Das Wunder von Montreal

Es gibt sie noch, die kleinen Wunder: Noch vor nicht allzu langer Zeit wäre so ein Foto wie oben keine Silbe wert gewesen. Der Blogger sitzt bei einem „Bird’s Nest with Shrimps and Chicken“ im China-Restaurant. Doch dann kam eine lebensbedrohliche Erkrankung der Bauchspeicheldrüse.

Die Verdauung war im Eimer, es drohte Krebsgefahr. Drei Viertel der Pankreas mussten entfernt werden, außerdem die komplette Milz. Mehr als ein Jahr lang war nach der Diagnose strikte Diät angesagt: Grießbrei, Zwieback, kein Fett, allenfalls gedünsteter Fisch und Putenschinken.

Heute empfinde ich es als Geschenk, dass ich wieder weitgehend normal essen kann. Das verdanke ich zum einen den Künsten der Chirurgen, die mich im August vorigen Jahres operiert haben, zum anderen den Diät-Kochkünsten von Lore, die mich mit ihrer kulinarisch kreativen Herangehensweise regelrecht aufgepäppelt hat.

Den Rest erledigen Enzyme, die ich zu jeder Mahlzeit in Tablettenform schlucken muss. Unmittelbar nach der OP waren es noch 21 am Tag, inzwischen werden es immer weniger.

Auch wenn fette Speisen noch immer tabu sind – und es wohl auch bleiben werden – rebelliert mein Körper nicht mehr gegen Dinge wie Pasta, Reis, Gemüse und sogar Hühnerfleisch und Meeresfrüchte.

Doch die neue/alte Ernährung kommt mit einem Preis: Weil die Entfernung der Pankreas eine vollfette Diabetes zur Folge hat, muss der Glukosehaushalt neu eingestellt werden – mit Tabletten und neuerdings auch Insulin-Injektionen.

Nudeln beispielsweise sind gut verträglich, aber schlecht für den Blutzucker. Schokolade sorgt dafür, dass der Patient nicht noch mehr Gewicht verliert – 17 Kilo in weniger als eineinhalb Jahren sind genug. Aber Süßigkeiten lassen auch den Glukosesensor in die Höhe schnellen.

Verzichtet man dann aber ganz auf Süßes und auf regelmäßige Mahlzeiten insgesamt, schlägt der Glukose-Alarm im Handy lautstark an – wie eben in der U-Bahn auf dem Weg nach Chinatown.

Da durch die fehlende Milz das natürliche Immunsystem fehlt, wäre Obst perfekt für die Vitaminzufuhr. Nur: Obst enthält jede Menge Zucker und sollte daher nur in homöopathischen Dosen verabreicht werden.

Das Austarieren von Speisen und Getränken (keine Fruchtsäfte und kein Tropfen Alkohol mehr!) mag kompliziert und lästig sein, aber es ist der Preis für etwas, das wir alle gerne tun: LEBEN.

Hoffentlich noch lange. Und so genussvoll es eben geht.


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10 Gedanken zu „Das Wunder von Montreal

  1. Kein Wunder: Wenn Arzt, Patient und liebevolle, kreative Ehefrau zusammen arbeiten, kann nur etwas  Eindrucksvolles dabei herauskommen. Gesundheit, ein Leben ohne Reue und ein Geschmack, der jede Einschränkung vergessen läßt. Herzlichen Glückwunsch, Ihr seid so gut wie möglich beim normalen Leben angekommen. Mehr braucht es nicht für eine tolle Zukunft!

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  2. Lieber Hebo, das finde ich richtig klasse! Habe ich doch gewusst! Du rockst das! Und spätestens im Winter 26/27 geht’s wieder nach Palma. Wirst sehen!

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  3. Hut ab, man kann Dich nur bewundern mit Deiner Zuversicht. Ich wünsche Dir weiterhin gute Gesundheit mit all diesen Auflagen sie zu erhalten und guten Hunger und liebe Grüße an Deine tolle Köchin wünscht Euch Elke

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  4. Did you have to get a full set of new vaccinations after the spleen was removed? We are facing similar issues as I read your posts and write this.

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