Bilderbuch-Herbst und viel Musik

Ein Sommerherbst in Montreal. Tagsüber heiß, nachts angenehm kühl. Das Laub verfärbt sich langsam – wie hier am Alten Hafen, wo der Sankt-Lorenz-Strom zur Spielwiese wird.

Nach und nach finden auch die weißen Riesen wieder ihren Weg nach Montreal: Kreuzfahrtschiffe mit bis zu zweieinhalbtausend Passagieren, die sich von Montreal aus auf den Weg zur Küste Neuenglands machen oder den St.-Lorenz-Strom hinunter nach Québec City, Tadoussac und bis nach Halifax.

Wer an Land bleibt, wird belohnt: mit einer Open-Air-Veranstaltung am Lachine-Kanal, wo Lieder und Gedichte zum Besten gegeben wurden. Bei einem Besuch im Gartenrestaurant des früheren „Hotel Nelson“ am Place Jacques-Cartier. Mit einer Kajak-Parade in Griffintown, einer chinesischen Oper auf einem ruhigen Plätzchen zwischen den Restaurants von Chinatown, einer Verschnaufpause am „Philips Square“ im Stadtzentrum. Oder bei Kaffee und Brioche im gepflegten Café „Aux Merveilleux de Fred“ an der Rue St. Denis. Oder einem Spaziergang entlang der Nationalen Theaterschule am Boulevard St. Laurent.

Oder mit panierten Schnitzeln und schwäbischem Kartoffelsalat à la Lore.

Stellenanzeige an einem Laternenpfosten in Chinatown. „Leichte Arbeit auch für ungelernte Kraft“

Vom Geben und Nehmen

“Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.” So steht es in der Bibel, genauer im Buch Hiob 1,21. Wie jetzt, plötzlich Bibelkenner? Keine Bange: Sowas weiß ChatGPT. Was meine KI-App allerdings nicht wissen kann, ist der irdische Anlass, der mich auf diesen Bibelspruch bringt. Von Anfang an:

Wenn der Fernseher nach nicht einmal sechs Jahren seinen Geist aufgibt, ist das zwar ärgerlich, aber heutzutage wohl keine Seltenheit mehr. Also muss ein neuer her.

Wenn der Sohn Geburtstag hat und die Eltern traditionsgemäß den Jubilar samt Freundin ins feine Steak-Restaurant ausführen, dann ist uns das zwar jedes Mal eine große Freude – aber sparen auf Schwäbisch geht anders.

Wenn beides am selben Tag passiert, Fernsehkauf und Geburtstagsfeier, kommt die Kreditkarte schon mal ins Schwitzen.

Und hier kommt nun der Bibelspruch ins Spiel: Der Herr meinte es diesmal ausgesprochen gut mit uns.

Denn just nach dem Fernsehkauf wartet ein Schreiben unseres Stromanbieters im Briefkasten. Der Tonfall erinnert verdächtig an die Mails des nigerianischen Prinzen, der arglosen Empfängern Glück und Reichtum verspricht (“Sie haben 14 Millionen gewonnen. Bitte teilen Sie uns Ihre Bankverbindung mit, damit wir den Betrag überweisen können.”) Oder so ähnlich.

Doch diesmal ist es kein Prinz, sondern Hydro Québec, unser Stromversorger. Und statt 14 Millionen nigerianischen gibt es eine Gutschrift über 2.000 kanadische Dollar. Ganz offiziell, ganz seriös.

Was war geschehen?

Unsere letzte Wohnung hing jahrelang am falschen Zähler. Wir hatten ohne unser Wissen die Stromrechnung des Nachbarn bezahlt. Der gehörte offenbar, anders als wir, nicht zu den Stromsparern. Wie konnten wir es wissen? Schließlich hatten wir keine Vergleichszahlen.

Vermutlich wäre der Irrtum nie aufgeflogen, hätte der Stromanbieter nicht selbst eine Untersuchung angestellt. Die Folge: Wir wurden für den zu viel berechneten Stromverbrauch entschädigt.

Dabei ist Weihnachten doch erst in drei Monaten.

Landleben: Wenn Farmer feiern

Gleich zwei Events gab es an diesem Wochenende im näheren Umkreis von Cassians Farm: die “Havelock Country Fair” und ein jährliches Treffen, das sich “Wool Gathering” nennt.

Die “Country Fair” in dem Dorf Havelock gibt es seit über 150 Jahren. Dort treffen sich neben einheimischen Farmern auch Besucher aus der Umgebung, um sich über landwirtschaftliche Entwicklungen zu informieren.

Auch das “Wool Gathering” findet auf einem Farmgelände statt. In der Nähe der Gemeinde Hemmingford wird dort vorwiegend Kunsthandwerk angeboten, das jedes Jahr von Bewohnern der näheren Umgebung hergestellt wird.

Ein paar Fotos von den beiden Ereignissen gibt es in der Bildergalerie. Wie immer: bitte zum Vergrößern draufklicken.

Herbstliches aus Stadt und Land

Wenn die meisten Touristen wieder abgereist sind, gehört „Le Vieux Montréal“ wieder den Montrealern. Es ist schon eine Weile her, dass ich den Weg zur „Place Jacques-Cartier“ gefunden habe. Diese Woche war es dann wieder so weit. Ein paar Fotos von einem kleinen Bummel gibt es in der Bildergalerie.

Nicht in der Altstadt, sondern im Stadtteil St. Henri gab es im Innenhof unseres Gebäudes ein Gartenfest mit vielen Nachbarn, Lamm am Spieß und Livemusik.

Nach einem kleinen Ausflug ins „Plateau Montréal“ mit Kaffeepause und immer wieder neuen Wandbemalungen noch kurz zu den „Satay Brothers“ in die Markthalle bei uns um die Ecke. „Laksa“ heißt die leckere Suppe, die so ziemlich alles an Gewürzen enthält, was die südostasiatische Küche zu bieten hat.

Gestern ging’s dann bei herrlichem Wetter, das nun schon seit Wochen anhält, endlich wieder mit dem E-Bike über Land. Der Herbst schickt schon mal ein paar Farbtupfer voraus.

Keine Bildergalerie ohne „Poppy“: Auf der Farm scheint sich Cassians Puppy am wohlsten zu fühlen – wer könnte es ihr verdenken?


Stadt, Land, Cohen und Poppy

GRIFF IN DIE FOTOKISTE: Beim Bummel über den Sankt-Lorenz-Boulevard eher zufällig an Leonard Cohens Haus vorbeigekommen. Wenige hundert Meter weiter südlich dann die erste von mehreren Wandmalereien mit dem Konterfei des Künstlers. Und immer wieder Szenen einer Großstadt: Chinatown, Alter Hafen, Ave Mont-Rpyal, Rue St. Denis und Atwater Market bei uns um die Ecke. Dazwischen Landleben auf der Farm. Und natürlich ein Puppy namens Poppy.