„Die Heimat im Ohr“. Dieser schöne Satz stammt von Lore. Sie gab ihn heute beim Frühstück von sich, nachdem sie am Abend zuvor in der ARD-Mediathek „Trash Detective“ gesehen hatte. Das ist einer dieser zauberhaften Filme, die vermutlich nur Schwaben verstehen.
Bei uns daheim wird Schwäbisch gesprochen. Nicht die Stuttgarter Akademiker-Variante, wie sie etwa die Herren „Häberle und Pfleiderer“ verwendeten, die in den 50er- und 60er-Jahren über süddeutsche Schwarz-Weiß-Bildschirme flimmerten. Aber auch nicht das krasse Ummendorfer Umlach-Schwäbisch.
Dort ist der Satz: „D’r Eberhard soll da Apprat na trah“ nicht etwa zu Chinesisch mutiert, sondern bedeutet nichts anderes als: „Der Eberhard soll den Apparat hinuntertragen“. Dienstag heißt bei uns nicht wie in Ummendorf „Zaischdig“, sondern „Dienschdag“.
So viel Zugeständnis an das Hochdeutsche muss sein.
Schwäbisch ist für uns kein politisches oder gar landsmannschaftliches Statement. Es ist einfach die Macht der Gewohnheit, die den Dialekt in unserem Hause am Laufen hält. Und das, obwohl wir seit 35 Jahren nicht mehr im schwäbischen Sprachraum leben, sondern in Kanada.
„Würde es Ihnen etwas ausmachen, in ihren Korrespondenten-Beiträgen statt ‚Samstag’ ‚Sonnabend’ zu sagen?“, fragte mich der NDR-Redakteur schon ganz zu Beginn meiner Radio-Laufbahn höflich, aber bestimmt. Natürlich machte es mir nichts aus.
Umgekehrt haben es die KollegInnen vom SWR immer gerne gehört, wenn „das Schwäbische“ auch in meinen Rundfunkbeiträgen hörbar war. „Fanget Se jetzt bitte it damit a, aus’m Samstag en Sonnabend zu macha„, ist mir die Warnung eines Kollegen vom Sport noch in guter Erinnerung.
„Hoscht scho a Görlfriend“?, wollte ein „Hutterer“ einmal von mir wissen. Für die Nachkömmlinge Südtiroler Sektierer, die in „Kommunen Gottes“ auf „Bruderhöfen“ in der kanadischen Prärie leben und nie Schriftdeutsch gelernt haben, ist es einfacher, auf Schwäbisch zu kommunizieren als auf Hochdeutsch oder gar Englisch.
Unser Sohn Cassian, gebürtiger Montrealer, hatte das große Glück, mit drei Muttersprachen aufzuwachsen. Deutsch wurde ihm in die Wiege gelegt. Englisch und Französisch musste er sich schulisch hart erarbeiten. Heute spricht und schreibt er alle drei Sprachen akzent- und fehlerfrei wie ein „native speaker“.
Beim Schwäbisch kommt er allerdings schon mal ins Schleudern. Da wird der Hochzeitstag dann zum „Heiratsdag“. Und dass er bei einem Wirtshausbesuch im Allgäu trotz fließender Kenntnisse der Landessprache nicht wusste, was ein „Spezi“ ist, empfand die Kellnerin fast als einen persönlichen Affront. „Aber du schwätscht doch sonscht so guat Schwäbisch“?, entfuhr es ihr.
Das Wort „Spezi“ war ihm trotzdem fremd. Woher sollte er es auch kennen? Den Getränkemix gibt es nun mal nicht in Kanada.
Video: „Häberle und Pfleiderer“ mit Willy Reichert und Oscar Heller
„Hoscht scho a Görlfriend“? > Besuch auf einer Hutterer-Kolonie in Manitoba <
Den Schpieker kenne ich!!!!
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Herrlich, wie immer! Wenn nur in der Stuttgarter Gegend wenigstens heutzutage noch dieses Häberle ond Pfleiderer-Schwäbisch gschwätzt werra dät! Der Beitrag mit dem Higgser (oberschwäbisch für Hägger) gehört zu den Höhepunkten. Wobei ich den Oskar Heiler immer noch einen Tick besser finde als den Willi Reichert. Wunderbar auch der Beitrag über die Hutterer, die mich so ein klein bisschen an die Armish people erinnern, die ich mal in Pennsylvania erlebt habe. Und dann noch die wunderbare Stimme des Speakers. Kennst Du den zufällig?
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Eine wunderbare Geschichte, die mich an meine Jahre auf der schwäbischen Alb erinnern. Damals, zwischen dem 12. und dem 16. Lebensjahr musste ich Schwäbisch als Fremdsprache lernen. Ein wenig kann ichs immer noch.
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