Das Internet kennt keine Gnade

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Ich will Ihnen ja keine Angst machen. Aber überlegen Sie sich gut, was Sie mir ins Gästebuch schreiben. Das Internet ist wie ein hungriger Elefant, der nichts vergisst. Nehmen wir einfach mal den früheren Formel-Eins-Boss Max Mosley. Er ist reich und berühmt. Aber dank des Internets ist er ein gehetzter, armer Wicht. Im Netz werden nämlich wie verrückt Bilder angeklickt, die Mr. Mosley bei einer Sex-Orgie zeigen.

Dabei wäre es für Google & Co. ein Leichtes, die peinlichen Treffer zu löschen. Aber die Suchnasen weigern sich, Herrn Mosley von seiner Scham zu erlösen. Angeblich, weil sie „nicht Internet-Polizei spielen“ wollen. Selbst wenn sich die Suchmaschinen-Betreiber doch zur Tilgung entschließen könnten, wären garantiert noch irgendwo Restbestände im WWW zu finden, die nicht mehr einzufangen sind.

So manchen holt die digitale Vergangenheit wieder ein

Anderes Beispiel: Bei einem Reportereinsatz nach den 9/11-Anschlägen in New York hatte ich in Manhattan einen jungen Deutschen interviewt, der dabei war, als die Türme fielen. Dieser Mensch hatte mir einige Beschimpfungen in den Block diktiert, auf die er hinterher nicht mehr stolz war. George Bush habe Blut an den Händen. Seine Politik sei Kriegstreiberei. Dinge, die einem in der damaligen Hektik schon mal durch den Kopf gehen konnten. Die man aber, anstatt sie einem Onlinejournalisten zu erzählen, vielleicht doch lieber für sich behalten sollte. Die Zitate standen hinterher auf der Internetseite eines öffentlich-rechtlichen Onlineportals.

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Letzte Rettung digitaler Radiergummi. © ZDF

Jahre später wurde mein Gesprächspartner von seiner Vergangenheit eingeholt. Aus dem Heißsporn von damals war ein Politik-Reisender geworden. Klar, dass er sich jetzt nicht gerne mit Beschimpfungen gegen die damalige US-Regierung googeln lassen möchte, eher er vielleicht auf amerikanischem Boden eine Rede hält. Seine 9/11-Zitate wurden zwar auf Bitten des Mannes hin gelöscht. Aber vermutlich sind noch immer Datenbrösel davon im Netz zu finden.

Selbst wenn es gelingt, Grenzwertiges aus dem Internet zu nehmen, ist die Gefahr groß, dass die Inhalte nicht lückenlos entfernt werden konnten. Der Google-Zwischenspeicher – „Cache“ genannt – grabscht sich oft die erste Version einer Seite ab. Die schlummert dann unter Umständen für die digitale Ewigkeit im Nirvana des Internets.

Der „digitale Radiergummi“ funktioniert nur bedingt

Für manche ist das gute Gedächtnis des Internets jedoch ein Glücksfall geworden. Es gibt Firmen, die sich auf die Löschung von Internet-Inhalten spezialisiert haben. Mit guten, aber nicht immer herausragenden Ergebnissen, wie ich beim Selbstversuch im Auftrag eines Kumpels festgestellt habe. Offensichtlich gibt es den perfekten digitalen Radiergummi eben immer noch nicht.

Und überhaupt: Facebook? Viel Glück, wenn Sie dort mit 800 Millionen anderen unterwegs sind! Ich bin’s nicht. Mein Feuersessel ist der Blog. Auch nicht ganz ungefährlich, aber überschaubar.

Über Ihren Kommentar zu diesem und anderen Themen freue ich mich sehr. Jetzt erst recht.