Jack London lässt grüßen: Der Engländer Dave Tew hat eines der letzten großen Abenteuer erlebt. Er bereiste Kanada als blinder Passagier auf Güterzügen. Was sich wie ein überschaubarer Plan anhört, ist in Wirklichkeit eine Meisterleistung des Versteckspiels und des Überlebens. In einem eindrucksvollen Video lässt Dave seine Reise als „Trainhopper“ noch einmal Revue passieren. Ergänzend dazu gibt’s auf „jetzt.de“, dem Mitmachmagazin der Süddeutschen Zeitung, ein Interview mit dem 31jährigen Briten.
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Santa kennt Deinen Namen
Santa will spielen: Mama grüßt Papa, Papa den Sohn. Und wer will, kann auf der Seite „Portable North Pole“ der ganzen Welt mit wenigen Klicks individuell gestaltete Weihnachtsgrüße schicken.
Hier wird das Mitmachmedium Internet optimal eingesetzt. Man gibt Name, Alter und Hobby des Empfängers ein. Danach versieht man das Ganze mit einem Foto und einem persönlichen Zusatztext. Wenige Minuten später entsteht ein wirklich originell gemachtes Internetfilmchen, in dem „Santa“, wie der nordamerikanische Weihnachtsmann heißt, den Adressaten sogar beim Namen nennt.
Leider funktioniert das Spielchen dieses Jahr nur noch auf Englisch und Französisch. In der Vergangenheit sprachen Santa und seine Helfer auch noch andere Sprachen, darunter Deutsch. Aber auch in der abgespeckten Form lohnt es sich, den Weihnachtsmann mosaikartig zusammen zu bauen und dann per Mail auf die Reise schicken.
Für die Sprecherrolle des deutschsprachigen Santa hatte die kanadische Produktionsfirma damals mich unter Vertrag genommen. Zusammen mit meiner befreundeten Kollegin Maggy mussten in tage- und nächtelanger Studioarbeit Hunderte von Namen, Hobbys und persönlich gehaltene Botschaften eingesprochen werden.
Dass die deutsche Version später wieder aus dem Programm genommen wurde, hat einen Grund: „Santa“ passte nicht so richtig in die deutsche Weihnachtslandschaft und wurde entsprechend selten angeklickt. Schließlich steht in Deutschland das Christkind im Mittelpunkt.
Ob mit Christkind oder Santa: Allen Bloghaus-Besuchern ein frohes Weihnachtsfest!
Schneesturm kostet 20 Millionen

(Schnee-)Bergsteigen im Montrealer Stadtteil St. Henri © Bopp
Wenn es schneit in Kanada, dann schneit es richtig. So wie am Wochenende, als in Montreal zwischen 25 und 35 Zentimeter Neuschnee fielen – je nachdem in welchem Stadtteil gemessen wurde. Was mich hier schon immer fasziniert hat, ist die Lässigkeit, mit der die meisten Kanadier mit so einem Schneesturm umgehen.
Da wird nicht lange lamentiert, sondern geschaufelt, gebaggert, entsorgt. Und ist der eigene Wagen aus den Schneewehen befreit, kommt der des Nachbarn an die Reihe, falls der sein Gefährt nicht ohnehin schon ausgebuddelt hat.
So richtig lustig findet hier so einen Schneesturm wahrscheinlich keiner, außer ein paar Kindern, die es nicht erwarten können. Am wenigsten begeistert ist die Stadtverwaltung. Die Kosten eines durchaus überschaubaren Schneefall-Wochenendes belaufen sich auf 20 Millionen Dollar. 3000 Arbeiter sind Tag und Nacht unterwegs, um mit Räumfahrzeugen zehntausend Kilometer Straße zu säubern.
Der Straßenverkehr in einer Dreieinhalb-Millionen-Stadt wie Montreal wird während der Räumarbeiten zum Albtraum. Pech für Autobesitzer, die ihre Fahrzeuge nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen. Allein am vergangenen Wochenende mussten nach Informationen der Stadt 5000 Fahrzeuge abgeschleppt werden. Sie hatten den Weg der Räumfahrzeuge blockiert.
Wen’s interessiert: Hier noch der aktuelle Wetterbericht:

