Wenn man so langsam auf die 80 zugeht, fängt man schon mal an, sich Gedanken über seine Bucket List zu machen. Was will ich eigentlich noch erleben, bevor mich der Große Regisseur von dieser Welt in eine andere befördert?
Einen Sonnenaufgang auf einem Vulkan? Einen Sushi-Kochkurs bei einem japanischen Itamae? Mit dem Kajak durch eine smaragdgrüne Bucht paddeln? Oder, wie Leonard Cohen, ins Zen-Kloster gehen?
Eines steht jedenfalls fest: Bungee-Springen gehört nicht dazu. Spätestens seit heute Nachmittag bin ich mir da sicher.
Eher zufällig wurde ich Zeuge eines Bungee-Sprungs im Alten Hafen von Montreal. Der Turm, der im Hollywoodfilm The Day After Tomorrow (2004) in Flammen aufging, dient seit ein paar Tagen als Plattform für Bungee-Sprünge. Genau genommen ist es nicht der Turm selbst, sondern ein Kran, der direkt daneben aufgestellt wurde – 64 Meter hoch, so hoch wie der Ummendorfer Kirchturm.
Eigentlich wollte ich nur ein wenig Luft schnappen, als sich um die Bank, auf der ich saß, kleine Grüppchen bildeten. Wo Handys gezückt werden, passiert meistens was.
Also zückte ich auch meines – und wurde Zeuge, wie eine Frau sich an einem Seil vom Kran-Arm in die Tiefe stürzte. Unter ihr der Sankt-Lorenz-Strom, vor ihr die Skyline von Montreal. Und rundherum ein paar Dutzend Schaulustige, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollten.
Seltsam. Obwohl ich sonst für ziemlich viele Abenteuer offen bin, hat mich der Bungee-Sprung wenig beeindruckt. Vielleicht, weil ich als Kandidat ohnehin nicht mehr infrage komme.
Vielleicht auch, weil Bungee-Springen gefährlicher aussieht, als es tatsächlich ist. Die Sicherheitsstandards seien extrem hoch, ließ ich mir sagen. Die Ausrüstung wird ständig überprüft, und gut ausgebildete Teams sorgen dafür, dass alles reibungslos abläuft.
Nervenkitzel, ja. Aber echtes Risiko? Eher nicht. Die größte Herausforderung liegt wohl daran, den Sprung zu wagen und sich selbst zu vertrauen.
Vielleicht liegt mein mangelnder Enthusiasmus aber auch an dem ernüchternden Preis: Knapp 200 Dollar für einen Sprung, der kaum drei Sekunden dauert?
Nein, danke.
Dann doch lieber eine Kinokarte für „Mission Impossible“. Da macht Tom Cruise seine Stunts noch selber.
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