
Es ist noch gar nicht lange her, da überforderte fast alles Essbare meine geschundene Bauchspeicheldrüse. Nur drei Dinge aus der Küche gingen immer: Haferflocken, Reisbrei und Zwieback.
Inzwischen hängt sich der Pankreas-Patient zwar kulinarisch immer weiter aus dem Fenster und wagt auch mal eine Leberkäs-Semmel oder sogar Linsen mit Spätzle (ohne Speck!). Den lieb gewonnenen drei Scheiben Zwieback morgens zum ersten Kaffee im Bett bin ich trotzdem treu geblieben. Bis jetzt.
Ausgerechnet zu Weihnachten lässt mich die Boulangerie Grissol, von der die kanadische Zwieback-Variante stammt, im Stich. “Rusks”, wie die quadratischen Knusperscheiben hier heißen, gibt es in der Original-Version nicht mehr. Im Sortiment geblieben sind lediglich dünne Blättchen, wie sie die Häppchenfraktion bei Cocktailpartys gerne mit Lachs oder Kaviar kredenzt.
Aber warum nur?
“There is much that is taken into consideration before a product is discontinued”, schreibt ein gewisser “Bernard” von der Abteilung “Consumer Care“. Ihn hatte ich um eine Erklärung gebeten, nachdem ich bei einem Dutzend Supermarkt-Besuchen nur noch leere “Rusk”-Regale entdeckt hatte.
Monsieur Bernard hat sicher Recht: Ehe ein so traditionsreiches Produkt wie Zwieback aus dem Programm genommen wird, muss viel passieren. Vermutlich gab es jede Menge Marktanalysen, Kundenbefragungen und Test-Essen mit verbundenen Augen, ehe der Oberbäcker entschied: Kein Zwieback mehr für Herrn Bopp! Oder so ähnlich.

Zwieback hat meine Kindheit begleitet wie Almdudler, Brausepulver und Mohrenköpfe, die heute freilich anders heißen.
Hatte bei uns im Haus jemand Magenverstimmung, hieß das Hausmittel: Zwieback mit einer Banane und einem Stück Blockschokolade, die so bitter schmeckte, dass ich auf einen Kakao-Anteil von mindestens 175 % tippe. Dieses heilsame Trio tut bei uns auch heute noch gute Dienste.
Aber jetzt ist Schluss damit. Klar, ich könnte den original deutschen “Brandt”-Zwieback mit dem blonden Kinderkopf auf der orangenen Packung bei Amazon bestellen. Aber knackige $ 12.75 für das 225-Gramm-Paket sind mir meine Kindheitserinnerungen dann doch nicht wert.
Dann lieber die dünnen Ersatz-Scheibchen der „Boulangerie Grissol“. Sie heißen übrigens „Melba Canapé“.
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Happy New Year 🥳
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Vielleicht ist die mondänere Variante ja auch ganz amüsant. ;)
Für mich zählt Zwieback. wie auch Tee, zu den Lebensmitteln, die man nur im ganz großen Krankheitsfall einnimmt. Daher habe ich auch immer eine kleine Packung im Vorrat. Meist, um sie geplagten Verwandten/Freunden an Wochenenden zu bringen (ebenso wie Hühnerbrühenkonzentrat). Danke für die amüsante Geschichte und auf viele neue Geschichten im kommenden Jahr! Herzlichst, Prensal
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Ach, das ist ja ein liebes Angebot! Aber lassen Sie mal. Das Porto für den Versand würde selbst die Kosten bei Amazon noch übersteigen. Ich denke, ich werde einfach einen Zwieback-Entzug durchleiden müssen. Irgendwann wird dann ein Leben auch ohne Zwieback wieder lebenswert sein. Nochmals vielen Dank und schöne Grüße aus dem verschneiten Montréal!
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Ach, das tut mir leid!
Zwieback habe ich als Kind auch für mein Leben gerne gegessen, und nicht nur, wenn ich mal Bauchgrimmen hatte. ;-) Am liebsten mit dick Butter und Nutella bestrichen. ;-)
Sie haben ja durch meine Kommentare meine E-Mail-Adresse. Wenn Sie möchten, schicke ich Ihnen gerne einige Packerln Brandt Zwieback zu, Sie brauchen mir nur Ihre Anschrift zu mailen.
Liebe Grüße!
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