5-Sterne-Hotel? Wir doch nicht!

Neues aus dem „Selbstbedienungsladen Politik“: Weil der kanadischen Ministerin für Internationale Entwicklung das ihr zugewiesene Fünf-Sterne-Hotel in der Londoner Innenstadt nicht gut genug war, zog sie kurzerhand ins noch viel feinere „Savoy“ um. Dort kostet die Nacht 665 Dollar. Das Glas O-Saft zum Frühstück gibt’s schon für 16 Dollar.

Gerade noch gut genug: Das "Savoy"-Hotel

Aber wo ist das Problem? Der kanadische Steuerbezahler wird’s schon richten. Der kommt selbstverständlich auch für die Stornogebühr von $ 287 auf, die durch den Umzug der Dame entstanden war. Und während das ursprünglich gebuchte „Grange St. Paul’s Hotel“ Teil des Kongresszentrums ist, das Ministerin Bev Oda in London aufsuchte, ist es zum „Savoy“ ein Stückchen weiter. Macht nichts. Dafür gibt’s ja Luxuslimousinen. Für 1000 Dollar pro Tag.

Macht und Geld, heißt es, versauen den Charakter. Über den Charakter von Bev Oda kann ich nur spekulieren. Aber was ich jetzt höre, untermauert mal wieder die Theorie von der Selbstbedienungs-Mentalität vieler kanadischer Politiker, die glauben, das Geld wachse auf Ahornbäumen, die man nur anzapfen müsse.

Minister MacKay

Dazu gehört auch ein Helikopterflug, der offensichtlich nötig war, um den kanadischen Verteidigungsminister von einer abgelegenen Fishing-Lodge zu einem „offiziellen“ Grillabend mal kurz in die Stadt zu fliegen. Die Kosten dafür schlagen beim Bund mit 16 000 Dollar zu Buche. Dass es sich bei dem Chopper um einen der wenigen Rettungshubschrauber handelte, mit dem Menschen geborgen werden, die auf hoher See in Not geraten, sei hier nur am Rande erwähnt.

In beiden Fällen weigerte sich Premierminister Harper übrigens, die Prasser, wie von der Opposition gefordert, zu entlassen. Kein Wunder: Er selbst ist auch nicht zimperlich, wenn es um den „SB-Laden Kanada“ geht. Im Vorjahr reiste er mal kurz zu einem Eishockeyspiel nach Boston. Kosten: 11 000 Dollar. Ganz der Hockey-Dad, als der er sich gerne verkauft, durfte sein Töchterlein sogar mit auf die Reise.

Bev Oda: Liebt Luxus und Limousinen

In allen Fällen boten die Ertappten zwar später an, ihren Anteil für die Hotel- und Reisekosten aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Aber eben erst, nachdem ihnen die Medien auf die Spur gekommen waren. Besonders pikant wird der ausschweifende London-Besuch der Ministerin Oda vor dem Hintergrund der kürzlich beschlossenen Budget-Beschränkungen: 380 Millionen Dollar weniger sollen künftig in ihr Ministerium fließen. Freilich ein vergleichsweise kleiner Beitrag, um vom kanadischen Haushaltsdefizit herunter zu kommen. Das beträgt zurzeit 31 Milliarden.

Anlass ihres London-Besuchs war übrigens eine Konferenz über Impfungen in Drittweltländern. Auch einen Grund für den spontanen Hotelwechsel haben fixe Reporterkollegen ausgemacht: Im ursprünglich gebuchten „Grange St. Paul’s“ gab’s für Madame leider kein Raucherzimmer.

Eis-Hotel für Bibber-Gäste

Wenn ich auf Reisen bin, kann ich leider nicht täglich bloggen. Deshalb der Griff ins Archiv. Hier finden Sie von Zeit zu Zeit die Textversion meiner Hörfunk-Reportagen. Die Manuskripte wurden nicht aktualisiert!

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QUEBEC CITY / QUEBEC

Minus 42 Grad im Wind – so kalt wird es um diese Jahreszeit schon mal in Kanada. Da wird dann der Wein zum Eiswein, das Kotelette zum Eisbein. Doch Christophe Jourdi aus Montreal stört das nicht weiter. Im Gegenteil: Der 32jaehrige Designer sucht mitten im kanadischen Winter noch nach Steigerungsmöglichkeiten. Im Eis-Hotel bei Quebec-City hat er den Kick gefunden.

Die tausend Quadratmeter große Hotel-Anlage aus Eis und Schnee ist die erste dieser Art in Nordamerika und nach Schweden die zweite weltweit. Ein Quebecker Unternehmer hat das Super-Iglu in zweimonatiger Arbeit bauen lassen – aus 275 Tonnen Eis und fünftausend Tonnen Schnee.

