Trump als Wahlhelfer für Kanada

Sie alle wollen am 28. April gewählt werden: Jagmeet Singh (New Democratic Party), Mark Carney (Liberale), Yves-François Blanchet (Bloc Québécois) und Pierre Poilievre (Konservative). © Screenshot Gazette

Man mag es kaum laut sagen, aber der unsägliche Donald Trump könnte Kanada bei der Wahl der künftigen Regierung positiv beeinflussen. Wie? Indem er das Land vor Pierre Poilievre bewahrt – einem stockkonservativen Populisten, der seit heute gegen den Trudeau-Nachfolger Mark Carney in den Wahlkampf zieht.

Nur neun Tage, nachdem Mark Carney den amtsmüden Justin Trudeau als Premierminister vorzeitig abgelöst hat, ruft er Neuwahlen aus. Der frühere Chef der kanadischen (und zeitweise britischen) Zentralbank will die Gunst der Stunde nutzen. Was noch vor wenigen Wochen kaum jemand für möglich gehalten hätte, ist eingetreten: Der fortschrittliche Carney liegt in Meinungsumfragen knapp vor dem konservativen Hardliner Pierre Poilievre.

Der Grund: Poilievre erinnert viele seiner Anhänger dann wohl doch zu sehr an den Rüpel in Washington. Selbst unter Erzkonservativen, die vor allem im Westen Kanadas leben, scheint die Trump-Begeisterung nachzulassen.

Sollte diese Stimmung bis zur Wahl am 28. April anhalten, hätte Poilievre sein eigenes Grab geschaufelt. Zu lange hatte er dem Verwirrten im Weißen Haus gehuldigt – nicht nur mit scharfer Rhetorik, sondern auch ideologisch.

So will Poilievre die Einwanderungspolitik drastisch verschärfen – ein Vorhaben, das im traditionell einwanderungsfreundlichen Kanada nicht gut ankommt.

Dass er mit einer in Venezuela geborenen Frau verheiratet ist, macht Poilievre zum Heuchler. Kommt Ihnen bekannt vor? Die AfD lässt grüßen: Eine Parteivorsitzende wettert gegen Immigration und Homosexualität, führt aber selbst eine gleichgeschlechtliche Beziehung mit einer aus Sri Lanka stammenden Frau.

Heute wurde nun in Ottawa der Wahlkampf ausgerufen – der kürzeste in der Geschichte Kanadas. In nur 36 Tagen sollen sich 27 Millionen Kanadierinnen und Kanadier entscheiden, wem sie ihre Stimme geben.

Derzeit deutet alles auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Mark Carney und Pierre Poilievre hin. Die Kandidaten der sozialdemokratischen NDP und der separatistischen Parti Québécois dürften beim Wahlausgang kaum eine Rolle spielen. Auch die Grünen werden sich aller Voraussicht nach mit höchstens zwei Sitzen im künftigen Parlament begnügen müssen.

Was zunächst nach business-as-usual aussah, entwickelt sich zu einem spannenden Wahlkampf. Zentrales Thema: der Umgang mit Donald Trump.

Poilievre macht keinen Hehl daraus, nach seiner Wahl dem amerikanischen Präsidenten-Darsteller die Reverenz erweisen zu wollen.

Für Mark Carney hingegen steht fest: Solange Trump nicht aufhört, von Kanada als 51. US-Bundesstaat zu fantasieren, wird er sich nicht mit ihm an einen Tisch setzen.


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