Zu Fuß allein zum Nordpol

Wenn ich auf Reisen bin, kann ich leider nicht täglich bloggen. Deshalb der Griff ins Archiv. Hier finden Sie von Zeit zu Zeit die Textversion meiner Hörfunk-Reportagen. Die Manuskripte wurden nicht aktualisiert!

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NORDPOL / KANADA

Meterhohes Packeis und Schneestürme bei minus 45 Grad. Frostbeulen an Händen und Füssen. Und dann noch ein abgebrochener Zahn: Nichts, auch nicht die Gefahr, von Eisbären angegriffen zu werden, konnte Pen Hadow davon abhalten, seinen Traum auszuleben: Als erster Mensch wollte er den Nordpol im Alleingang und ohne moderne Hilfsmittel erreichen. 

Er hat es geschafft. Nach 64 Tagen ist der 41-jährige Engländer am Pol angekommen. Schon wenige Minuten später telefonierte er mit seiner Frau Mary im heimischen Dartmoore.

In England nennen sie ihn „the human ice breaker“, den menschlichen Eisbrecher. Mitte März war der Mann vom nördlichsten Punkt Kanadas aus losgezogen: Mit einem paar Skiern, Trockennahrung für zwei Monate, einem Satellitentelefon und einem drei Zentner schweren Schlitten. Der Schlitten diente ihm beim Durchschwimmen von offenen Wasserstellen vorübergehend auch als Lastkahn.

Drei Wochen nach dem Start ein herber Rückschlag: Einer der Skier verschwand im Wasser. Von jetzt an stapfte Pen Hadow zu Fuss durch Eis und Schnee. Ende April dann eine weitere Panne: die Batterien des Satellitentelefons wurden immer schwächer. Den letzten Anruf sparte er sich für ein Gespräch mit seiner Frau auf. Die organisierte von England aus dann die Rückholaktion vom Pol per Flugzeug.

Gesponsert wurde der Treck durchs Eis von mehreren Airlines, einem Outfitter, einem Lebensmittelkonzern und einer Londoner Zeitung. Ein  Jahr hatte sich Pen Hadow auf das größte Abenteuer seines Lebens vorbereitet. Im englischen Fernsehen erläuterte er kurz vor dem Start seine Reiseroute.

Dass er ein Besessener sei, habe sie spätestens gewusst, nachdem er sein Trainingsprogramm aufgenommen hatte, sagte seine Frau Mary in einem Telefoninterview.

Mit dem Solomarsch zum Pol ist dem Vater von zwei kleinen Kindern etwas gelungen, was vor ihm noch keiner geschafft hat. Zwei Abenteurer hatten den Versuch Anfang der 80er-Jahre kurz hintereinander gewagt – ohne Erfolg: Ein Rettungstrupp holte die Wanderer per Flugzeug ab.

Die Liste der missglückten Nordpol-Expeditionen ist lang. Den wohl schrillsten Versuch unternahm 1983 ein junger Italiener. Er wollte mit dem Motorrad zum Nordpol. Lenkstange und Rahmen hatte er mit Trockennahrung ausgestopft. Pech für den Abenteurer: Bereits nach einer Woche ging ihm der Sprit aus.                             (Sendung vom 21-5-2003)