Multikulti fängt beim Essen an

Wenn unser Freundeskreis zusammentrifft, wird das Wohnzimmer zur UNO-Vollversammlung. Und die Küche zum internationalen 5-Sterne-Restaurant. Dolmetscher? Nicht nötig. Irgendwie verstehen sich alle. Außer Deutsch, Englisch und Französisch gibt es ja noch die Sprache, die durch den Magen geht.

Vera stammt aus Indien. Ihre Currygerichte sind legendär und fehlen bei keiner Party. Dabei muss es nicht immer Bhuna Gosht, Chicken Curry oder Beef Vindaloo sein, mit dem sie ihre Freunde verzückt. Diesmal brachte sie einen Topf Gemüse mit. Es war Rosenkohl mit Curry angemacht. Lecker. Aber bestimmt in keinem indischen Restaurant zu finden.

Ute stammt aus Mainz. Den Truthahn bereitet sie typisch kanadisch zu. Mit einer Cranberry Sauce die hier bei keinem Turkey-Dinner fehlen darf. Diana bringt Süßigkeiten aus dem Libanon. Wenn sie von Beirut erzählt, schwingt auch heute noch ein Hauch von Wehmut mit. Linda aus Newcastle bringt die schräge Liebenswürdigkeit der Briten mit an den Tisch. Ihr Mann Claude den herben Charme des Québecker Bonvivant. Dann wäre da noch Sue aus Santa Barbara. Als kalifornisches Beach Girl verbringt sie manchmal viele Wochen am Stück bei den Inuit in der kanadischen Arktis. Liegt ja auch nahe, dass man sich zu den Eskimos hingezogen fühlt, wenn man am Pazfikstrand aufgewachsen ist.

Multikulti Montréal

Fast immer dabei auf unseren Multikulti-Feten sind Elke und Ain. Elke: Das Berliner Wunder auf zwei Beinen. Ain: Estlander mit Rundumerfahrung auf sämtlichen Kontinenten. Ebenfalls einen ständigen Sitz am UNO-Tisch haben Marjolaine und Doug. Marjo: Aufgewachsen als Kind eines echten kanadischen Lumberjacks in den Wäldern von Abitibi. Heute ist sie Abgeordnete für die Partei der linken Sozialdemokraten (NDP) im Bundesparlament in Ottawa. Ihr Mann Doug ist Journalist. Und so ganz nebenbei der beste Grillmaster, den ich kenne. Und natürlich Lore und ich. Zwei Schwabokanadier, die es irgendwann hierher verschlagen hat.

Nicht dabei waren diesmal Murene und Vagn. Sie: Haitianerin, die sich am wohlsten fühlt, wenn sie ihre Harley satteln kann. Er: Däne, der aussieht wie ein Wikinger, der sich nach Kanada verirrt hat.

Das ist sie also, unsere kleine Kanada-UNO. Eine typisch Montréaler Tischgesellschaft. Gleich geht’s zum Flughafen. Marie-Anne abholen. Sie besucht uns heute aus der Schweiz.

Typisch Montréaler Dinnerparty: Die ganze Welt an einem Tisch