Petrus spinnt … in Montréal

Entschuldigung, aber seitdem wir unterwegs sind, spinnt Petrus ein bisschen: Aus Deutschland meldet mir die Schwester meines Herzens zwar keine „sengende Hitze“, wie damals aus dem doch eher kühlen British Columbia. Dafür berichtet mein ganz persönlicher Wetterfrosch aus dem Allgäu von einem dramatischen Frühlingseinbruch.

In Palma, wo wir seit einem Monat leben und arbeiten, fühlte es sich heute wie Hochsommer an, so dass der frisch aus Kanada angereiste Sohn am ersten Tag auf Mallorca nicht nur mit Jetlag zu kämpfen hatte, sondern auch mit Sonnenbrand. Besonders kurios: Im heimischen Quebec, wo Schneeverwehungen um diese Jahreszeit keine Seltenheit sind, stieg das Thermometer an diesem Sonntag auf 24 Grad. So warm war es während der St. Patricks-Parade in Montreal seit 40 Jahren nicht mehr.

Global Warming oder Global Verarsche? So oder so: Ich freue mich für alle, die mit mir die Sonne teilen können. Auch wenn ich sie hin und wieder ganz gerne für mich alleine hätte. Aus Erfahrung weiß ich, dass die Gnade der exklusiven Sonnenbestrahlung den Unterhaltungswert im Mailverkehr steigert. Dazu kommt der Neidfaktor, mit dem sich ja bekanntlich auch ganz gut leben lässt.

Mein viel zu früh verstorbener Freund Bernd aus Winnipeg hatte die Angewohnheit, jedes Telefonat zwischen uns mit dem Wetterbericht zu beginnen. Merkte er, dass der Temperaturenvergleich zwischen Winnipeg, wo er lebte, und Montreal, wo mein Zuhause ist, zu seinen Ungunsten ausfiel, wechselte er oft ganz schnell das Thema. Der Schlawiner in ihm sah es immer gerne, wenn er im Vergleich zu mir weniger Schnee, mildere Temperaturen und weniger Moskitos vermelden konnte. Es sei denn, es hatten sich in Manitoba Rekord-Schneemengen gebildet und die Tageshöchsttemperatur lag bei minus 45 Grad. Das galt dann als exotisch und hatte allein schon deshalb hohen Nachrichtenwert. Journalist eben, der liebe Bernd.

Manchmal stelle ich fest: Ein bisschen Bernd steckt in uns allen, jedenfalls auch in mir. Wäre ja gelacht, wenn ausgerechnet Palma klimamäßig schlechter dastünde als Montreal. Aber genau das wird dem Wetterbericht der kommenden Tage zufolge der Fall sein. Kühlere Temperaturen und etwas Regen sind angesagt. Ich vermute, mein Mailaustausch mit Freunden daheim wird entsprechend mager ausfallen. Auch wenn ich ihnen jeden einzelnen Sonnenstrahl gönne. Oder zumindest jeden zweiten.

Palma: Einfach gut für die Seele

Alfonso entschuldigt sich. Nicht einmal, sondern dreimal fleht mich der Betreiber unserer Stammbar in Palma an: „Perdón, perdón, perdón!“ Das Wetter sei heute unter aller Sau. Aber wir sollen uns nur nicht entmutigen lassen. Es kommen auch wieder bessere Zeiten. Wahrscheinlich schon Morgen. „Wo ist das Problem?“, frage ich Alfonso und rechne ihm vor: „Mit 13 Grad plus ist es auf Mallorca heute genau 34 Grad wärmer als in Montreal.“

Palma: Federleicht durch den Winter.

Die Rechnung erschüttert Alfonso. Nein, mit solchen Temperaturen könnte er nicht leben. Niemals. Bei so einem Klima, glaubt Alfonso, würden ja selbst Eisbären noch frieren. Minus 21 hat es nachts in der Stadt meines Herzens, während ich diese Zeilen in der Stadt schreibe, die meiner Seele gut tut. Montreal gegen Palma auszuspielen – nein, das wäre nicht fair. Aber man wird ja wohl noch anmerken dürfen.

