
Als Liedermacher und Poet war Leonard Cohen für mich, trotz seiner eher überschaubaren Körpergröße von 175 Zentimetern, schon immer der Größte. Um den Einfluss zu verstehen, den Cohen noch immer auf Montréal hat, muss man nur die Aussichtsplattform des Mount Royal besuchen, die sich 233 Meter über dem Meeresspiegel, 100 Meter über den Dächern der Stadt erhebt.
Erst vor zwei Tagen wurde mir wieder einmal bewusst, mit welcher Wucht der 2016 verstorbene Künstler die Stadt meines Herzens auch architektonisch geprägt hat. Vom Mount Royal aus ragt Cohens Konterfei an einer 22 Stockwerke hohen Hauswand wie ein kunstvoll gestaltetes Ausrrufezuchen in den Himmel, als wolle er uns sagen: Vergesst mich nicht!
Die Art und Weise, mit dem viele Montrealer ihrem geliebten Sohn nachtrauern, grenzt schon an einen Erinnerungskult, der Cohen selbst möglicherweise eher peinlich gewesen wäre.
2017, ein Jahr nach seinem Tod, wurde das monumentale Werk eingeweiht. Miles MacGregor aus Los Angeles und Gene Pendon sind die kreativen Köpfe hinter dem Wandgemälde. Sie nannten ihr Werk Tower of Song – eines der schönsten Lieder aus Cohens Feder.
An dem Gemälde, das von der Non-Profit-Organisation MU gesponsert und finanziert wurde, waren neben den beiden Künstlern 13 Assistentinnen und Assistenten beteiligt.
In tausenden Arbeitsstunden ist es ihnen gelungen, mit 240 Eimern Farbe den Mann auf 930 Quadratmetern so darzustellen, wie ihn die meisten Montréalais in Erinnerung haben: einfühlsam und charmant. Ein Geliebter, ein Liebender, ein Gentleman.
Die Vorlage für das Bild lieferte ein Foto, das Cohens Tochter Lorca im Jahr 2008 von ihrem berühmten Vater gemacht hatte.





Das Kunstwerk an der Crescent Street im Montréal Bar-Distrikt ist nicht das einzige, das Cohens Heimatstadt ihrem großen Sohn gewidmet hat. Ganz in der Nähe des Boulevards St. Laurent, Cohens bevorzugter Flaniermeile, wurde ein neun Stockwerke hohes Gebäude mit einem weiteren Wandgemälde geschmückt. Dieses Mural stammt von Kevin Ledo. Fotos: Bopp – Mu – Privat
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Ach gäbe es doch mehr solcher Bilder in anderen Städten! Möglichst Bilder jener, die noch in der Lage sind, eine große Fülle an Gefühlen zu zeigen und bei den Zuhörern auszulösen. Solche Bilder erinnern daran, dass es wichtigere Dinge gibt als Coca Cola, Samsung, Hyundai oder Apple. Auch wenn ich sonst etwas skeptisch bin ob der Heldenverehrung, beim Blick auf die supergroßen Bilder von Leonard Cohen kommt mir überhaupt keine Skepsis in den Sinn. Vielleicht, weil er kein Held ist? Vielleicht, weil er so menschlich sein konnte?
Danke für deine Erinnerung!
Achim
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