
Falls Ihnen die Überschrift bekannt vorkommt: Ja, genau denselben Titel habe ich bereits in einem Blogpost vom 13. Februar 2012 verwendet – also vor fast genau 13 Jahren. Was hat sich seitdem geändert? Nichts. Im Gegenteil: Die Wartezeiten im kanadischen Gesundheitssystem sind länger geworden, nicht kürzer.
Das Foto oben wurde vor wenigen Tagen in Walkerton (Ontario) aufgenommen, einer Kleinstadt mit 4.000 Einwohnern, etwa drei Autostunden von Toronto entfernt. Nachdem bekannt wurde, dass sich dort ein neuer Hausarzt niederlassen würde, bildete sich im Morgengrauen eine lange Schlange rund um das Medical Centre. Eine ähnliche Szene spielte sich vor 13 Jahren in St. Lazare, Québec, ab – ein ebenso unwürdiges wie symptomatisches Bild.
Der neue Arzt in Walkerton konnte sofort 500 Patienten aufnehmen. Weitere 500 Personen wurden auf eine Warteliste gesetzt, in der Hoffnung, dass ein weiterer Arzt, der sich voraussichtlich noch in diesem Jahr niederlassen wird, die Situation entschärfen kann.
Die Krise in Zahlen
In Ontario haben derzeit rund 2,3 Millionen Menschen keinen Hausarzt. In Québec sind es 2,1 Millionen – das entspricht einem Viertel der Bevölkerung. Besonders dramatisch ist die Lage in den Atlantikprovinzen wie Nova Scotia. Aber auch in anderen Teilen Kanadas sind Hausärzte Mangelware.
Dass über sechs Millionen Kanadier keinen Hausarzt haben, hat viele Ursachen:
Ein veraltetes Gesundheitssystem:
Das kanadische Gesundheitssystem, oft als „das beste der Welt“ gepriesen, ist überlastet und nicht mehr zeitgemäß. Menschen ohne Hausarzt suchen häufig die Notaufnahmen auf – sei es für ein Rezept gegen Erkältung oder zur Blutdruckmessung. Dies führt dazu, dass Patienten mit ernsthaften Erkrankungen oft neun Stunden oder länger warten müssen.
Abwanderung ins private System:
Die Überlastung treibt viele Ärzte dazu, das öffentliche System zu verlassen und in Privatkliniken zu wechseln. Das verschärft den Mangel an Hausärzten zusätzlich.
Schwierige Bedingungen in Québec:
In Québec ist die Zulassung für ausländische Ärzte besonders kompliziert und langwierig. Neben den sprachlichen Anforderungen (fließend Französisch und Englisch) gibt es ein rigides Platzierungssystem. Dieses zwingt Ärzte dazu, ihre Praxis oft an weniger attraktiven Orten zu eröffnen, was Frustration und häufige Standortwechsel auslöst.
Bezahlung:
Die Vergütung für Ärzte in Québec ist deutlich niedriger als in einigen anderen Provinzen Kanadas oder den USA. In den Vereinigten Staaten locken zwar höhere Gehälter, aber der bürokratische Aufwand, etwa durch Verhandlungen mit Versicherungen, ist oft erdrückend. Einige Ärzte kehren nach Kanada zurück, stellen jedoch fest, dass eine zu lange Abwesenheit den Wiedereinstieg erschwert.
Düstere Aussichten
Das Fazit bleibt ernüchternd: Ohne tiefgreifende Reformen wird die Gesundheitsversorgung in Kanada weiterhin unter Druck stehen – und für viele bleibt der Hausarzt ein unerreichbarer Luxus.
Die Perspektiven sind wenig ermutigend. Erst heute verkündete der Gesundheitsminister von Québec, dass 1.000 Stellen im Gesundheitswesen aus Geldmangel gestrichen werden.
Auch auf Bundesebene ist nicht viel Positives zu erwarten. Sollte als Nachfolger des zurückgetretenen Premierministers der Konservative Pierre Poilievre an die Regierung kommen, dürfte auch er erst einmal den Rotstift ansetzen: „Zu teuer, zu ineffizient.“
Zu schade.
Entdecke mehr von BLOGHAUSGESCHICHTEN
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.
Traurig aber so wahr!
LikeLike