Wiederhören mit „Lemon Tree“

„Peter Freudenthaler“ steht auf dem Handy-Display. Ich bin mit dem Fahrrad unterwegs und halte kurz inne. Moment mal – DER Peter Freudenthaler? Der Leadsänger von Lemon Tree, diesem Song, der mich schon mein halbes Erwachsenenleben begleitet? Genau der.

„Hallo Herbert“, sagt Peter. „Erzähl mir doch mal die Geschichte, als du Lemon Tree im australischen Outback gehört hast.“

Das Telefonat mit Peter Freudenthaler war heute. Die Geschichte mit Lemon Tree im australischen Outback vor ziemlich genau 30 Jahren. Sie geht so:

Ich war mit dem legendären GHAN-Train von Adelaide Richtung Alice Springs unterwegs. 24 Stunden durch die Wüste. Ursprünglich hatte ich wegen der langen Strecke ein First-Class-Ticket gebucht – doch dort herrschte gähnende Leere.

Also wechselte ich in den Speisewagen der dritten Klasse. Der hieß „Waltzing Matilda“ und war genau das, was ich suchte: schräg, schrill, bunt – und voller Geschichten.

Ein Aborigine saß auf dem Boden und spielte Lemon Tree auf dem Didgeridoo, neben ihm ein Typ mit Bongos. Um sie herum tanzten, klatschten, summten und sangen Menschen aus aller Welt – Backpacker, Goldgräber, Abenteurer, Geschäftsleute und auch ein Reporter aus Montreal, gebürtg aus Ummendorf.

Über Lemon Tree wusste ich damals nicht viel. Nur, dass es ein Song war mit dieser einzigartigen Leichtigkeit – ein Ohrwurm, der mich ein Leben lang begleiten sollte. So fröhlich, so friedlich, so freundlich. Und prickelnd wie eine frisch gepresste Zitrone.

Dass Lemon Tree von einer deutschen Band namens „Fool’s Garden“ stammte und der Sänger Peter Freudenthaler hieß, wurde mir erst später klar. Kurz vor dem Rückflug nach Kanada kaufte ich die CD am Flughafen in Sydney.

Einen CD-Player besitze ich längst nicht mehr – die Platte schon. Sie schlummert auf der Farm vor sich hin.

Aber wie kommt Peter Freudenthaler dazu, mich 30 Jahre später, an einem Donnerstagvormittag in Montreal, auf dem Handy anzurufen?

Diese Geschichte geht so:

Peter war Gast im genialen Podcast SWF3 – Das Phänomen, erfunden von meinem befreundeten Kollegen Gregor Glöckner. Seit Gregor mich im September als Kanada-Korrespondent für den Podcast interviewt hat, sind wir in Kontakt geblieben.

Als er seinen Podcast jetzt der Frage widmete, wie Lemon Tree auch dank SWF3 zum Welthit wurde, schrieb ich Gregor eine Mail. Darin erzählte ich ihm von meinem Hörerlebnis im GHAN-Train – und wie sehr mich Peters Podcast-Auftritt an diese Reise erinnerte.

Gregor tat, was gute Journalisten tun: Er nahm den Faden auf und spann ihn weiter. In diesem Fall landete der Ball bei Peter Freudenthaler in Pforzheim. Dort lebt der Lemon Tree-Erfinder noch immer.

Das Telefonat heute früh war ein virtueller Spaziergang in die Vergangenheit. Peter erzählte mir ein bisschen aus seinem Leben – und davon, dass er bald mit Fool’s Garden zusammen mit Bryan Adams in Hannover auftreten wird. Und er berichtete von einem Buch, das er geschrieben hat und das demnächst in Druck geht.

Peter Freudenthaler (Screenshot YouTube)

Ich erzählte ihm von meiner eigenen Rockn’Roll-Vergangenheit – und brachte ihn zum Lachen, als ich sagte, meine Band, The Outlaws, hätte sich in Oberschwaben zwar als „die härteste Rockband östlich von Liverpool“ einen gewissen Ruf erspielt. Zu einem Welthit wie Lemon Tree hat es allerdings nie gereicht.

Bei Peter Freudenthaler und Fool’s Garden schon. Insgesamt verkaufte die Band mehr als sechs Millionen Alben. In Kaliningrad spielte sie vor über 100.000 Menschen. In Asien waren die Leute verrückt nach Lemon Tree. Noch heute ist der Song in den vietnamesischen Charts.

Und bis heute tourt auch Peter Freudenthaler noch, zusammen mit dem Mitbegründer von Fool’s Garden, Peter Hinkel, und weiteren Bandmitgliedern. Zwar landeten die Jungs aus dem badischen Pforzheim keinen weiteren Welterfolg wie Lemon Tree, aber ein Dutzend Studioalben und zahlreiche Musikpreise sorgen dafür, dass ihre Geschichte weitergeht.

Demnächst sogar in Buchform. Mehr dazu später in den BLOGHAUSGESCHICHTEN.

Der legendäre GHAN-Train: „Lemon Tree“ im Speisewagen.© journeybeyondrail
Immer noch im Einsatz: Souvenir aus dem GHAN-Train. © Bopp