Tschüss, Tageszeitung!

Lesen Sie überhaupt noch Print? Oder wohnen Sie auch schon im Internet? Eben habe ich das Abo meiner Tageszeitung gekündigt. Nach mehr als 20 Jahren. Ich brauche die „Montreal Gazette“ nicht mehr in der Druckversion. Meine tagesaktuellen Nachrichten beziehe ich aus dem Netz. Und Hintergrund-Berichterstattung war ohnehin nie die Stärke meiner Lokalzeitung.

Dass meine Zeitung von heute auf morgen die Sonntagsausgabe eingestellt hat, trägt auch nicht gerade zu einer harmonischen Leser-Blatt-Beziehung bei. Gleich gar nicht, wenn kurze Zeit danach der Abo-Preis erhöht und nicht etwa gesenkt wird. Mehr Geld für weniger Leistung? Irgendwas stimmt da nicht.

Gestern schon gelesen: Die Nachricht von heute

Das Hauptproblem, das ich mit der Printausgabe meiner Zeitung hatte: 90 Prozent der Nachrichten kannte ich schon aus dem Internet. Entweder von den Webseiten der lokalen Fernseh- und Radiosender. Oder sogar von der Gazette-Plattform selbst.

Eben lese ich im Internet(!): Jeder dritte Montréaler (35 Prozent) denkt offensichtlich genauso. In Deutschland sind es der Zeitungs Marketing Gesellschaft (ZMG) zufolge nur 19 Prozent, die ihre Zeitung ausschließlich online lesen. Ich schätze mal, dieses digitale West-Ost-Gefälle hat damit zu tun, dass viele Blätter in Nordamerika schon sehr früh online an den Start gegangen sind. The Halifax Daily News war bereits 1994 als erste kanadische Tageszeitung mit einer Internet-Ausgabe präsent.

Der Blätterwald möge noch lange rascheln

Von einem überwiegenden Internet-Leseverhalten bei Zeitungen sind wir also noch weit entfernt – und das ist gut so. Ich liebe das Rascheln im Blätterwald noch immer. Und es wird hoffentlich noch lange weitergehen.

Aber es muss ja nicht unbedingt von meiner Gazette kommen.