Verschnaufpause im Bloghaus

Genau fünf Monate alt ist der Kanada-Blog heute – und es ist kein Tag ohne neuen Eintrag vergangen. Jetzt ist Zeit für eine Pause. Um den Akku aufzuladen, neue Ideen zu entwickeln, Erlebnisse aufzuarbeiten. Geschichten gibt es noch jede Menge. Viele davon liegen bereits in der Schublade, sie müssen nur noch erzählt und aufgeschrieben werden. Aber das hat Zeit. Ihnen gibt die Pause hoffentlich Gelegenheit, ein wenig im Blog zu stöbern und die eine oder andere Geschichte zu lesen, die Ihnen in der Hektik des Alltags vielleicht entgangen ist. Danke, dass Sie mich bis hierher begleitet haben. Bis bald!

Kleines Jubiläum im Bloghaus

Grund zum Feiern: Heute lesen Sie den einhundertsten Blog-Eintrag. Dabei ist mein Baby gerade mal drei Monate alt. Im August 2011 hatte alles angefangen: Ein gescheiterter Versuch, Hilfe in der Notaufnahme eines kanadischen Krankenhauses zu bekommen, brachte mich auf die Idee, mir den Frust von der Seele zu schreiben. Motto: Warum muss ich meinen Friseur damit nerven? Es gibt doch schließlich das Internet.

Seit diesem Eintrag über die Krankenversorgung in Québec verging kaum ein Tag ohne neues Thema. Bei der Kritik am Gesundheitssystem ist es nicht geblieben. Einstürzende Brücken und ausgetrocknete Wasser-Reservoirs. Promi-Begegnungen und Abenteuer im Yukon, in Alaska und in Mexiko – das alles passte wunderbar in mein Blog-Konzept: Menschen mit Geschichten. Erzählt ohne literarischen Anspruch. Und ohne die ständige Angst im Nacken, journalistische Grundsätze zu verletzen. Einfach schreiben dürfen wie einem der Schnabel gewachsen ist. Wer weiß, wohin die Reise noch führt.

Nach drei Monaten und einhundert Stories: Danke!

Danke, dass Sie mir treu geblieben sind. Danke, dass dieser Blog inzwischen von vielen Menschen auf mehreren Kontinenten gelesen wird. Danke für die zahlreichen Kommentare. Danke, dass Sie mich auch weiterhin auf meiner Reise durch die großen und kleinen Abenteuer des Lebens begleiten möchten.

Und es wird immer spannender. Demnächst werde ich über ein Indianertreffen an der Biegung des Flusses in Wounded Knee berichten. Und vom Besuch bei einem Cree-Indianer-Stamm unterhalb des Polarkreises. Sie werden von Geisterstädten lesen und von ausgefallenen Sportarten. Eine davon: Unterwasser-Eishockey. Eine der packendsten Reportagen meiner Korrespondenten-Zeit führte mich vor einigen Jahren durch halb Amerika, bis hoch nach Alaska. Ausgerechnet für den „Playboy“ bin ich auf den Spuren eines Aussteigers gereist, der in Alaska eingekesselt wurde und dort einsam und allein starb. Die Geschichte wurde später sogar verfilmt: „Into The Wild“ von Sean Penn.

Übrigens: Am kanadischen Gesundheitssystem hat sich seit meinem ersten Blog-Eintrag nichts geändert. Ich warte seit fünf Monaten auf einen Facharzt-Termin, seit drei Monaten auf einen Termin für eine Nachuntersuchung. Dafür sind alle Kanadier, die ich kenne, noch immer die freundlichsten Menschen der Welt. Dass der Umweltschutz auf ihrer Wichtigkeit-Skala nach wie vor ziemlich weit hinten rangiert, ist ebenfalls Fakt.

Ich liebe mein Baby!

Logo: BlogBlogBaby

So ein Blog ist eine feine Sache. Man kann damit sein Plapperbedürfnis stillen. Freunde und Familie darüber auf dem Laufenden halten, was hier so abgeht. Auch zum Dampf ablassen eignet sich so ein Blog wunderbar. Und überhaupt: Wer braucht heute noch einen Therapeuten? Blogpapier ist geduldig, umweltfreundlich und gratis.

Gerade mal sieben Wochen ist es jetzt alt, mein Baby. Und ich liebe es mit jedem Tag mehr. Es ist zwar ständig hungrig. Aber es schreit nicht, schläft durch und hat inzwischen viele Bewunderer. Ein richtiger Wonneproppen, dieses Blöggle. Manchmal bekommt mein Baby auch Geschenke. Die kommen dann ins Kommentar-Fach.

