
Zehn Stunden kein Wasser, 24 Stunden kein Strom – aber wir leben noch! Wer genau schuld an der Panne ist, bleibt das Geheimnis der Baggerfahrer und Buddler, die uns vermutlich die Chause eingebrockt haben. Rechtzeitig zum Einbruch der Dunkelheit war der Strom wieder da. Eine Bilanz:
Mein Anruf beim Stromversorger heute Morgen um 4:30 Uhr endete unbefriedigend. Gerade als der freundliche Kundenberater beginnen wollte, mir mit der Langmut, die an den Verfasser des „Hundertjährigen Kalenders“ erinnert, den Sachverhalt zu erklären, machte die Handy-Batterie schlapp.
Die konnte übrigens – dank Lores genialem Geistesblitz aus der Ferne – an einer ganz bestimmten Steckdose, die wohl auch bei Stromausfall im Flur funktioniert, geladen werden.
Und da die Goldgrube erst einmal gefunden war, schloss ich gleich noch die Nespresso-Maschine an und lud die Damen auf unserem Stock – ja, es sind ausschließlichh Damen – morgens um sieben zum Kaffeekränzchen ein.
An der Dunkelheit im kalten Apartment änderte das allerdings nichts. Statt das Martyrium in den eigenen vier Wänden auszusitzen, die zusehends kühler wurden, ging es fast den ganzen Tag in die wohl temperierte Montrealer Underground City. In der Stadt unter der Stadt gibt es hunderte Geschäfte, Restaurants, Kinos, Arztpraxen und sogar Zugang zu Kirchen und Fünf-Sterne-Hotels. Und Steckdosen, um den Akku des Handys wieder auf Vordermann zu bringen!
Ganz so pragmatisch denkt mein kluger Freund Peter nicht. Dr. Peter, den mein kaum weniger kluger Freund Frank einmal als „den letzten noch lebenden Universalgelehrten“ bezeichnete, schickte mir akademische „Halte-durch!“-Grüße – nicht ohne dabei in seine üppig gefüllte Schatzkiste literarischer Weisheiten zu greifen.
Die möchte ich hiermit, ohne ausdrückliche freundliche Genehmigung des Verfassers, weitergeben:
„Wo bleibt das Licht in der Finsternis, das uns die Bibel verspricht? Wohl nicht aus dem Osten, wo es traditionellerweise herkommen sollte. Das gibt eine Idee, wie unsere großen Dichter anno dazumal gearbeitet haben: mit einer Funzel, dicker Jacke, denn geheizt wurde sicher nur im Wohnzimmer. Um nicht völlig abzuschlaffen, ließ sich Schiller immer von einer Schale frisch duftender Äpfel inspirieren. Und der Weimarer Meister trabte auf und ab durch sein Arbeitszimmer und diktierte dabei seinem Sekretär, mit und ohne Kerzenlicht. Und wer spitzte die Federn an? Wie kriegte man die Tintenflecke an den Fingern weg? Gab es schon Notizblöcke & Zettelkästen?“
„Wäre doch mal ein Thema für dich“, frotzelt der Universalgelehrte noch in die Dunkelheit hinein, „schließlich wolltest du doch immer mal promovieren.“
Promovieren sicher nicht – aber aufschreiben will ich, was ist und was war. Das sei hiermit geschehen.