Leider nein. Das kanadische Gesundheitssystem ist krank. Es fehlen Ärzte, Krankenhäuser, Krankenhauspersonal. Ganz besonders bekommen dies die Bewohner der Provinz Québec zu spüren. Weil viele Absolventen der medizinischen Fakultäten nicht, wie vorgeschrieben, fließend zweisprachig englisch und französisch sind, bleibt immer mehr jungen Ärztinnen und Ärzten nichts anderes übrig als in anderen kanadischen Provinzen zu praktizieren. Oder, noch besser: In den USA. Dort mag zwar das Gesundheits-Versicherungssystem kranken, nicht aber die medizinische Versorgung. In Kanada ist es umgekehrt: Jeder Bewohner des Landes hat Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung. Nur: Was nützt es, wie in meinem Fall, wenn ich wegen einer schmerzhaften Bänderzerrung am Knie keinen Arzt zu Gesicht bekomme? Meine Hausärztin ist vor kurzem in den Ruhestand gegangen. Einen neuen Hausarzt zu finden, ist so gut wie unmöglich. Das Boot ist voll, die Ärzte sind überlastet. Es fehlt – siehe oben – an Nachwuchs. Was also tun, wenn medizinische Versorgung dringend notwendig ist? Blieben zwei Möglichkeiten: Sogenannte „Walk-in-Clinics“ (WIC) oder die Notaufnahme in den Krankenhäusern. WIC’s operieren nicht rund um die Uhr und sind oft hoffnungslos überfüllt. Bliebe die Notaufnahme im Krankenhaus. Wirklich? Als ich neulich wegen meines Knies zur Emergency ging und nach sechs Stunden Wartezeit immer noch keinen Arzt zu Gesicht bekam, ging ich unverrichteter Dinge nach Hause. Gegen Mitternacht, nach SECHSSTÜNDIGEM Warten, kam eine freundliche Sekretärin und beschied den etwa 50 Frauen, Männern und Kindern im Saal, es könne noch weitere vier bis sechs Stunden dauern, bis wir an der Reihe sind. Der einzige diensthabende Notarzt sei mit Unfallpatienten beschäftigt. Ein gesundes Gesundheitssystem sieht anders aus