Grizzlybär zerlegt Luxusauto

Nein, ich weiß nicht, ob es der Grizzly auf dem Foto war. Aber dass es ein Grizzly war, der Tim Hamiltons Auto zerlegt hat, steht fest. Der Kanadier hatte seinen Toyota-SUV vor seiner Blockhütte geparkt. Als er den Heimweg nach Calgary antreten wollte, bot sich ihm ein Bild der Verwüstung: Ein Bär hatte den Luxus-Kombi auseinander genommen. Sachschaden: 60 000 Dollar.

Tim Hamilton spricht nur ungern darüber. „Ich liebe Bären und will nicht, dass sie deswegen in Verruf kommen“, sagt er. Trotzdem führt kein Weg daran vorbei: Einer von ihnen hat ihm seinen Toyota Sequoia zerlegt. Irgendwo in der Nähe des Waterton Lakes National Park, südlich von Calgary. Dass es ein Grizzly war, bestätigte später ein von der Versicherung beauftragter Wildbiologe. Die Beißspuren am Lenkrad verrieten den Täter.

Wie der Bär überhaupt in das Innere des Autos gekommen war, ist nicht ganz klar. Vermutlich war die Fahrertür angelehnt und der Bär hatte leichtes Spiel. Als er es sich dann auf dem Hinter-, dem Fahrer und dem Beifahrersitz gleichzeitig gemütlich gemacht hatte, muss der Wind die Tür zugeschlagen haben. Da half nur ein Bruch. Ein Ausbruch.

Foto: imr

Tatort: Waterton Lakes National Park

Das Foto vom zerlegten Toyota macht inzwischen die Runde im Internet. Es gibt Montagen, auf denen der Bär zu sehen ist, wie er hinterm Lenkrad sitzt. Das Foto oben stammt von der Versicherung. Es dürfte also authentisch sein. Die Versicherung zahlte übrigens ohne große Diskussion. Gut so: In einem TV-Commercial, der hier vor einiger Zeit im Fernsehen lief, warb ausgerechnet diese Versicherung mit einem Bär, der auf ein Auto losgeht. Ein Zusammenhang mit dem Werbespot und dem aktuellen Schadensfall besteht angeblich nicht.

Übrigens: Der Grizzly muss trotz der Zerstörung, die er angerichtet hat, sehr umsichtig vorgegangen sein. Lediglich an einem Airbag wurden kleine Blutspuren des Meisters festgestellt. Ansonsten hat der Bär das Auto wohl unverletzt wieder verlassen.

Bärengeschichten aus Grevenbroich

„Wir haben ca. 8-10 Schwarzbären gesehen, Bergziegen, Wapitihirsch, Coyote, Mücken, Buckelwale – keine Elefanten. Ich bin ziemlich sicher, dass die Natur in Kanada erfunden wurde. Das war wirklich sehr schön, sehr sehr schön. Aber: ich glaube, mir gefällt das nur im Sommer…“

Mein befreundeter Kollege Stefan hat mich mit dieser Mail ins Grübeln gebracht und auch ein wenig traurig gemacht. Eben aus seinem Urlaub in British Columbia zurück, muss ich mir ausgerechnet von einem Greenhorn aus Grevenbroich in den Blog diktieren lassen, was einem so alles über den Weg läuft, wenn man durch Kanada reist und nur die Augen aufmacht. Mein Freund Frank aus Köln streut noch zusätzlich Salz in meine Wunde. Auch er hat gerade drei Wochen Westkanada hinter sich und kündigte bereits an: „Ich werde dir da auch noch ein paar Geschichten dazu erzählen…“

