
Als Schauspieler würde ich mich nicht einmal ansatzweise bezeichnen. Aber ich bin in meinem Leben Dutzende Mal vor Film- und Fernsehkameras gestanden. Dass ich dabei nicht gar so eine schreckliche Figur abgegeben habe, ist auch das Verdienst von John Elliott. Er war ein Schauspieler mit Leib und Seele. Jetzt ist er gestorben.
Es war in einem wunderschönen Landhaus in den Wäldern von Quebec, als ich John zum erstenmal begegnet bin. Ein Regisseur, der verwegen genug gewesen war, an meine Schauspielkunst zu glauben, hatte mich für einen Spielfilm engagiert.
John sollte die Hauptrolle spielen, einen kauzigen Hobbygärtner. Ich war der Filmemacher im Film, eine Art Volker Schlöndorff, spärlich im Text, aber mit viel Hingabe zu seinem cineastischen Werk.
Der Film „This Is An Ending“ hat es aus vielen Gründen leider nie in die Kinos geschafft. Dafür bekam John Elliott für immer einen Logenplatz in meinem Herzen.
John war es, der mir beibrachte, wie ich auf Stichwörter – “cues”, wie er es nannte – einen einigermaßen geschmeidigen Dialog zustande brachte. Wie man an der Kamera vorbeischaute und nicht wie ein Amateur direkten Blickkontakt mit ihr aufnahm, wie man seine Stimme richtig einsetzt und auch sein Gemüt.
Er tat es so diskret und gekonnt, dass sich der Regisseur mehr als einmal wunderte, wo ich als blutiger Anfänger wohl das Know-how her hatte, um doch noch eine ordentliche Figur in einem Spielfilm abzugeben.
John und ich waren mit Abstand die ältesten Schauspieler, die sich mehr als eine Woche in dem Landhaus in den Bergen zum Dreh eingefunden hatten.
Die meisten der Multikulti-Truppe aus verschiedenen Ländern zogen sich abends mit Musik im Ohr in eine Ecke zurück – zu Drinks, Joints oder auch zum Tête-à-tête, wie das zwischen jungen Schauspielern schon mal vorkommt.
John und ich machten dann meistens einen Spaziergang durch den bunten Herbstwald und sprachen über Gott und die Welt. Wir redeten über Kinder und Familie, über unsere Reisen, unsere Träume und Pläne, die auch Menschen über 60 noch haben.
Als ich ihm die Geschichte erzählte, wie ich als junger Kerl in Acapulco im Knast saß, weil ich mich bei den mexikanischen Behörden nicht ausweisen konnte, nachdem mir mein Auto gestohlen worden war, schlug John dem Regisseur vor, diesen Take als Teil des Filmes einzubringen. Der junge Filmemacher hörte auf den erfahrenen Schauspieler. Es wurde ein schöner Dialog daraus.
John Elliott hatte seine erfolgreiche Karriere bei einem großen Kosmetikkonzern schon lange hinter sich, als er ernsthaft mit der Schauspielerei anfing.
Noch viele Jahre nach unserem Dreh im Landhaus trafen wir uns regelmäßig in einem Montrealer Café, oder auch im “Hudson Village Theatre”. Der stillgelegte Bahnhof des Dorfes, das uns 25 Jahre lang zur Heimat geworden war, wurde mit viel Liebe zum Theater umgebaut. Kaum eine Produktion, in der John nicht mitspielte, fast immer hatte er die Hauptrolle.
Als wir uns zum letztenmal sahen, hatte er gerade bravourös ein Zwei-Mann-Stück hinter sich gebracht. Anschließend ließ er es sich nicht nehmen, uns im Foyer zu begrüßen. Er machte wie immer einen aufgeräumten, geistig wie körperlich fitten Eindruck. Und er hatte Pläne, wollte aus familiären Gründen nach Ontario ziehen.
Es war das letzte Mal, das ich John umarmen und ihm zu seinem Bühnenerfolg gratulieren durfte.
John Elliott stammte aus Belfast/Irland, mit einem liebenswerten Wesen, dessen ständiger Begleiter der Schalk im Nacken war.
Dass dieser so umtriebige Mensch, gerade mal ein Jahr älter als ich, jetzt ausgerechnet an einem Hirntumor starb, passt so gar nicht in den letzten Akt seines Lebens. Doch den Abgang von der Bühne sucht man sich nicht aus.
Break a leg, my buddy! Wherever the stage for your next performance will be.

Der Trailer zum Film mit John Elliott: