunde Weihnacht! 🎄
R. 🌴
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Ich verschicke seit ein paar Jahren wieder Weihnachtskarten – und bekomme so nach und nach auch welche… Sehr zu meiner Freude!,
Und nachdem ja seit gestern die Brieftauben wieder fliegen, werden sich meine Karten auf den Weg machen und dann hoffentlich zwischen Weihnachten und Neujahr bei den Empfängern eintrudeln…
Mit den Weihnachtskarten ist es wie mit den Ansichtskarten aus dem Urlaub -man muss sich die Zeit nehmen, um sie zu schreiben, die Briefmarke drauf zu kleben und sie zum Briefkasten zu bringen…
VG
Christa
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dass es sowas überhaupt gibt oder vielmehr gab, reisende Kartenhändler!
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