Graue Wolken hängen über der Kathedrale, die sich vor unserem Balkon aufbäumt wie eine überdimensionale Fototapete. Und auch der Königspalast hat heute ein wenig von seinem Glanz verloren. Die Stühle vor Alfonsos Bar an der Plaza de la Reina sind verwaist. An der Bushaltestelle wird mehr gebibbert als geschnattert. Von den Palmwedeln tropft es. Aber es regnet lediglich. Kein Schnee.

Winter in Montreal: Schneeschwer

Schnee wird mir  aus Montreal gemeldet, der Stadt, in der ich den Mittelpunkt meines Lebens eingerichtet habe. Es ist schliesslich erst Anfang März.

Das Leben in Palma fühlt sich im Vergleich zu Kanada auch bei 13 Grad und Regen noch federleicht an. Kein Schneeschippen am Morgen, kein Eisregen, der die Überlandleitungen ins Wanken bringt und uns ohne Strom, Heizung und warmes Wasser hängen lässt. Kein von der Natur auferlegter Hausarrest, weil Glatteis aus dem Weg zum Briefkasten eine blitzgefährliche Rutschbahn gemacht hat.

Jacke oder Schirm. Oder gar Beides?

Die größte Herausforderung, die der so genannte Winter in Palma bisher an uns gestellt hat: Leichter Pulli oder dicker? Regenjacke oder Schirm? Oder, sollte der Klima-Gau über Mallorca hereinbrechen, Jacke und Schirm?

Wie sehr ich diese Leichtigkeit schätze und wie wenig ich die harten Wintertage in Montreal vermisse, wird mir hier, am Mittelmeer, so richtig klar. Es passiert mir als unsteter Wanderer selten, dass ich mich dabei ertappe, wie plötzlich nicht mehr der Weg das Ziel ist, sondern es für das Ziel kaum Steigerungsmöglichkeiten gibt. In Palma, wo wir den kanadischen Winter noch vollends aussitzen, passiert mir das jetzt immer haeufiger. Dann fallen beim Frühstück Sätze wie dieser: „Mir fällt im Moment kein Ort der Welt ein, an dem ich lieber wäre als hier“.

Auch bei Regen und 13 Grad.

Fischers Fritz hätte viel Freude

Die Mallorquiner lieben ihren Fisch. Und sie kennen sich damit aus. Der Fischmarkt im „Mercat de´l Olivar“ liegt am Rande der Altstadt von Palma und bietet eine Vielfalt, wie ich sie nur selten gesehen habe. So ein Markt ist nicht jedermanns Sache. Wenn Ihnen der Anblick enthäuteter Tiere Unbehagen bereitet, können Sie ja weiterklicken. Wenn nicht: Viel Vergnügen! Vielleicht kennen Sie ja den einen oder anderen der verstorbenen Kameraden.

Mallorca-Markt: Nicht alles Käse

Heute lade ich Sie zum Essen ein. Und zum Trinken. Und zum Feiern. Der Anlass soll uns mal Wurst sein. Und Käse. Und Oliven. Und Brot. Und Wein. Wir machen einen Streifzug über den Balearen-Markt in Palma de Mallorca.

Als Genussmensch steht man fassungslos vor so viel kulinarischer Lebensfreude. Und darf dabei ruhig den Grund für die Feierlichkeiten vergessen. Wenn Sie‘s trotzdem interessiert: Mallorca beging gestern den Balearen-Tag. Es ist ein gesetzlicher Feiertag und erinnert an das Inkrafttreten des balearischen Autonomie-Statuts vor 29 Jahren. Aber jetzt wieder zurück zu unserem Marktspaziergang. Nicht hungrig, sagen Sie? Der Appetit kommt beim Klicken.