Alles wegen George Clooney

Es wird wieder mal geschossen in unserem Dorf. Ein Film. Ich vermute es wenigstens, denn vorhin, auf dem Rückweg vom Liquor Store, ist mir eines dieser gelb-schwarzen Hinweisschilder begegnet, die Schauspieler, Komparsen, Fahrer und anderes Hilfspersonal in die richtige Richtung weisen. Wer lange genug hier lebt, kennt das schon: Erst die „To Set„-Plakate für die Filmschaffenden. Dann die Parkverbotsschilder für den Rest der Welt. Wenn dann endlich die Wohnwagen-Karawane durch den Ort rollt und auf irgend einer Wiese das Filmcamp mit Küche, Garderobe, Schminktrailer und Ruhesalons für die Schauspielerinnen aufgeschlagen wird, kann es sich nur noch um Jahre handeln, bis der Film im Kino zu sehen ist.

Wie im Kino: Robert de Niro im Fluchtbus

Filmreif: Parken verboten. Wieder mal.

Hudson ist auf der Leinwand dann oft nicht mehr wiederzuerkennen: Ein idyllisches Fischerdorf an der Ostküste (Lake of Two Mountains wird plötzlich zum Meer). Ein gottverlassener Ort im Mittleren Westen (jede Menge Acker und Viehzucht). Oder auch ein nobler Ferienort für Heiratsschwindler oder Bankräuber (verwegene Verfolgungsjagd auf der Main Road). Alles schon mal dagewesen. In einem Film schafft es Robert de Niro gerade noch, mit seinem Fluchtbus auf die Fähre zu hüpfen, mit der wir regelmäßig den Lake of Two Mountains überqueren, wenn wir zur Blockhütte fahren. Komisch. Das haben wir noch nie fertiggebracht. Dass Hudson als Drehort für Hollywoodfilme so beliebt ist, hat mehrere Gründe. Einer davon ist natürlich die zauberhafte Kulisse. Der andere: Es ist wegen der Versicherungs- und Lebenshaltungskosten kostengünstiger, hier zu drehen, als in Montana, Massachusetts oder Beverly Hills. Außerdem sind hier die Menschen einfach netter. Behaupte ich mal.

Eine Villa mit Helikotper für John Travolta

Häuschen für John

In unser kleines Dorf kommen also hin und wieder richtig große Stars. Vor einiger Zeit war John Travolta hier. Und weil er kein passendes Mietobjekt finden konnte, wo er während des zwei Monate dauernden Shootings wohnen mochte, kaufte er sich gleich eine komplette Villa, mit Helikopter-Landeplatz und einer privaten Zufahrtstraße, die bei Tag und Nacht von großen Männern mit kleinen Knöpfen in den Ohren bewacht wurde. Seine eigene Boeing 747 hatte er derweil im VIP-Hangar unweit des Montréaler Flughafens geparkt. Auch Nick Nolte war hier und musste zusehen, wie sein kleines Farmhaus in Flammen aufging. (Seltsam: Ich fahre laufend daran vorbei und es steht noch). Die Villa, in der Bette Midler für ein Film-Musical domizilierte, steht übrigens zurzeit zum Verkauf.

Kein „Happy Birthday“ mit George Clooney

Sushi für George

Der Tag, an dem George Clooney in unserem Dorf auftauchte, war ein Dienstag. Nach den Dreharbeiten kam er zum Speisen in ein hübsches Landgasthaus am Ufer des „Lake of Two Mountains“. Dort feiern wir seit vielen Jahren Lores Geburtstag. Als Stammgäste ist uns stets ein Fensterplatz mit Blick auf den See sicher. Das war auch an diesem Abend nicht anders. Abgesehen davon blieb an dem Tag, als Hollywood nach Hudson kam, nichts, wie es war. Als wir den Speisesaal betraten, war gerade die Sonne hinter den beiden Hügeln untergegangen. Das Restaurant war an diesem Abend menschenleer. Sieht man einmal von unserer kleinen Geburtstagsgesellschaft ab.

Im Schlepptau: Drei schnatternde Hühner

Tatort Restaurant: George was here!

Unsere Bestellung: „Einmal Sushi, bitte!“ – „Geht heute leider nicht“, beschied die gestrenge Frau. Der Sushi-Chef habe seinen freien Tag. Dann eben die Dorade für Madame, Prime Rib für den Sohnemann. Und Pasta für Papa. Zwischen Suppe und Hauptspeise geht die Tür auf. Herein kommt ein sichtlich abgekämpfter Mann mit drei schnatternden Görlies im Schlepptau. Irgendwie kleiner sieht er aus als im Film, der Herr aus Hollywood, fast schmächtig. Aber ein Strahlemann wie aus dem Kino. Und diese Augen! Ein höfliches Nicken in unsere kleine Runde, dann gibt er die Bestellung auf. Salate für die Girls, Sushi für den Herrn. Wasser für Alle. Habe ich richtig gehört: Sushi? Sushi!!! Die gestrenge Geschäftsführerin greift zum Telefon. „Sushi-Chef kommt gleich, Mr. Clooney!“

Vergessen und vergeben: Nicht nachtragend sein!

Wieder versöhnt: Unser Lokal mit Seeblick

Der Sushi-Meister kommt, George Clooney bleibt. Wir sind leicht angesäuert und auch ein bisschen gekränkt. Lores Geburtstag haben wir dort seit dem Sushi-Debakel nicht mehr gefeiert. Schon beleidigt. Bleibende Schäden hat der Abend bei uns trotzdem nicht hinterlassen. Während seiner Studentenzeit jobbte unser Bub später fünf wunderbare Sommer lang als Kellner in besagtem Seerestaurant. Und auch wir haben uns längst wieder mit dem Tatort versöhnt. Erst neulich waren wir wieder mit liebem Besuch aus dem Allgäu dort. Herrlich. Auch ohne George.

Und natürlich musste ich unbedingt den Film sehen, der uns George Clooney damals in Hudson bescherte. In „Confessions of a Dangerous Mind“ treten neben Clooney übrigens noch Sam Rockwell, Drew Barrymore und Julia Roberts auf.

Ich finde, George hat schon besser gespielt.

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