Doch wie jedes Baby braucht auch mein Blog viel Aufmerksamkeit. Das Füttern ist manchmal schwierig. Es passieren schließlich nicht jeden Tag weltbewegende Dinge. Aber oft sind es gerade die Erlebnisse auf den Nebenschauplätzen, die Menschen berühren, interessieren, unterhalten. Einen anderen Anspruch erhebe ich ja auch gar nicht.

Mir tut der Blog gut. Lore findet, ich sei viel ausgeglichener, seitdem ich wieder mehr schreibe. Genau: Dieses Schreiben hat mir in all den Jahren schon sehr gefehlt. Fürs Radio plappern ist toll und bringt sogar richtig Kohle. Seminare geben: Wunderbar. Aber nichts ist so schön wie eigene Texte zu verfassen und dabei Stimmungen, Informationen, ja sogar Gefühle zu transportieren. Und wenn es dann noch Menschen wie Sie gibt, denen meine Blog-Geschichten Freude machen, ist der Dichter glücklich und zufrieden. Wie ein Baby.

Aber ich merke schon jetzt: So ein Blog kann manchmal auch stressig sein. Habe ich niemanden vergessen, der eine Erwähnung verdient? Stimmen die Locations, die  Daten, die Fakten? Wer hat nun den Spruch kolportiert, wonach Gäste nach drei Tagen anfangen zu stinken wie Fische? War ich es, wie Michael aus München in einer Mail behauptet? Oder doch etwa er? Aussage gegen Aussage. Sagen wir einfach: Der Fischvergleich ist nicht ganz frisch. Benjamin Franklin (1706-1790) soll ihn auch schon herangezogen haben..

Noch so eine Blog-Falle: Trete ich der Frau an meiner Seite auf die Seele, wenn mit dem alten Leben auch alte Lieben zur Sprache kommen? Bisher ging alles gut. Keine Regressansprüche, keine Schadensersatzklagen, keine Scheidungsdrohungen. Nur Liebesbezeugungen.

Da freut sich mein Baby.

Blog-Schock am Morgen

Ganz ehrlich? Die zahlreichen Reaktionen auf meinen kleinen Kanada-Blog („My little dog-and-pony-show“, würde David Letterman sagen) haben mich total überrascht und auch ein bisschen berührt. So viel Anteilnahme an unserem Leben in Kanada hätte ich nicht erwartet. Nach gerade mal sieben Posts war meine Mailbox bereits heute früh zum Bersten voll – wie schön! Es freut mich, dass offensichtlich so vielen von euch meine kleinen Schmankerln aus dem ganz normalen kanadischen Wahnsinnsalltag gefallen. Nach so vielen Jahren in Hörfunkstudios und Seminarsälen hatte ich schon fast vergessen, wie viel Spaß das Schreiben machen kann. Jetzt habe ich den schönsten Beruf der Welt eben ins Internet verlegt.

Das beste daran: Ich kann endlich ohne Zeitdruck schreiben, muss keine Themenvorgabe beachten und auch keine journalistischen Grundsätze einhalten. Auf meiner eigenen Plattform darf ich (hoffentlich!) ungestraft Information und Meinung vermischen, Spekulationen anstellen und bei den Fotos sogar auf die im Onlinejournalismus vorgeschriebenen ALT-Tags verzichten. (SeminarteilnehmerInnen: bitte weghören!) Nur einem journalistischen Prinzip werde ich auch auf dieser Spielwiese treu bleiben: Was wahr ist, muss wahr bleiben.

Mein Uralt-Kumpel Börnie sorgt sich um mich von seiner Allgäu-Ranch aus: das willst du jetzt täglich machen? immer eine neue geschichte? wäre mir zuviel arbeit. aber vielleicht ist täglich ja auch nicht nötig. ich habe deinen dienst jedenfalls jetzt mal abonniert und werde ihn immer mal wieder überfliegen. das meiste aus deiner privatsphäre kenne ich ja sowieso schon, außer wenn du in neuen filmen warst.“

Na bitte. Jetzt weiß Börnie eben auch so weltbewegende Dinge, wie oft ich im Kino war und ob es sich gelohnt hat, $ 5.99 für einen eher peinlichen Chick-Flick hinzulegen. Ob der Blog täglich, wöchentlich oder alle drei Tage erscheint – das wird sich zeigen. Schließlich peile ich damit kein Geschäftsmodell an. Auch das empfinde ich als einen Luxus, den ich nie hatte: Ich gönne mir künftig die Freiheit, den Erscheinungsrhythmus selber zu bestimmen.

Ahhh … die Gnade des Alterns.