Jean-François will nicht mehr
Erst war er nur der Ersatz für meinen allzu früh verstorbenen Steuerberater. Dann wurde er “mein Neuer”. Nach fast 20 Jahren Bücher prüfen und Bilanzen lesen ist Jean-François zu einem Freund geworden. Unser gemeinsames Hobby ist … essen. Wenn wir essen, essen wir richtig lang und auch viel. Und wenn wir erzählen, lassen wir nichts aus. Am Freitag war wieder Esserzähltag.
Was unsere kulinarischen Vorlieben betrifft, sind wir flexibel. Wir erzählen uns viel häufiger von Restaurants, die wir kennen, als dass wir sie auch gemeinsam besuchen. Jean-François kennt sich in der chinesischen Küche gut aus (nicht nur weil er seine beiden Kinder in China adoptiert hat und dort auch mehrere Male war).
Ich wiederum schätze von der asiatischen Küche besonders die thailändische, bedingt auch die vietnamesische und natürlich die indische. Bei meiner Ankunft in Kanada vor 30 Jahren war es mit dem kulinarischen Angebot in kanadischen Städten nicht weit her. Auf den lokalen Inder konnte man sich da in fast jeder Stadt verlassen.
Essen, trinken, Steuerfragen
Unsere gemeinsamen Essen finden immer in einer portugiesischen Taverne statt, die im Norden von Montréal liegt. Es ist mehr Kantine als Restaurant, aber das Essen ist vorzüglich. Ein Familienbetrieb, in dem der Sohn der Grillmeister ist und der Vater der Chefkoch. Mama macht Salate und Desserts – alles appetitlich einsehbar durch die Glaswand, die Küche und Gastraum voneinander trennt. Die Tochter mixt die Getränke, der Schwiegersohn ist für den Service zuständig. Dass der Laden jedes Mal genagelt voll ist, wundert mich nur insofern als das kleine Restaurant in einem Industriegebiet liegt, weit weg vom Zentrum der Metropole Montréal.
Schweineschnitzel vom Holzkohlengrill mit ebenfalls gegrillten Kartoffeln, Salat und Gemüse, hinterher Flan – es gibt exotischere Gerichte. Aber das Ambiente stimmt und auch der Preis. Und natürlich der Service.
Gestern war die Stimmung bei unserem vorweihnachtlichen Essen etwas getrübt. Jean-François hatte eine gute und eine schlechte Nachricht für mich. Die schlechte Nachricht: Er gibt sein selbstständiges Steuerberatungsbüro auf und geht demnächst in Festanstellung zu einem großen Unternehmen. Die gute Nachricht: Er wird auch weiterhin die Steuererklärung für meine Ein-Mann-Firma machen, als Freundschaftsdienst gewissermaßen.
Ein schrecklicher Sommer: Selbstmord und Bankrott
Dass er aus der Selbständigkeit aussteigt, hat einen traurigen Grund. Es gab da einen schrecklichen Monat im vorigen Sommer: Drei seiner großen Kunden sind abgesprungen. Mehr oder weniger. Der erste hat Selbstmord begangen. Der zweite liegt nach einem Suizidversuch im Krankenhaus. Und der dritte musste Konkurs anmelden.
Jean-François mag nicht mehr. Er ist jetzt Anfang fünfzig und will sich künftig lieber mit gutem Essen beschäftigen statt mit Dramen, für die er keine Erklärung hat.
Jagdszenen aus Kanada: „Enjoy!“

Ein toter Eisbär lässt die kanadische Umweltministerin jubeln: „Enjoy!“, frohlockte sie jetzt in einem Tweet über das erlegte Tier und setzt damit die Serie der Peinlichkeiten fort, mit denen Kanada zurzeit Schlagzeilen macht.
Vom torkelnden Torontoer Oberbürgermeister über eine Horde von mafiösen Amtsleitern im Montrealer Rathaus bis hin zu diversen Senatoren, die den Steuersäckel jahrelang mit einem Selbstbedienungsladen verwechselt haben – das Fremdschämen für mein sonst so geschätztes Gastland will einfach nicht aufhören.
Den jüngsten Coup hat sich jetzt Umweltministerin Leona Aglukkaq geleistet. Nachdem ihr der Onkel eines Jägers aus ihrem Wahlbezirk in der kanadischen Arktis ein Foto von einem frisch geschossenen Polarbär zugeleitet hatte, gratulierte sie dem Mann in einem Re-Tweet zu dem Jagdglück, das ihm widerfahren war. „Enjoy!“
Es ist nicht das erste Mal, dass die konservative Ministerin Tier- und Umweltschützer zur Weißglut bringt. In einem viel beachteten Auftritt im Parlament trug sie einmal demonstrativ ein Seehundfell. Ein andermal gratulierte sie Walfischjägern öffentlich zu den frisch erlegten Tieren.
Auch mit der Statistik nimmt es die Ministerin nicht so genau. Während sich seriöse Forscher weltweit darüber einig sind, dass die Zahl der Eisbären in der kanadischen Arktis drastisch zurück geht, brüstete sich Frau Aglukkaq mit einer anderen Erkenntnis: Von einer Bedrohung des Polarbär-Bestands könne keine Rede sein. Als Quelle führte die Umweltministerin immerhin ihren Bruder an.
Dass der aktuelle Tweet vom toten Eisbären in Tierschutzkreisen für Aufruhr sorgte, hat noch einen anderen Grund: Die Ministerin twitterte aus Moskau. Dort feierte sie im Auftrag der kandischen Bundesregierung zusammen mit anderen Delegierten aus aller Welt ausgerechnet das 40jährige Jubiläum eines Vertrags zum Schutz der Eisbären.

