Ein Wiedersehen mit Winnipeg

Wiedersehen mit Christa in den „Forks“, dort wo sich Assiniboine River und Red River kreuzen.

Fünf Jahre sind wir nicht mehr geflogen. Seit gestern machen wir Kurzurlaub in Winnipeg, der Hauptstadt der Prärieprovinz Manitoba. Zwischen Montreal und Winnipeg liegen 1800 Kilometer, knapp drei Flugstunden. Und doch kommt es mir vor, als wäre ich einmal um die Welt gereist.

Es gab in den vergangenen Jahren immer wieder Gründe, nicht zu reisen. Sie hatten mit gesundheitlichen Einschränkungen zu tun, aber auch mit Covid. Jetzt haben wir’s gewagt. Es war ein seltsames Gefühl, nach so langer Zeit wieder in einem Flieger zu sitzen. Für jemanden, der sein Leben lang viel gereist ist, fühlte es sich fast unwirklich an, endlich wieder unterwegs zu sein.

Die Air-Canada-Crew war großartig. Mein Rollator muss beim Flughafen-Servicepersonal eine Art Helferinstinkt ausgelöst haben. Vom Einchecken in Montreal bis zum Aussteigen in Winnipeg war immer jemand zur Stelle, der mir geholfen, mich bedient und betüttelt hat. Das ist in der Holzklasse alles andere als selbstverständlich.

Unsere erste Reise nach so langer Zeit sollte einer ganz besonderen Person gelten. Wir sind zu Gast bei unserer wunderbaren Freundin Christa. Sie ist die Witwe meines damaligen Chefredakteurs Bernd Längin, der viel zu früh im Alter von 67 Jahren verstorben ist. Christa ist aber auch die Frau, die mich damals wie eine Mutter aufgenommen hat, als ich 1973 als 24-Jähriger in Winnipeg ankam. Dabei ist sie gerade mal fünf Jahre älter als ich. Das Herz hatte sie schon damals auf dem richtigen Fleck, daran hat sich bis heute nichts geändert.

Die Reise nach Manitoba war ein Versuch: Geht Fliegen überhaupt noch mit all meinen Zipperlein und der sehr eingeschränkten Mobilität? Ja, es geht. Eine Langstrecke würde ich mir aus vielerlei Gründen trotz allem nicht zumuten wollen. Mein Freund Frank hatte wie immer den richtigen Spruch auf den Lippen: „Mal sehen. Palma ist ja eigentlich auch nur eine kurze Langstrecke.“

In Winnipeg habe ich insgesamt fünf Jahre meines Lebens verbracht. Das letzte Mal war ich vor 15 Jahren hier. Viel hat sich geändert, vieles aber auch nicht. Der Straßenverkehr ist im Vergleich zu Montreal eine Wohltat. Weit und breit keine Baustellen, kaum Stau, keine Umleitungen, keine Polizeisirenen. Dabei hat Winnipeg inzwischen immerhin auch knapp eine Million Einwohner.

Winnipeg liegt inmitten der kanadischen Prärie, dem Brotkorb Kanadas. Die Stadt als den Nabel der Welt zu bezeichnen, wäre so, als würde man Ummendorf die Perle Süddeutschlands nennen. Beide haben ihren Charme – Ummendorf und Winnipeg. Aber trotz der großartigen Gastfreundschaft unserer Freundin schlägt mein Herz für Montreal, daran wird sich wohl auch nichts mehr ändern.

Downtown Winnipeg: „Winterpeg“ nennen Ketzer die Stadt wegen ihrer extremen Temperaturen.
Das offizielle Autokennzeichen von Manitoba ist Programm: Freundliche Autofahrer sind hier nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
Wo der Assiniboine River auf den Red River trifft, sind Frachtzüge nicht weit. Winnipeg gilt bis heute als wichtigster Knotenpunkt der kanadischen Eisenbahn.