Sein Leben als Zitronenbaum

Wie fühlt es sich an, wenn man von heute auf morgen zum Popstar wird? Interviews, Groupies, Hotelsuiten, die größer sind als das eigene Apartment daheim? Wenn eine Melodie, die einem an einem verregneten Sonntag in den Kopf gekommen war, während man auf die Freundin wartete, die Charts stürmt und zum Welthit wird?

Genau das ist Peter Freudenthaler mit seiner Band „Fools Garden“ in den 90er-Jahren passiert. Lemon Tree hatte die Buben aus dem Schwarzwald berühmt gemacht. Jetzt schreibt er in seinem Buch „Mein Leben als Zitronenbaum“ darüber: einfühlsam, authentisch, spannend und immer unterhaltsam. Zusammen mit der Autorin Michaela Fröhlich nimmt der Musiker und Songwriter seine Leserinnen und Leser auf eine beeindruckende Zeitreise mit.

„Ich werde oft gefragt“, schreibt der inzwischen 62-jährige Peter Freudenthaler im Vorwort zu seinem Buch, „in welchen Momenten meines Lebens ich am glücklichsten war. Viele vermuten, es müsse die Zeit gewesen sein, als Lemon Tree auf Platz eins der Charts stand. Doch genau das war es nicht, im Gegenteil: Es war eher ein Moment des Schreckens. Ich dachte nur: ‚Um Gottes willen, was passiert hier gerade!?‘ Wir hatten so lange auf diesen Erfolg hingearbeitet, und plötzlich war er da, ganz real: Wir waren Popstars. Und da standen sie vor mir, die Geister, die ich rief. Goethes Worte hallten in meinem Kopf. Der Traum war wahr geworden, doch er hatte mich überrollt – stärker und schneller, als ich es mir je hätte vorstellen können.“

Was die Buchbesprechung eines Popstars der 90er-Jahre in den Bloghausgeschichten zu suchen hat? Peter Freudenthaler und ich sind miteinander in Kontakt, nachdem er in dem Podcast „SWF3 – Das Phänomen“ dem Interviewer Gregor Glöckner erzählt hatte, wie ihn plötzlich Briefe von Hörern aus der ganzen Welt erreichten. Im Buch erzählt der „Lemon Tree“-Sänger jetzt auch meine erste Begegnung mit seinem Welthit:

Viele Menschen verbinden mit dem Song besondere Geschichten und Erlebnisse. Oder er begegnet ihnen an ungewöhnlichen Orten. Auch dazu erreichen mich immer wieder Nachrichten aus der ganzen Welt. Oftmals sehr berührend, wie die von Herbert Bopp, einem deutschen Journalisten mit Wohnsitz in Kanada, der mir folgende Mail zukommen ließ: „Ich war Mitte der 90er-Jahre mit dem GHAN-Train von Adelaide durchs australische Outback Richtung Alice Springs unterwegs. 24 Stunden durch die Wüste. Ursprünglich hatte ich wegen der langen Strecke ein First-Class-Ticket gebucht, aber dort war die Stimmung eher überschaubar. Also bin ich in den Speisewagen der dritten Klasse gewechselt – der tatsächlich ‚Waltzing Matilda‘ hieß. Was ich dort gesehen habe, werde ich nie vergessen: Ein Aborigine saß auf dem Boden und spielte ‚Lemon Tree‘ auf dem Didgeridoo, neben ihm ein Kerl mit dem Bongo. Um sie herum tanzten, klatschten und sangen Menschen aus aller Welt – Backpacker, Goldgräber, Abenteurer, Geschäftsleute und auch ein kanadischer Journalist mit deutschen Wurzeln.“

Noch einen weiteren lokalen Bezug habe ich in Peters Buch gefunden. Nicht sehr schmeichelhaft, aber amüsant zu lesen, schreibt Peter Freudenthaler über einen Auftritt in der Fachhochschule Biberach:

„Die Stimmung im Publikum pendelte zwischen höflicher Zurückhaltung und demonstrativem Warten auf den nächsten Drink. Nur bei einem Song kam plötzlich Bewegung in die Menge, ausgerechnet bei unserem einzigen Cover: Every Breath You Take von The Police. Kaum erklang das markante Riff, wurde getanzt und mitgesungen. Danach waren wir wieder eher die musikalische Begleitung für Menschen, die sich über das letzte Mathe-Skript unterhielten. Für uns war dieser Abend eine Lektion in Sachen Realitätsabgleich. Aber wir zogen auch diesen Auftritt durch, mit zusammengebissenen Zähnen und dem festen Willen, unseren Weg weiterzugehen. Rückblickend waren gerade diese Konzerte wichtig. Sie stärkten uns und härteten uns ab. Und sie machten uns klar, dass wir das hier nicht machten, um allen zu gefallen, sondern weil wir wussten, dass da etwas war, das wachsen wollte. Und als der Auftritt endlich vorbei war, waren wir alle heilfroh, Biberach den Rücken zu kehren.“

Es sind Anekdoten wie diese, die Peter Freudenthalers Buch so lesens- und liebenswert machen.

Hier ein aktuelles Interview mit der SWR-Landesschau Baden-Württemberg zum Erscheinen von „MEIN LEBEN ALS ZITRONENBAUM“


Entdecke mehr von BLOGHAUSGESCHICHTEN

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

2 Gedanken zu „Sein Leben als Zitronenbaum

  1. Pingback: Das Buch zum Song ist da! | BLOGHAUSGESCHICHTEN

  2. Being older than dirt, when I clicked on your post to read it, I thought it would be about Trini Lopez‘ 1965 version of the Will Holt folk song [Alie used to sing it all the time.]. But once again, you have expanded my horizons.

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar