Es gibt Situationen im Leben, die würde man am liebsten für immer konservieren. Und manchmal wird dieser Wunsch sogar wahr. Gestern zum Beispiel: Vater und Sohn gemeinsam in einem Film. Jeder war unabhängig voneinander zu einem Casting für einen Werbespot gegangen. Und beide haben wir unsere Rollen bekommen. Gestern war Drehtag.
Der Vater hat ein gelebtes Berufsleben hinter sich und manchmal mehr freie Zeit als ihm lieb ist. Der Sohn steht mittendrin im Leben und gönnt sich hin und wieder die Freiheit, vor der Filmkamera zu stehen. Wer in einem Medienhaushalt aufgewachsen ist, hat keine Angst vor dem großen Auftritt. Mikrofon- und kamerascheu war das inzwischen 26jährige Kind noch nie.
Dreharbeiten sind vertragsmäßig mit viel Geheimniskrämerei verbunden. Deshalb an dieser Stelle nur so viel: Der Werbespot ist für einen der ganz großen deutschen Automobilhersteller und wird schon bald als Web-TV im Internet zu sehen sein.
Wenn der Sohn den Vater interviewt
Die Location für den gestrigen Dreh war das Montrealer Kongresszentrum. Die Handlung ist schnell erzählt: Ein Reporter macht vor laufender Kamera eine Straßenumfrage. Die Fragen waren von der Regie vorgegeben, die Antworten sollten spontan kommen. Die Ironie an der Besetzung des Werbespots: Den Reporter spielte nicht etwa der Vater, der ein Leben lang in genau diesem Beruf sein Geld verdient hat, sondern der Sohn. Dafür muss ich heute dem Sohn als einer der befragten Passanten Antwort stehen – eine bizarre Situation. Die Casting-Agentur wollte es so.
Wer einmal einer Filmcrew bei der Arbeit zugesehen hat, weiss, dass so ein Dreh vor allem aus Warten besteht. Warten auf den Friseur, die Maske, die Garderobefrau. Warten auf den Techniker, den Regisseur und den Kameramann. Warten auch auf eventuelle Änderungen im Script. Warten, warten, warten …
Von Basel über Japan nach Venezuela und zurück
Es gibt viele Arten, sich die Wartezeit zu verkürzen. Man liest, man isst, man döst vor sich hin. Oder man quatscht mit den anderen Akteuren. Dabei erfährt man, dass die schöne Exotin neben einem eigentlich aus Basel stammt, in Japan aufgewachsen ist und eine indische Mama hat. Oder dass die große Blonde als Kind deutscher Eltern aus Venezuela kommt, viele Jahre in Italien gelebt hat und schon morgen nach Mexiko fliegt, weil dort ein neuer Model-Auftrag wartet. Menschen mit Geschichten eben.
Wiedersehen mit Maggy vom Radio
Eine wunderschöne Begegnung gab es beim gestrigen Dreh auch mit einer der ältesten Bekannten, die ich in Montreal habe: Mit Maggy arbeitete ich vor vielen Jahren bei Radio Canada International zusammen, dem Auslandssender der Canadian Broadcasting Corporation (CBC). Wir waren dort beide als Sprecher und Produzenten tätig. Im Gegensatz zu mir hat Maggy eine richtige Schauspielkarriere hinter sich. Lassen kann sie’s noch immer nicht – warum auch? Sie spielt ihre Rolle einfach großartig.
Die gestrigen Drehpausen hatten noch einen anderen Nebeneffekt: Endlich war mal wieder Zeit, mit dem Sohn zu plaudern. Viel ausführlicher als das in der heimischen Umgebung möglich ist, wo Konversationen aus Zeitgründen oft zwischen Tür und Angel stattfinden.
Richtig schön war das. Fast wie im Film.
Hallo Herbert, Du alter Medienhase. Danke Dir fuer das Kompliment. Und was Du so nett mit „warten,warten, warten“ beschreibst, habe ich als cattle call empfunden. Ich arbeite da lieber im Studio. Und wenn’s um Schauspielen geht, dann ist die Buehne immer noch das beste! (Es sei denn, man ist ein richtiger Star).
LikeLike