Einmal Hölle und zurück

Es keucht und kracht und ächzt und knattert. Und macht der Teufel dann irgendwann mal Pause, beginnt das akustische Trommelfeuer ein paar Schrecksekunden später wieder von Neuem. Wer einmal ein MRT über sich ergehen lassen musste, weiß, wie sich die Hölle anfühlt. Hier kocht Luzifer noch persönlich.

Der Magnetresonanztomograph ist so sperrig wie sein Name. Hier werden Schichtaufnahmen mithilfe von Magnetfeldern und Radiowellen erzeugt. So werden Gehirn, Herz, Brust und Bauchorgane sichtbar gemacht.

Was den Radiologen freut, versetzt den Patienten in Angst und Schrecken. Genau eine Stunde dauerte das Klopfkonzert in der Röhre heute. Um festzustellen, wie krank eine chronisch entzündete Bauchspeicheldrüse wirklich ist, muss sie durch den digitalen Fleischwolf gedreht werden. Erst dann kann der Pankreas-Spezialist später sein Urteil abgeben.

MRT sind in Deutschland gang und gäbe. In keinem Land der Welt werden Menschen häufiger in die Röhre gesteckt.

In Kanada beträgt die Wartezeit für ein MRT vier bis fünf Monate, manchmal auch ein Jahr. Ich hatte Glück: Seit meiner Diagnose sind knapp 13 Wochen vergangen.

In Kanada werden Magnetresonanztomographien in homöopathischen Dosen verschrieben. An der Zahl der MRT-Geräte in den Krankenhäusern kann es kaum liegen. Viele von ihnen setzen Staub an. Es liegt vielmehr am mangelnden Personal, das die Computerröhren fachkundig bedient.

Die Pforte zur Hölle.

Gutes Personal kostet Geld. Und genau daran mangelt es dem „besten Gesundheitssystem der Welt“, wie der kanadische Mythos von der medizinischen Rundumversorgung in deutschen Medien oft kolportiert wird.

Nur wenige meiner kanadischen Freunde lagen schon einmal „in der Röhre“. Für viele deutschen Kumpel ist der Magnetresonanztomograph so etwas wie ein „home away from home“.

Dabei grenzen Hämmern und Kreischen im geschlossenen Tunnel an vorsätzliche Körperverletzung. Da nützt es auch wenig, dass der Panik-Button den Gefolterten mit der Außenwelt verbindet. Der werde, sagte mir Natascha, die MRT-Technikerin in einer Montrealer Uni-Klinik nach der einstündigen Prozedur, nur äußerst selten betätigt.

Schon klar: Wird das Höllenspektakel unterbrochen, fängt der Spuk von vorne an – und damit unter Umständen das Warten auf den nächsten Termin.

Wie man sich freiwillig in die Röhre schieben lassen kann, ist mir ein Rätsel. Eiin Schneewittchensarg mutet dagegen wie ein Himmelbettchen an,

Junge Frauen in Amerika bezahlen heutzutage viel Geld, um sich von den Haarwurzeln bis zu den Zehennägeln durchscannen zu lassen. Was Kim Kardashian gut findet, kann so schlecht nicht sein, meinen viele der schönheritswahnsinnigen Influencerinnen.

Für mich war es heute das zweite Mal in meinem 75jährigen Leben. Ich hoffe, der Trip zur Hölle bleibt mir künftig erspart.

4 Gedanken zu „Einmal Hölle und zurück

  1. Da habe ich es zum Glueck hier besser, denn zum Einen bekomme ich immer laermdaempfende Kopfhoerer und zum Anderen bekomme ich Termine in unserem oertlichen Krankenhaus innerhalb hoechstens einer Woche.

    Die Kopfhoerer nehmen zwar nicht die Geraeusche komplett weg, aber sie machen diese wirklich ertraeglich: ueberhaupt kein Problem. Und das ist schon gut, denn mindestens einmal im Jahr muss ich in die Roehre, zur Nachkontrolle eines Nierentumors, der von ein paar Jahren beseitigt worden ist.

    Und mit unserem Krankenhaus hier bin ich wirklich zufrieden: Terminnot gibt es nicht, ob MRT, CT oder Roentgen. Nachdem mein Hausarzt mich beim Krankenhaus angemeldet hat, bekomme ich die Rueckmeldung innerhalb von zwei oder drei Tagen, und dann eben einen Termin innerhalb von hoechstens einer Woche.

    Und das Beste: als Selbstzahler bekomme ich hier einen Rabatt von bis zu 50%!!! Ein Oberkoerper MRT kostet mich dann noch ca. 650 Dollar. Und die bekomme ich voll und ganz von meiner deutschen Krankenversicherung [70% vom Staat und 30% von meiner privaten] ersetzt.

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  2. Guten Morgen!

    Aus meiner jüngsten Erfahrung weiß ich, dass es sehr hilft, wenn das MRT mit einem spricht. ;)

    Da einem im Gerät jegliches Zeitempfinden abhanden kommt (und MRTen zickig auf Armbanduhren etc. reagieren) sagt das Gerät artig an, was es jeweils zu tun gedenkt und wie lange dies dauert. So werden die unterschiedlichen Knattergeräusche angekündigt, das Gehirn weiß dann: „Ok, alles erklärt!“ und aktiviert dann offenbar weniger heftig den körpereigenen Panikmodus. Bei mir hat es funktioniert.

    (Zwar fühlt man sich kurzfristig an „HAL 9000“ aus dem Film „2001, Odyssee im Weltraum“ erinnert, aber das MRT kann ja nichts dafür, dass ich Stanley Kubrick-Fan bin.)

    Ob der MRT-Einsatz immer sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Mögliche Alternativen wie Siechtum und/oder Schlimmeres sind im Zweifel deutlich unattraktiver.

    In diesem Sinne hoffe ich, dass Dir/Deiner Gesundheit der Aufenthalt in der Röhre von großem Nutzen war!

    Ein schönes Wochenende wünscht herzlich,

    Prensal

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