Gefangen in der Kaffee-Falle

cafe

Nennen wir das Kind gleich beim Namen: Es ist die reine Diktatur. Markendiktatur. Wenn dir die sogenannte freie Marktwirtschaft vorschreibt, welchen Kaffee du trinken musst und, schlimmer noch, wo du ihn zu kaufen hast, dann haben wir es hier mit einem Vergehen gegen die Verbraucherschutzrechte zu tun. Aber genau das tut eine schicke Espresso-Firma, die ihrem Namen ein „N“ vorangestellt hat.

Die Überraschung war perfekt. Kurz vor dem Abendessen klopft die Verwalterin der mallorquinischen Ferienwohnung an die Tür: „Eine neue Kaffeemaschine für Sie!“ Toll. Das Ding ist einfacher zu bedienen als ein Seniorenhandy. Und macht den besten Kaffee ever. Vorausgesetzt man hat die dazugehörigen Kaffee-Container, die aussehen wie die Mini-Milchspender, die es im Hotel zum Frühstück gibt. Nur dass sie eben nicht mit Milch gefüllt sind, sondern mit exakt vier Gramm gemahlenem Kaffee.

Der Container, und da fängt das eigentliche Problem schon an, ist genormt. Er passt nur in die dafür vorgesehene Öffnung der Kaffeemaschine, wenn er von der Firma mit dem „N’ vor dem Espresso ist. Markendiktatur eben.

Der Kaffee schmeckt vorzüglich, keine Frage. Wahlweise brüht die Maschine auch Espresso. Ist die erste Tasse durch, fällt der leere Mini-Container in einen dafür vorgesehenen Behälter. Haben sich zehn leere Döschen angesammelt, ist der Behälter voll. Kein Problem, könnte man meinen, einfach in den Trennmüll damit und fertig.

Aber Trennmüll geht eigentlich gar nicht. Es ist ja nicht nur das Aluminium, das entsorgt werden muss. Im Container bleiben ja auch Altreste vom Kaffee zurück. „Kein Problem“, sagt die Firma mit dem „N“ vor dem Espresso, „bringen Sie uns einfach Ihren gebrauchten Container zurück. Wir machen den Rest“. (Mehr dazu in der Kommentarbox).

Auf diese Weise würden 75 Prozent aller Kaffee-Kapseln recycelt, heißt es auf der Homepage der Firma. Dass bei der Abfall-Rückgabe in den meisten Fällen ein Neukauf fällig wird, verschweigt die Firma. Wer an einem Samstagmorgen in einer „N“-Boutique anstehen muss, wird Zeuge dieser eigentlich genialen Marketing-Strategie.

Kaffee kaufen bei der Firma „N“ ist mehr als eine Pflichtübung. Es ist ein Lifestyle-Experiment. Hübsche Männer und Frauen in Designerklamotten erwarten dich im perfekten Ambiente. Sie beraten dich, bedienen dich, verführen dich. Hast du dann einen Kauf getätigt und aus dem Sortiment von 14 Kaffee- und Espressosorten gewählt, nehmen sie dich hinter die Absperrung mit der Samtkordel und laden dich zum – richtig! – Kaffee ein.

Umsonst. Oder doch nicht? Schließlich hast du ja vor dem Probieren schon Kaffee gekauft. Und der kostet ungefähr das Vierfache dessen, was die Packung Kaffee im Supermarkt kostet. Markendiktatur hat eben ihren Preis.

Trotz aller Bedenken ist der Suchtfaktor hoch. Gut möglich, dass schon bald nach der Heimkehr nach Montréal die Kaffeemaschine mit dem „N’ vor dem Espresso in der Wohnung steht.