Der „Secret Santa“ von Edmonton

Gedicht und Geschenkkarte: „A gift keeps on giving“. (© Screenshot CBC)

Weil 2020 schon genug Horrorgeschichten hervorgebracht hat, will ich das Jahr mit einer „Feel-Good-Story“ enden lassen. Es ist die Geschichte eines anonymen Schenkers (oder auch einer Schenkerin?), die zu Weihnachten 400 Haushalte mit Geschenkgutscheinen im Wert von je 250 Dollar beglückt hat.

North Glenora ist ein Bezirk von Edmonton, der, man ahnt es, nicht zu den teuersten Wohngegenden der Hauptstadt der Provinz Alberta gehört. Dort wohnen Leute wie Elisha Tennant. Die junge Frau hatte während der Pandemie ihren Job verloren und damit manchmal auch die Hoffnung, einigermaßen über die Runden zu kommen.

Als sie Heiligabend vor ihrer Haustür einen weissen Umschlag mit der Aufschrift „Secret Santa“ vorfand, dachte sie zunächst an eine Postwurfsendung, wie man sie in der Weihnachtszeit ja öfter mal ungefragt bekommt. Dann öffnete sie den Brief und fand ein in Kleinbuchstaben getipptes Gedicht vor. Und einen 250-Dollar-Geschenkgutschein von Walmart.

„Ich habe den ganzen Tag nicht aufgehört, vor Rührung zu weinen“, sagte die Frau einem lokalen Fernsehsender. Der Gegenwert des Gutscheins reiche ihr für einen Monat Lebensmittel einkaufen.

In einem anderen Stadtteil wohnt Christina Ignacio-Deines mit ihrer Familie. Auch sie fand den anonymen Brief vor ihrer Haustür. Und auch sie hatte während der Corona-Krise ihre Arbeit als Eventplanerin verloren. Doch ihr Mann arbeitete wie gewohnt weiter und es reichte, um ihre kleine Familie über Wasser zu halten.

Christina zögerte nicht lange und verschenkte den Gutschein an eine Organisation, die Menschen hilft, denen es schlechter geht als ihnen.

Vierhundert Familien waren es wohl, die mit den „gift certificates“ beschenkt wurden, berichtet der staatliche Fernsehsender CBC. Wer hinter der Aktion „Secret Santa“ steht, ist nicht klar. Nur so viel, dass er oder sie Hunderten von Menschen eine Freude gemacht hat.

Auch das Gedicht, das in jedem Umschlag steckte, hat es in sich. Es heißt dort: „Auch wenn es so aussieht, als sei die ganze Welt in eine schwarze Wolke gehüllt, gibt es eben auch Licht in diesen dunklen Zeiten. Man muss nur genau hinschauen“.

Im letzten Satz des Briefs appelliert der anonyme Spender noch an die Fairness der Empfänger: „Wenn Du jemanden kennst, der das Geld nötiger hat als Du, dann verschenke es bitte weiter“. Christina Ignacio-Deines hat es getan – und vermutlich noch viele andere.

Im Englischen gibt es für diese Art des Verschenkens einen hübschen Ausdruck: „A gift keeps on giving“. Der „Secret Santa“ von Edmonton hat die Form des Schenkens neu definiert.

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