
Soraya Martínez Ferrada – mit so einem schönen Namen wird sie es hoffentlich auch schaffen, eine tolle Stadt wie Montreal noch toller zu machen. In der vergangenen Nacht wurde sie zur neuen Oberbürgermeisterin der Stadt meines Herzens (DSMH © Stefan M.) gewählt.
Zusammen mit ihrem Ensemble Montréal wird sie die nächsten vier Jahre die Geschicke Montreals übernehmen. Sie ist erst die zweite Frau im Rathaus und die erste mit lateinamerikanischen Wurzeln.
Soraya Martínez Ferrada wurde vor 53 Jahren in Santiago de Chile geboren. Als Achtjährige entkam sie zusammen mit ihren Eltern den Krallen des Militärregimes unter Augusto Pinochet und ließ sich in Montreal nieder.
Mit einem Master in Business in der Tasche ging sie schon früh in die Politik, zuerst als Stadträtin, zuletzt als Ministerin für Tourismus im Kabinett des liberalen Premierministers Justin Trudeau.
Tourismus-Ministerin dürfte in einer Regierung so ziemlich das Sahnestückchen unter allen Kabinettsposten sein: Reisen um die Welt, roter Teppich, Cocktails und Sternehotels. Wer würde so einen Posten freiwillig aufgeben? Genau: Soraya Martínez Ferrada.
Aber warum nur? Sie wolle frischen Wind nach Montreal bringen. 100 Tage will sie ihrem Ensemble Montréal geben, dann möchte sie die ersten Ergebnisse sehen: Sind wirklich all die in Montreal berüchtigten „Orange Cones“ notwendig – diese Straßenmarkierungen, die oft monatelang irgendwelche Baustellen absichern, an denen längst nicht mehr gebaut wird? Straßenreparaturen müssen sein, schon klar, aber müssen sie wirklich Monate, manchmal sogar Jahre dauern?
Den sozialen Wohnungsbau möchte sie antreiben, aber auch soziale Brennpunkte entschärfen. Vor allem aber will sie so schnell wie möglich das Thema Wohnsitzlose angehen. Inzwischen gibt es Tausende von ihnen. Sie campieren an Bahngleisen, an Autobahnauffahrten und in öffentlichen Parks, in Zelten, in Kartonhütten oder einfach unter freiem Himmel.
Mit ihrer Erfahrung im Bundeskabinett hofft Señora Martínez Ferrada, bei der Beschaffung öffentlicher Mittel zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit erfolgreicher zu sein als ihre Vorgängerin Valérie Plante.
Die verfolgte bei ihrer Wahl vor zwölf Jahren übrigens fast ein identisches Wahlprogramm wie Soraya Martínez Ferrada. Anfang des Jahres verkündete sie ihren Rücktritt. Grund: Amtsmüdigkeit und Erschöpfung.