Das Eis-Hotel steht unmittelbar neben den Mont-Morency-Wasserfällen. Die sind weniger bekannt als die Niagarafälle, dafür aber dreißig Meter höher. Sechs Zimmer hat das Hotel. Die Übernachtung liegt bei 200 Euro pro Nacht. Die neunzehn Betten bestehen aus Eisblöcken. Darauf liegt ein Rentierfell bedecktes Holzgestell. Spezialschlafsäcke werden vom Hotel gestellt. Am Neujahrstag wurde der Eis-Palast eröffnet.

Die fünf Zimmer des Eishotels sind zum großen Teil ausgebucht. Die meisten der bisherigen Gäste kamen aus Frankreich und den USA. Aber es waren auch ein paar Kanadier darunter.

Nach zwölf Wochen macht der Eispalast die Schotten dicht – bis zum nächsten Jahr. Dann erst wollen die Erbauer so richtig in die Vollen gehen: Mit einem Kino, zwei Kunstgalerien und sogar einer Kapelle. Und natürlich wird es auch wieder eine Eis-Bar geben. Die Rocks für den Whisky darf sich der Gast selbst hacken.

(Sendung vom 3-1-2001)

Liebeserklärung an mein Hotel

My Hotel is my Castle. Zumindest, wenn ich auf Geschäftsreise bin. Das Hotel, das mir mein Auftraggeber nun schon seit zehn Jahren immer dann bucht, wenn ich in Köln zu tun habe, ist nicht das erste Hotel am Platze. Aber es hat einen besonderen Platz in meinem Herzen. Der Empfangschef kennt meinen Namen. Und wenn mir die Nase läuft, stellt mir die Frühstückskellnerin einen Obstteller ins Zimmer.

In diesem Hotel habe ich schon viele Monate vebracht, rechnet man alle Aufenthalte zusammen. Dass die Wasserspülung gelegentlich hängt und der Heizkörper Klopfgeräusche von sich gibt, stört mich nur ein bisschen. Das Foyer meines Hotels ist vollbehängt mit Fotos aus vergangenen Zeiten. Peter Kraus und Conny Froböss waren schon hier. Auch Bill Ramsay und Peter Frankenfeld haben ihr handsigniertes Konterfei hinterlassen. Sogar der große Kulenkampff ist hier schon abgestiegen. Und selbst Roy Black muss sich irgendwann mal ins weisse Hotelbett gelegt haben. Aber das ist lange her. Schlafe ich heute Nacht in einem Bett, in dem sich schon Caterina Valente geräkelt hat?

Teller voll? Einer geht immer noch drauf!

Ich liebe also mein kleines Hotel. Was mich dagegen tierisch nervt, sind Gäste, die ihre Teller beim Frühstücksbüffet mit solchen Bergen Schinken und Rührei beladen, dass regelmäßig Wursträdchen auf den Teppich fallen. Wenn dann noch mehrere Scheiben Brot und eine halbe Gallone frisch gepresster Orangensaft auf dem Tisch zurück bleiben, macht mich das rasend und auch ein wenig traurig. Oft verhalten sich ja gerade solche Gäste so rücksichtslos, die aus Regionen kommen, wo nicht gerade die Reichsten leben.

Was mir dagegen gut gefällt an meinem Hotel, ist die Lage. Es liegt mitten im Zentrum von Köln, mittiger geht’s nicht. Rechts der Dom, links die Funk- und Fernsehstadt WDR. Dazwischen Köln, wie es leibt und lebt. Nur zweimal habe ich mein Hotel verflucht. Einmal während der Fußball-Europameisterschaft und dann noch während des Karnevals. „Kannst du bitte das Fenster zumachen, solange du mit mir telefonierst? Ich versteh ja kein Wort!“, hatte mich Lore während eines Telefonats aus Kanada gebeten. Ich musste meine Frau enttäuschen: Die Fenster meines Hotelzimmers waren zu. Und den Höllenlärm, der morgens um zwei noch draußen herrschte, konnte man nur schwer auszuhalten.

Berühmt – aber leider kennt sie niemand

Toll finde ich, dass ich in meinem Stammhotel andere Stammgäste treffe. Einen Dirigenten aus Wien, zum Beispiel, der gelegentlich das WDR-Symphonieorchester leitet. Oder einen „Tatort“-Pathologen, den jeder an seiner Vollglatze erkennt. Oder einen Fernsehmoderator, den jeder schon gesehen hat, aber dessen Namen sich keiner merken kann. Und dann die Sprecherin, die immer die Presseschau im Radio vorliest. Herrlich, wie sie ihre Stimmbänder morgens mit Lindenblütentee und Honig ölt. Sie zelebriert die Stimmpflege so unübersehbar öffentlich, dass Jeder weiß: Diese Frau ist stimmlich in wichtiger Mission unterwegs. Und bestimmt ist sie total berühmt.

