Eis-Hotel für Bibber-Gäste

Wenn ich auf Reisen bin, kann ich leider nicht täglich bloggen. Deshalb der Griff ins Archiv. Hier finden Sie von Zeit zu Zeit die Textversion meiner Hörfunk-Reportagen. Die Manuskripte wurden nicht aktualisiert!

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QUEBEC CITY / QUEBEC

Minus 42 Grad im Wind – so kalt wird es um diese Jahreszeit schon mal in Kanada. Da wird dann der Wein zum Eiswein, das Kotelette zum Eisbein. Doch Christophe Jourdi aus Montreal stört das nicht weiter. Im Gegenteil: Der 32jaehrige Designer sucht mitten im kanadischen Winter noch nach Steigerungsmöglichkeiten. Im Eis-Hotel bei Quebec-City hat er den Kick gefunden.

Die tausend Quadratmeter große Hotel-Anlage aus Eis und Schnee ist die erste dieser Art in Nordamerika und nach Schweden die zweite weltweit. Ein Quebecker Unternehmer hat das Super-Iglu in zweimonatiger Arbeit bauen lassen – aus 275 Tonnen Eis und fünftausend Tonnen Schnee.

Das Eis-Hotel steht unmittelbar neben den Mont-Morency-Wasserfällen. Die sind weniger bekannt als die Niagarafälle, dafür aber dreißig Meter höher. Sechs Zimmer hat das Hotel. Die Übernachtung liegt bei 200 Euro pro Nacht. Die neunzehn Betten bestehen aus Eisblöcken. Darauf liegt ein Rentierfell bedecktes Holzgestell. Spezialschlafsäcke werden vom Hotel gestellt. Am Neujahrstag wurde der Eis-Palast eröffnet.

Die fünf Zimmer des Eishotels sind zum großen Teil ausgebucht. Die meisten der bisherigen Gäste kamen aus Frankreich und den USA. Aber es waren auch ein paar Kanadier darunter.

Nach zwölf Wochen macht der Eispalast die Schotten dicht – bis zum nächsten Jahr. Dann erst wollen die Erbauer so richtig in die Vollen gehen: Mit einem Kino, zwei Kunstgalerien und sogar einer Kapelle. Und natürlich wird es auch wieder eine Eis-Bar geben. Die Rocks für den Whisky darf sich der Gast selbst hacken.

(Sendung vom 3-1-2001)

Endlich: Winter in Kanada!

Schluss mit Sommer. Der erste Schneefall kam diesmal ungewöhnlich spät. Es gab Jahre, da war Anfang Oktober schon alles weiß. Von mir aus hätte der Neverending Summer of 0/11 gerne noch bleiben dürfen. Aber Winter in Kanada hat auch was. Was nun? Mit etwas mehr Zeichentalent hätte ich dem Smiley im Schnee ein lachendes und ein weinendes Auge verpasst.

Draußen röhren schon seit Stunden die Schneepflüge um die Wette. Allein in unserem kleinen Wohngebiet sind es drei verschiedene. Den größten davon schickt die Stadt. Er ist für die Durchgangsstraßen zuständig. Die beiden anderen gehören privaten Unternehmern. Ihre Traktoren kümmern sich um die Grundstückseinfahrten bis hin zu den Garagen. Tag und Nacht.

Winter in Kanada: Romantisch. Teuer. Und manchmal auch tödlich

Winter in Kanada ist ein teures Vergnügen. 145 Millionen Dollar beträgt das Budget für den Winterräumdienst einer Stadt wie Montréal, so groß wie Berlin. Aber auch Privatleute greifen tief in die Tasche, um über den Winter zu kommen: Winterreifen, Schneeräumer, Dachrinnenheizung (damit das Schmelzwasser ungestört ablaufen kann und kein Eis-Rückstau entsteht), Feuerholz für den Ofen. Wer sich auf Elektrizität, Öl oder Gas verlässt, kann Pech haben. Beim katastrophalen Eissturm vor 13 Jahren gab es wochenlang Stromausfall. Und mehrere Tote. Die meisten der Opfer sind erfroren.

Winter in Kanada kann romantisch sein: Kaminfeuer, Glühwein, netter Besuch. Einfach einen Gang zurückschalten. Winter in Kanada kann aber auch grausam sein: Temperaturen von bis zu minus 30 Grad sind keine Seltenheit. Meterhohe Schneewehen gehören zum Alltag. Ist erst einmal alles mit Schnee bedeckt, dauert es bis Mai, bis sich die ersten grünen Blätter zeigen.

Kanadier sind die absoluten Winterprofis

Wie ein Land bei diesen klimatischen Verhältnissen überhaupt funktionieren kann, war mir schon immer ein Rätsel. Schule, Kitas, Arbeit, Verkehr. Irgendwie klappt in Kanada immer alles. Mal mehr, mal weniger. Die Schneeräumung hat er jedenfalls im Griff, der Kanadier. Und da er auch mit Streusalz nicht zimperlich umgeht, sind meistens auch die Straßen eisfrei. Entsprechend verratzt sehen die Autos aus. Umweltschutz? Nein, danke. Berge von Schnee, Blizzards und ein zugefrorener See, auf dem monatelang Autos verkehren als wären es Landstraßen – das alles ist schon sehr beeindruckend.

Auto auf zugefrorenem See

Und die Temperaturen? Die Inuit schmieren ihren Kleinkindern angeblich Waltran ins Gesicht, um sie vor Erfrierungen zu schützen. Typische Kanadier kleiden sich im Winter nach dem Prinzip der Zwiebelschale. Mehrere Schichten übereinander geben wärmer als ein dicker Daunenparka. Schlechtes Wetter gibt es nicht. Nur schlechte Kleidung.