JAKOBSWEG, Tag 35 – 28 Kilometer von Sarria nach Portomarin.
FÜR RICKY
Wir widmen jeden Tag unserer Pilgerreise einem Menschen, der uns viel bedeutet hat, aber nicht mehr unter uns weilt.
Wir haben’s doch nicht getan. Das Pilgergewissen hat uns keine Ruhe gelassen. Deshalb sind wir heute früh nicht etwa mit dem Bus von Sarria nach Portomarin gefahren, sondern im strömenden Regen losgewandert.
Jetzt, 28 Kilometer später, sitzen wir wieder einmal völlig durchnässt in einem sehr bescheidenen Hostel und warten darauf, bis die paar Klamotten, die wir mit uns schleppen, aus dem Trockner kommen.
Lassen wir das mit dem Wetter. Nur so viel: Es nervt. Nach drei Tagen mit fast ununterbrochen Regen, Schnee und Sturm sehnen wir uns nach Wärme und Sonne. Morgen vielleicht?
Dem Wetterbericht nach eher nicht.
Ob wir vielleicht doch etwas ausgefressen hätten?, unkt der Freund aus Köln und nimmt dabei Bezug auf den lustigen Bayern, der uns in Kuba genau diese Frage gestellt hatte, nachdem wir ihm im Februar von unseren Camino-Plänen erzählt hatten.
Es ist wie es ist. Und überhaupt hat uns niemand auf den Jakobsweg geprügelt, auf dem wir heute seit genau fünf Wochen unterwegs sind. Die Entscheidung, dieses Abenteuer auf uns zu nehmen, haben wir bislang trotz einiger Frustmomente keine Sekunde lang bereut.
Man wächst an seinem Rucksack und den spürt man zunehmend weniger, wie wir heute beide unabhängig voneinander festgestellt haben. Wer dermaßen mit dem Wetter zu kämpfen hat wie wir in den letzten Tagen, kommt überhaupt nicht dazu, sich über solche Kleinigkeiten wie zu schwerer Rucksack, Wasserblasen an den Füßen oder Muskelkater aufzuregen.
Wenn uns etwas nervt, dann sind es die unglaublich vielen Menschen, die inzwischen auf dem Camino unterwegs sind.
Kein Vergleich zu den ersten Wochen, als wir manchmal stundenlang alleine waren, ehe uns andere Pilger begegneten. Oft verlor man sich dann zwar wieder aus den Augen, freute sich aber riesig, wenn man sich dann Tage später wieder begegnete.
Inzwischen kann man von Glück reden, wenn man ab und zu noch mit einem „Buen Camino“ begrüßt wird. Die meisten Menschen ziehen grußlos an einem vorbei.
Trifft man sich in einer Bar am Wegesrand, gibt es dort ein Geschubse um die besten Plätze „wie in einer Skihütte in der Hochsaison“, wie Lore heute feststellte.
Meistens sind es Tagestouristen oder Späteinsteiger, denen die letzten 100 Kilometer vor Santiago genügen, um nach der Ankunft kurz ihre Pilgerurkunde in Empfang nehmen zu können.
„Man fühlt sich zwischen all den Wandertouristen plötzlich als nichts Besonderes mehr“, schreibt mir Andrew aus Melbourne über WhatsApp, der wie wir fast 800 Kilometer auf dem Camino zurückgelegt hat.
Aber der Camino gehört allen und jeder soll auf seine Art die Erfüllung finden, die er sucht. Nur würde ich mir wünschen, dass auch die Kurzzeitpilger dem Jakobsweg den nötigen Respekt zollen.
Sich an einer Dorfkirche gegenseitig abzulichten, wie man die Kirchenglocken zum Läuten bringt, indem man sich an die Seile hängt, ist sicherlich nicht in Jakobus‘ Sinne.
Vielleicht geht uns an regnerisch-kalten Tagen wie diesen aber auch einfach die nötige Gelassenheit ab, um mit der neuen Wirklichkeit auf dem Camino umzugehen.
So erhoffen wir uns für morgen freundlichere Mitpilger, weniger Regen und wenn’s geht mal wieder Sonne und trockene Wanderklamotten.
In diesem Sinne schicken wir versöhnliche Grüße in die hoffentlich trockenere Welt da draußen und sagen:
Buen Camino aus Portomarin.

Wir sind endlich in Rente!

Seit heute weniger als 100 Kilometer bis Santiago.
Wirklich? Das klingt gut!
Ich bin schon dabei mich zu informieren, was man alles dafür braucht. Denn der Rucksack wiegt ja dann auch einiges.
Liebe Grüße
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Ich kann dich nur dazu ermutigen, das zu tun. Wir treffen viele Frauen, die „alleine“ unterwegs sind. So richtig allein bist du ohnehin nie. Wenn du das möchtest, kannst du dich immer jemandem anschließen.
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Ich überlege auch schon seit einem Jahr den Jakobsweg anzutreten. Nur alleine, als Frau… Trotzdem läßt mich der Gedanke nicht los und wenn ich Euch so dabei „zusehe“ wird er nur noch stärker. Danke für die schönen Bilder und Respekt für Euer Durchhaltevermögen! Trotz des Wetters 🤗
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Hallo ihr zwei unermüdlichen Pilgerer,
Alle Achtung für das Durchalten. Unglaublich, ich hätte wahrscheinlich schon viel früher die “ Flinte in’s Korn geworfen“.
Wir sind heute in unserem zweiten Zuhause in Südfrankreich angekommen. Leider mit 2 Stunden Verspätung, wegen technischem Defekt am Flieger. Wären wir mal auch gelaufen, wie ihr das unermüdlich tut.
Ich wünsche Euch weiterhin alles Gute und bon Camino!
Herzliche Grüße
Martina
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Dearest Pilgrims, You are giving the Camino your all! Clearly, you are determined to accomplish it to the very end without a day off or a bus ride. Sending you warmest wishes for your continued safety & health with Buen Camino vibes in abundance!💕 (Some sun would help, too!🌞)
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Aber ihr seid schöne rote Farbtupfer in der Landschaft!😉
Weiterhin buen camino und auf dass der Wettergott bald Einsehen mit euch hat!
Viele Grüsse
Christa
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Danke! Wir versuchen, positiv zu bleiben 😀
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Respekt, Respekt, ihr zieht das offensichtlich durch, egal ob Dauerregen, matschig, glitschig usw. Ich bewundere eure Ausdauer und wünsche für die letzten Etappen Wetterbesserung und genussvollere Tage, ihr schafft das. Vielen Dank für immer sehr schöne Fotos, selbst im Matsch!
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