
Wer Dennis Wallace in diesen Tagen bei der Arbeit sucht, muss sich zuerst durch dicke Staubschwaden kämpfen – schwere, gelbbraune Wolken, die den Farmer einlullen..Es ist Erntezeit in der Montérégie, dem landwirtschaftlichen Gebiet an der kanadisch-amerikanischen Grenze. Hier bewirtschaften Dennis und Kathy Wallace ihre Farm. Cassians Gehöft liegt in unmittelbarer Nachbarschaft.
Heute waren die Sojabohnen an der Reihe. „Mäßige Ernte“, grummelt Dennis hinter dem Lenkrad seines Mähdreschers, einer Art Feldfabrik auf Rädern. Mit der linken Hand steuert er das Lenkrad, mit der rechten den Joystick.
Es piept, hupt, pfeift und vibriert. Gerät der Mähdrescher aus der Spur, wird nachjustiert. Schiebt sich ein Erdhügel unter die gigantische Maschine, ertönt ein Warnsignal. So viel Technik ist störanfällig – und Reparaturen kosten nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Davon können Farmer wie Dennis in diesen Tagen nicht genug haben.
Die nicht enden wollende Trockenheit ist schuld daran, dass weniger Sojabohnen geerntet werden als sonst. Was für die einen der Traumsommer ’25 war, ist für Farmer wie Dennis eine Saison mit viel Luft nach oben.
Ein Glück, dass die Wallaces breit aufgestellt sind. Neben Soja bauen sie Mais, Weizen, Roggen und grüne Bohnen an – insgesamt auf 530 Hektar Ackerland. Dazu kommen 165 Hektar Wald – auch für kanadische Verhältnisse beeindruckende Zahlen.
An Tagen wie diesem läuft alles wie ein Uhrwerk. Der Maschinenpark ist gepflegt, jede Schraube sitzt, jedes Zahnrad ist gefettet. Die Erntehelfer, darunter Kathy, Dennis’ Frau, und sein Bruder, der nebenbei Schafe hält – arbeiten Hand in Hand, jeder Griff sitzt wie eingeübt.
Der Mähdrescher selbst wirkt wie ein technisches Wunder. Vorn schneiden die rotierenden Messerreihen das Getreide, im Bauch der Maschine werden die Bohnen aus den Schoten gelöst. Durch das lange Überladerohr schießt das Erntegut in den neben der Maschine fahrenden Anhänger. Der Rest der Sojapflanzen landet kleingehäckselt als Dünger auf dem Acker.
Ist der Korntank dann gefüllt, setzt sich der Tross in Bewegung, rollt zu den Silos auf dem Farmgelände. Dort werden die Bohnen computergesteuert bis zur Perfektion getrocknet, ehe die Händler sie in riesigen Lastwagen abholen.
Doch es ist nicht nur die Ernte selbst, die Geschick verlangt. Auch der Weg von Feld zu Feld will geplant sein. Wenn die riesigen Maschinen über die Landstraßen ziehen, gehört die Fahrbahn ihnen allein. Vorbeifahren? Unmöglich. Die Anwohner der Farmen kennen das ungeschriebene Gesetz, das zur Erntezeit gilt: Der Farmer hat Vorfahrt. Immer!
Ein paar Stunden im Cockpit des Mähdreschers – diesem millionenschweren Koloss aus Stahl und Glas – und der Moloch Montreal, kaum eine Dreiviertelstunde nördlich, ist plötzlich ganz weit weg. Er versinkt hinter Staubschleiern, dem Dröhnen der Motoren und der heißen Spätsommersonne.
Was bleibt, sind die Weite, die Felder, das Surren der scharfen Messer, das Flimmern in der Luft und das Gefühl, einmal etwas ganz Besonderes zu sein: Herr der Felder.
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Leider werden die Arbeit und Mühen eines Landwirtes viel selten geschätzt
Viele Grüße aus Norddeutschland
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I envy you the chance to ride along. We remember our first time seeing those gigantic machines up close at the North Dakota State Fair.
A farmer’s worries are never done: too much rain; too little rain; too late a frost; too much heat… I grew up on a dairy farm; the cows demanded your presence early in the morning and every afternoon every day of the year.
We all owe so much to farmers.
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Danke für die interessanten und auch nachdenklich stimmenden Einblicke in die Arbeit eines kanadischen Farmers.
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Schon beeindurckend und ich beneide dich, dass du auf so einer Maschine mitfahren durftest!
VG Christa
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