
Keine Ahnung warum, aber seit gestern gehen mir unentwegt Südfrüchte durch den Kopf. Vielleicht liegt es daran, dass wir in einem extrem nordischen Klima leben und der Süden weit, weit weg ist. Wahrscheinlich hat es aber damit zu tun, dass ich gestern an der Selbstbedienungs-Kasse im Supermarkt mit meinen Bananen zu kämpfen hatte. Weil kein Barcode an ihnen klebte, musste der Preis-Scanner passen und eine zu Hilfe gerufene Verkäuferin einspringen.
Orangen brachte bei uns schon sehr früh der Nikolaus ins Haus. Meistens waren es Nabelorangen und ich fragte mich jedesmal, warum eine so wunderschöne Frucht den Namen eines nicht sehr attraktiven Körperteils trägt. Die Antwort bleiben mir die Wortschöpfer übrigens bis heute schuldig.
Bis ich meine erste Orange am Baum hängen sah – nicht am Weihnachtsbaum, sondern an einem richtigen Orangenbaum – vergingen Jahrzehnte. Ich glaube, es war bei meiner ersten Kalifornien-Reise in den Achtzigern, genau weiss ich es nicht mehr. Die erste Grapefruit, die damals in Deutschland noch Pampelmuse hieß, winkte mir jedenfalls in Florida vom Baum.
Massenhaft Orangen sind mir dann auf Mallorca begegnet. Auch Jahre nach unserem ersten Langzeitaufenthalt konnte ich mich der Faszination von frischen Orangen an alten Bäumen nicht entziehen. Bei einer Wanderung sah ich zum erstenmal nicht geerntete Orangen im Dreck liegen. Die Bauern hatten sie einfach den Hühnern zum Fraß überlassen anstatt sie von den Bäumen zu pflücken. Es war ein trauriger Anblick.
Mit Bananen bin ich groß geworden. Das heißt mit Bananen-Verkäufern. Das waren jene Marktschreier, die vom Lastwagen aus Bananen in die Runde warfen, als hinge das Wohl der Menschheit von mehr Bananen ab. Je länger man dem „Billigen Jakob“ zuhörte, desto billiger wurden die Bananen. Vater hielt es immer besonders lange aus. Ich glaube, es ging ihm damals nicht so sehr um den Preis. Er war einfach, wie ich auch, fasziniert von den Marktschreiern.
Meine erste Bananenstaude schleppte ich auf dem Rücken durch Ummendorf. Als Schüler jobbte ich manchmal bei einer lokalen Spedition und half beim Entladen der Fernlaster. Als einmal ein Lkw aus Hamburg eintraf, voll mit Bananenstauden, war ich so fasziniert, dass ich wohl das Entladen vergaß. Der Brummi-Fahrer hatte ein Herz für einen Ummendorfer Bub und schenkte mir eine ganze Staude.
Wie eine Trophäe trug ich sie stolz auf dem Rücken durchs Dorf. Der Enthusiasmus meiner Familie, daran erinnere ich mich noch genau, hielt sich angesichts der gewaltigen Bananenstaude in Grenzen. Die Früchte waren grasgrün und damit ungenießbar. Irgendwie hatten wir dann auch den Reifeprozess verpasst und die schönen Bananen landeten auf dem Kompost.
Auch hier dauerte es Jahrzehnte, bis ich Bananen-Stauden vor Ort bewundern konnte. Es war Anfang der 80er-Jahre in Kuba. Plötzlich kamen mir die Südfrüchte weniger exotisch vor, denn sie waren massenhaft den Schweinen zum Fraß vorgeworfen worden.
Ananas – was für ein wunderschönes Wort! “Ananas oder Anatrocken?”, kalauerte schon mal der Obstverkäufer im Ummendorfer “Konsum”.
Ananas, wie sie vor Ort geerntet wurden, konnte ich Ende der 90er-Jahre auf Hawaii bestaunen. In der Nähe von Honolulu besuchte ich eine “Pineapple Farm”. Es bot sich mir ein bizarrer Anblick.
In den Früchten steckten Kabel, die mit einem Zentralcomputer verbunden waren. Hatte die Ananas den perfekten Reifegrad erreicht, wurde ein ebenfalls computergesteuerter Greifarm aktiviert, der die Frucht pflückte und fast lautlos in eine Kiste legte, die dann auf einem Fließband in Richtung Kühlhalle tuckerte.
Eben stelle ich fest: An einem kanadischen Wintermorgen über Südfrüchte zu plappern, macht Appetit und lässt Fernweh aufkommen. Da Reisen zurzeit nicht auf dem Programm stehen, muss ein frischer Obstteller genügen.
Mit einer saftigen Orange und einer goldgelben Banane. Die Arme hatte es gestern gerade noch aus dem Supermarkt geschafft und muss ihr kurzes Leben jetzt leider auf meinem Frühstücksteller beschließen.
Orangen-Impressionen aus Mallorca:




Your story has prompted me to recall a loving „tropical fruit memory“ of fresh, ripe, juicy mangoes growing wild & draped over the roadside as we walked along Cane Garden Bay on Tortola in the British Virgin Islands where my beloved & I were spending our honeymoon in 1983. Some would fall to the road with a splat but others fell into our hands! They were the tastiest mangoes ever!🌴
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Ich teile deine Begeisterung für Südfrüchte voll und ganz. Hier noch ein Versuch , die „Wortschöpfer“ der Nabelorange zu rehabilitieren: Bei der Nabelorange wächst tatsächlich eine Zwillingsfrucht. Die zweite Frucht bleibt aber unterentwickelt. Von der Außenseite hat es dann den Anschein eines menschlichen Nabels, daher der Name.
Der Bauchnabel ist übrigens eine weitgehend unterschätzte erogene Zone, es gibt endlose Abhandlungen zu diesem Thema. Wie dankbar wir doch sein können, dass so viele von diesen Südfrüchten heutzutage so leicht zugänglich sind! Health & Happyness wünscht R.
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Na was hast du gegen den Nabel. Von der Nabelschnur bist auch du ernährt worden. Also Nabelorange ist ein guter Name 😂
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…macht Lust!
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Ich habe auf Oahu vor vielen Jahren mal die riesige Dole-Ananas-Plantage auf dem Schofield Plateau besucht, und war mächtig beeindruckt. Vor allem von dem dazu gehörenden Laden, in dem alles feil geboten wird, was man aus Ananas herstellen kann – was war das für eine Vielfalt!
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Das ist ja interessant, was du da schreibst.* Besonders das über den Reife- und Ernteprozess der Ananas.
Ich kann mich noch sehr gut an den 1. Zitronenbaum erinnern, den ich in Griechenland gesehen habe und auch an den herrlichen Duft dieser Zitronen! Seit dem rieche ich immer an den Zitronen, leider vergeblich, denn sie sind immer „duftlos“.
Orangen habe ich auch schon an Bäumen gesehen (in einem Klosterhof in Dubrovnik) den Rest der von dir aufgezählten Früchte leider nicht!
* Es ist immer interessant, was du schreibst!
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Mir fällt da noch das „Peach Valley“ in Kanada ein (Okanagan area) selten so leckere Pfirsiche und Äpfel gegessen wie dort. Meinen ersten Avocado Baum habe ich auf Madeira gesehen, meine ersten Bananen auf Gran Canaria und Ananas und Papayas (?!) ebenfalls auf Hawaii. Abgesehen von dem tollen Anblick sind Früchte und co. Ja direkt vom Baum / Strauch auch immer die leckersten, oder?! 😃
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