Schon doof, wenn man als eitler Mensch beim Radio arbeitet, wo die Stimme kein Gesicht hat.

Besuch beim Onkel in Kanada

Besucher waren bei uns schon immer ein Thema für sich. Wer in einer Stadt wie Montréal lebt, muss sich über mangelnde Gäste nie beklagen. Manchmal wird es den Gastgebern zu viel. Es gab Zeiten, da musste das „Hotel Bopp“ wegen Überfüllung geschlossen werden. Jetzt hatten wir wieder einen Besucher. Den hätten wir gerne adoptiert.

„Besucher sind wie Fische“, sagte mein Freund Michael manchmal, als er noch in München wohnte. „Nach drei Tagen fangen sie an zu stinken“. Michael muss es wissen. Er ist Fischer. In seinem Haus in München türmten sich ständig die Gäste. Aber nach faulem Fisch hat es nie gerochen. Vermutlich ist keiner länger als drei Tage geblieben.

„Hotel Bopp“ bis auf weiteres geschlossen

Es gab ein Jahr, da hatten wir zwischen April und Oktober eine Woche lang KEINEN Besuch. Der Rest war belegt. Inzwischen bin ich vorsichtiger geworden, ehe ich Einladungen ausspreche. Schließlich leben wir nicht nur in diesem Haus. Wir arbeiten auch hier. Essen, trinken, arbeiten und Gäste bewirten – ein schwer verdaulicher Partymix.

Kleines Gepäck - große Freude

Seitdem wir mit Einladungen selektiver vorgehen, genießen wir Besucher wieder mehr. Eben war mein Neffe aus Wien für drei Tage hier. Auf dem Rückweg von einer Geschäftsbesprechung in Chikago machte er noch einen kleinen Abstecher beim Onkel in Kanada. Solche Besucher liebe ich: Er erwartet kein ausgedrucktes Besucherprogramm, besorgt sich die Biermarke seines Herzens selbst und ist ein aufmerksamer, liebevoller Gast. Interessant und interessiert. Er muss das Gute-Gäste-Einmaleins von der großen Schwester abgeschaut haben. Auch sie beherscht es aus dem Effeff und hatte, nebst Anhang, den Besucher-Sommer 2011 mit großem Erfolg eingeläutet.

Plözlich lernst du deine Stadt neu kennen

Das schönste an solchen Besuchern: Du lernst die Stadt, in der du lebst, aus einer völlig neuen Sichtweise kennen. Plötzlich findest du die Kellnerinnen nicht mehr ganz so unaufmerksam und die Montréaler Hinterhöfe nicht mehr gar so schmuddelig. Wenn du einen Gast hast, der viel in der Welt unterwegs ist, relativiert sich selbst der letzte Dreck.

Am schlimmsten sind die „been-there-done-that„-Besucher. Du zeigst ihnen die Stadt, die du liebst, schleifst sie in deine Stammkneipe und bist stolz wie Oskar, so eine Metropole wie Montréal vorführen zu dürfen. Wenn du dich dann aber bei jedem Spaziergang gegen Vergleiche mit anderen Urlaubszielen wappnen musst („Den Hafen von Barcelona, DEN solltest du mal sehen!“ – „Wolkenkratzer? Dubai! Ich sage nur Dubai!“), ist das nicht nur anstrengend, sondern auch richtig nervig. Und irgendwo auch ein bisschen traurig. Das hat meine Stadt nicht verdient.

Und wenn dein Besucher dann, Blick nach unten gerichtet, völlig unenthusiastisch hinter dir her trottet, nachdem du ihm gerade den höchsten Wolkenkratzer deiner Stadt vorgeführt hast, dann reicht’s irgendwann. Am härtesten brachte es ein Besucher vom Bodensee. Kurz vor dem Höhepunkt der mehrstündigen Bopp’schen Sightseeing-Tour durch Montréal meinte der Gast aus Schwaben: „Asphalt trätta kanne dohoim au.“ Bei so einem Kommentar würdest du ihm gerne die Visitenkarte des Hotels an der Ecke in die Hand drücken – und dann mal tschüss. Bei unserem jüngsten Besuch aus Wien war das alles andere. Er kennt die schönsten Metropolen der Welt, isst gerne fein und gut. Und findet Montréal immer noch klasse.

Danke, mein Neffe! Können wir dich adoptieren?