Im Angesicht des Bären einfach totstellen

Wie kommt’s? Stefan und Frank waren, unabhängig voneinander, lediglich für ein paar Wochen in Kanada und haben vermutlich mehr Bären gesehen als ich in den letzten 30 Jahren. Dabei muss ich gestehen, dass ich eine regelrechte Bären-Obsession habe. Ich liebe den Anblick eines so mächtigen Tieres und musste einem kanadischen Freund versprechen, vor meinem ersten Campingtrip in Manitoba sogar einen Crashkurs im Umgang mit Bären zu absolvieren. Wichtigstes Gebot: „Bei einsamen Wanderungen unbedingt Krach machen!“ Aber die Blechdose, die ich daraufhin hinter mir herzog, kam bei meinen Wanderfreunden nicht immer gut an. Deshalb habe ich mich aufs Pfeifen verlegt – etwas, das Lore heute noch zur Weißglut bringt. „Du musst hier im Haus keine Bären vertreiben“, sagt sie dann schon mal, wenn ich sie zu sehr damit nerve. Noch eine Lektion aus dem Bären-Crashkurs von Manitoba: „Beim Anblick eines Bären ja nicht mehr bewegen. Am besten totstellen“. Doch so weit ist es nie gekommen. Heute würde ich mich ja schon totstellen, wenn ich damit einen Bären ANLOCKEN könnte, geschweige denn vertreiben.

Wenn die Mutter der Tochter Honig ums Maul schmiert

Dabei fällt mir eine Geschichte ein, die damals in allen Zeitungen stand: Eine Amerikanerin, die mit ihrer kleinen Tochter durch die kanadischen Rockies reiste, wollte um jeden Preis ein Bärenfoto als Souvenir. Also schmierte sie dem Mädchen buchstäblich Honig ums Maul und ließ die Kleine an einer Stelle posieren, wo kurz zuvor ein Bär gesichtet worden war. Die Rabenmutter stellte sich mit gezückter Kamera daneben und wartete auf den Bär. Zu der unheilvollen Begegnung kam es gottseidank nicht. Ein Parkranger war Zeuge dieses obskuren Fotoshootings geworden und alarmierte die Polizei.

Grizzly mit Baby am Alaska Highway (Suchbild)Mögen Geschichten wie diese auch noch so exotisch klingen, meinem Ruf als Grizzly Adams aus den Bergen nützen sie wenig. Die Frage, die mir bei meinen Besuchen in Deutschland mit am häufigsten gestellt wird, lautet nach wie vor: „Hast du denn schon mal Bären gesehen?“ Und immer muss ich etwas verlegen, aber wahrheitsgemäß antworten: „Ja, schon. Aber das ist schon eine Weile her.“ Ist es auch. Den letzten Bären habe ich vor genau sieben Jahren am Rande des Alaska-Highway gesehen. Aber es war ein ausgewachsener Grizzly mit einem Bärenjungen und diese Kombination allein zählt schon mindestens dreimal. Und weil ich aus Prinzip nicht in den Zoo gehe, wo wilde Tiere im Gehege eingesperrt sind, habe ich seither keinen einzigen Bären mehr zu Gesicht bekommen. Waschbären schon, aber eben keine Schwarzbären und gleich gar keine Grizzlies.

Die Geschichte vom Bär und dem Vogelhäuschen

Dabei gibt es Schwarzbären auch hier im Osten Kanadas, jede Menge sogar. Das hat uns Monsieur Bertrand, unser Seenachbar, vor ein paar Tagen auch bestätigt. Neulich habe sich ein ausgewachsener Bär an seinem Vogelhäuschen zu schaffen gemacht und dabei die Stange, auf der das Häuschen sitzt, fast zum Knicken gebracht. Um schlimmeres zu verhindern hat Monsieur Bertrand dann seine Schrotflinte aus dem Keller geholt und ein paar Warnschüsse in die Luft abgegeben. Daraufhin ist der Bär in den Wald verschwunden. In der Nacht kam er dann aber zurück und nahm sich das Vogelhäuschen noch einmal vor, diesmal aber richtig. Und zum Trotz pflügte der große Schwarze dann noch mit seinen Bärenpfoten den Rasen um.

Bei mir? Außer hier und da mal ein paar Haufen Bärendreck im Wald: Fehlanzeige. Vielleicht sollten Frank aus Köln oder Stefan aus Grevenbroich uns Kanadiern mal Bärspäh-Nachhilfenterricht erteilen.