Bonjour aus dem „Green Spot“!

green

Kaum in Montreal zurück und schon das volle Verwöhnprogramm: Frühstück in St. Henri. In einem Diner mit grünem Blechdach und burgundroten Kunstledersitzen. Und an jedem Tisch eine Jukebox, die so retro-hip ist, dass seit den Glanzzeiten der Fab Four „It’s been a Hard Days Night“ die Charts anführt.

„The Green Spot“ kennt man in Montreal seit gut 70 Jahren. Der Diner an der Ecke Green Avenue und Rue Notre Dame mag nicht in jedem Reiseführer stehen wie der Smoked-Meat-Tempel „Schwartz’s“. Aber Kult ist das „Greasy Spoon“-Restaurant allemal.

Morgens um sieben, wenn der Tag in Montreal noch taufrisch ist, herrscht im Green Spot schon Hochbetrieb. Taxifahrer und Limo-Chauffeure, Obst- und Gemüse-Lieferanten von den nahe gelegenen Markthallen. Und ein veritabler Baseballprofi, den alle beim Namen kennen nur ich nicht. Und überhaupt: Was macht eigentlich die Dame mit den Highheels und dem Miniröckchen schon so früh am Morgen? Etwa Feierabend?

Die Serviererin heisst Linda. Der Name steht handschriftlich auf einem kleinen Ansteckschild, das sie an der Bluse trägt. Linda bringt ungefragt Kaffee mit Milch – kein Cortado wie in Palma. Aber ähnlich schwungvoll serviert wie in der „Bar Bosch“. So schwungvoll, dass die Speisekarte, die eigentlich für den Tisch gedacht war, auf dem Boden landet. Egal. Linda hat es eilig. Wo kommen wir denn da hin, wenn jede Serviererin auch noch die eigene Speisekarte vom Boden aufhebt!

Lindas Wurftechnik könnte noch ein wenig Übung vertragen. Nicht so das Frühstück. Es ist schlicht perfekt:

Spiegeleier mit Würstchen, Bratkartoffeln und den in Quebec unverzichtbaren „beans“. Dazu ein Melonenschnitz und zwei Orangenscheiben. Toast („dark or white?“) und ein Plastikdöschen mit Erdbeermarmelade der Marke „Good Morning!“ Das Ganze für weniger als 9 Dollar.

Komisch: Alle ausser mir scheinen das Québecois der Kellnerin zu verstehen, das sich in meinen Ohren eher nach Polnisch-rückwärts anhört als nach Französisch.

So gesehen fühle ich mich fast wie in Palma, wo die Kellner meiner Stammbar untereinander in einem für mich unverständlichen Spanisch parlieren, das sich „Mallorquin“ nennt.

Willkommen zu Hause! Wo immer das auch gerade sein mag.

Ein Gedanke zu „Bonjour aus dem „Green Spot“!

  1. Aha, timelag überwunden. Wieder Bericht wie immer, so bildreich und wortgewandt, daß ich fast bei Euch am Tisch sitze. Schön, daß Ihr wieder „an einem festen Platz“ zu denken seid. Gutes Einleben mit hoffentlich bald wieder heißem Wasser. Dann wird das mit dem Daheim-Fühlen sicher auch wieder einfacher.

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