Wenn ich etwas verabscheue, dann ist es eine Gemeinsamkeit mit Donald Trump. Aber jetzt ist es passiert: Ich hatte – zwar nicht per Twitter, aber in meinem Blog – vorlaut verkündet, wie wunderbar doch das Leben am Meer sei. Jetzt weiss ich es besser: Ich möchte nie dauerhaft am Meer leben!
Die Faszination für das animalische Brüllen, das orgastische Stöhnen, die rohe Gewalt des Meeres, die bei mir noch vor zwei Monaten Begeisterung ausgelöst hatte, ist vorbei. Ich finde – Achtung, Erste-Welt-Problem! – das Leben am Meer mega-anstrengend für die Sinne. Und ganz oft nervt es.
Ist der Himmel grau, spiegelt sich die Farbe ziemlich plump im Meer und das Wasser wird dunkelgrau. Grau und Grau ergibt eine Mischung, die keiner will.
Regnet es, dann regnet es überm Meer besonders heftig. Stürmt es, türmen sich die Wellen vor deinem Wohnzimmerfenster meterhoch und die Gischt des Meeres sorgt für eine Unruhe in dir, vergleichbar mit der Angst des Torwarts vor dem Elfmeter.
Und überhaupt: Gestern noch war die Plexiglasverschalung an deinem Balkon klar und durchsichtig, heute überzieht sie eine Schicht von Meersalz, manchmal mischt sich goldgelber Sahara-Sand darunter. Meerschicht statt Meersicht.
Dann spielen sich in deinem Kopfkino Tsunamis ab, bei denen Menschen aus mehrstöckigen Hotels zurück ins Meer geschleudert werden, wo sie von Haien aufgefressen werden, schlimmstenfalls auch von Ertrinkenden.
Die Boote und Surfbretter, die im Hafenbecken unter deinem Fenster geparkt sind, werden im Sturm wütend, fangen an zu klappern, zu pfeifen und zu johlen. Und wenn du Pech hast, johlen die Besitzer gleich mit, denn sie befürchten jetzt den Totalverlust ihres Besitzes und damit ihres Image.
Manchmal, ganz selten, zeigt sich das Meer aber auch von der liebevollen Seite. Von der Seite, wie wir es aus dem photogeshopten Reiseprospekt kennen. Beruhigend und als Seelenbalsam. Aber es sind flüchtige Momente, die kommen und gehen und kaum eine Chance haben, sich in deine Erinnerungsfestplatte einzubrennen.
„Du wusstest das alles“?, fragte ich neulich meinen Atlantik-erfahrenen Freund, der mir in jedem Punkt Recht gegeben hatte. „Klar“, sagt der und setzt noch einen drauf: „Und bestimmt fühlt sich so nah am Meer alles total klamm an“.
„Genau so ist es“, sage ich. Und höre SIE jetzt schon sagen: „Der ist doch selber klamm im Kopf! Wie kann einer das Leben am Meer nicht mögen“?
Sie haben gut reden auf ihrem gemütlichen Sofa, von dem aus Sie ihrem Rasenroboter bei der Arbeit zuschauen, wie er fast mühelos und unglaublich nervenschonend Halm für Halm streichelt, ehe er ihn dann liebevoll köpft und zu duftendem Heu macht.
Und weit und breit kein Meer …
Erstmal: guuuuuut geschrieben…Meerschicht statt Meersicht (wer kommt auf sowas??!!)…Erinnerungsfestplatte…toll! Am besten hat mir gefallen: „talverlust ihres Besitzes und damit ihres Image.“ Tja, das Image…aber zum Thema. Sohnemann hat jetzt 3 Jahre erste Meereslinie in Son Caliu gewohnt. Mit Freude aber auch Wehmut (oder war es Wermut?:-)) ging es jetzt nach Maria de la Salut. Weit und breit kein Meer. Auch wir werden es vermissen. Und anders als Herbert konnte ich schlechtem Wetter stets etwas abgewinnen: dann war es am Strand vor dem Balkon schön ruhig. Keine Gäste in der Gastronomie und nur ein paar Hundebesitzer die trotz Schildern ihre Hunde dort Gassi machen ließen. Aber eine Immobilie in erster Meereslinie? Nein danke, nicht bezahlbar und so gerne putze ich nun auch wieder nicht die Fenster. Dann lieber die kleine Finca im „echten Mallorca“…z. B. in Maria…!
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Zwischen den Zeilen lesen hilft 🤣
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Da ist was dran, lieber Harry 🤪
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Herbert, muss ich mir Sorgen machen?! Ich kann deine Zeilen nach langer Überlegung nur so interpretieren: Du willst alle potentiellen Mallorca-Urlauber mit aller Macht von Deiner
Lieblingsinsel feenhaften, damit du dort Deone Ruhe hast…😊 Gruß Harry
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Oh, oh, das hört sich aber gar nicht gut an. Kann es sein, dass dieser El Ni~no- Winter und andere Imponderabilien an diesem Sinneswandel schuld sind? Ich hatte so etwas schon aufgrund der reduzierten Foto-Galerien von Wanderungen befürchtet. Aber so hart? Ich würde dem Meer schon noch eine Chance geben.
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