Beten für die Eisheiligen

Zwei Dinge, so will ein Radiosender ermittelt haben, bringen die Montréaler mehr in Wallung als alles andere. Eins davon ist Hockey. So hoch reicht die Verehrung der Götter auf Skates, dass die katholische Kirche jetzt einen Werbefeldzug gestartet hat: Um die „Montréal Canadiens“ in die Playoff-Runde zu bringen, helfe nur noch beten. Entsprechende Anzeigen wurden in allen großen Zeitungen der Dreieinhalb-Millionen-Stadt geschaltet.

Goalie Carey Price ©hockeyindependent

Die Aussichten der Montréal Canadiens auf einen Playoff-Spot sind schlecht. Nur die ersten acht NHL-Teams aus den East- und West-Konferenzen der Liga haben eine Chance, ins Endspiel zu kommen. Die restlichen 14 Teams gehen leer aus. Die Montréal Canadiens liegen zurzeit an 12. Stelle. Und weil der sportliche Einsatz allein die Hockey-Cracks nicht so richtig weiter bringt, musste eben der liebe Gott her. „Prions!“, heißt es in der Anzeige an der Stelle, an der eigentlich der Achtplatzierte der Eastern Conference stehen müsste. „Lasset uns beten!“. Ob der Appell in einem Teil Kanadas hilft, in dem nicht einmal zehn Prozent der Bevölkerung zur Kirche gehen, ist fraglich. Aber einen Versuch sei es wert, sagt Lucie Martineau, die PR-Frau der katholischen Kirche in Québec. Gute Werbung für Gott ist es allemal.

Die Sache mit den Eisheiligen hat in Québec Tradition. Als der Torhüter der „Canucks“, wie das Team liebevoll genannt wird, noch Patrick Roy hieß und nicht Carey Price, tauften die Fans den Star-Goalie in „St. Patrick“ um. Auch die Radio- und TV-Kommentatoren setzten dem Jungen den Heiligenschein auf, indem sie ihn bei Pressekonferenzen schon mal mit „Saint“ anredeten. Und das Hockey-Jersey der Montréal Canadiens wird von Fans und Presseleuten noch heute gottesfürchtig “La sainte flanelle” genannt, das Heilige Trikot.

Ein Jahr ohne Tor: Scott Gomez ©CBC

Trotzdem: Die Zeiten, da Gott den Verein in die Endrunde führte, scheinen vorbei. Der Rekord-Klub, der bislang 24 mal den Stanley Cup holte, dümpelt vor sich hin. Da half auch ein Trainerwechsel nichts. Im Gegenteil: Dass der neue Coach kein Französisch spricht, nahmen frankokanadische Fans dem Besitzer des Vereins so übel, dass der um sein Kerngeschäft fürchten musste. Die „Canadiens“ gehören der schwerreichen Familie Molson. Die wiederum braut Bier. Als Geoff Molson das Schicksal der Montréal Canadiens dem englischsprachigen Coach Randy Cunneyworth anvertraute, liefen franko-nationalistische Fans massenweise Sturm. Und tranken fortan das Bier der Konkurrenz.

Doch es gibt auch gute Nachrichten aus dem Hockeylager: Scott Gomez hat vor ein paar Tagen ein Tor geschossen. Das wäre nicht weiter erwähnenswert für einen der bestbezahlten Hockeyspieler der Welt. Aber es war sein erstes Tor seit mehr als einem Jahr.