Blumenwiesen beim Ballermann

BannGleich hinterm Ballermann liegt ein Stück Mallorca, das jedes Klischee sprengt. Es gibt dort Blumenwiesen und Reihenhäuser, ein bisschen Vorstadtmief und auch ein paar Villen, die den ultimativen Panoramablick auf Palma freigeben.

Keine Kneipe weit und breit und auch kein Supermarkt. Und, zumindest um diese Jahreszeit, so gut wie keine Touristen. Dafür lauschige, meist felsige Badebuchten, die leicht zu Fuß von Arenal aus zu erreichen sind. Von Palma fährt sogar ein Stadtbus nach Cala Blava.

Nur ein paar Steinwürfe entfernt von Touriläden wie „Hans Wurst“ und „Aber hallo!“ liegt dieses kleine Suburbia, in das sich allenfalls ein paar Wanderer und Radfahrer verirren, die alles andere schon abgegrast haben.

Dabei ist Cala Blava ein echtes Kleinod. Es sind nicht die Protzvillen, ohne die es auf Mallorca einfach nicht zu gehen scheint. Und auch die Reihenhaus-Siedlungen sind nicht die eigentliche Attraktion. Es ist das Panorama.

Die Sicht über die komplette Buch von Palma ist es, die den Betrachter fesselt. Und stets im Hintergrund das Tramuntanagebirge, das die Playa de Palma nie aus den Augen lässt.

Wundertüte Mallorca eben.

(K)ein bisschen Ballermann

baller_bannerEIN SAMSTAG-SPAZIERGANG über das, was die Welt „den Ballermann“ nennt: Kein Naserümpfen, nur schöne Strände, Blumenrabatte, Kiter und Stehpaddler. Und ganz viele geschlossene Hotels. Der „Wurstkönig“ gönnt sich einen Winterschlaf und auch die „Bierstraße“ macht die Schotten dicht. Ohne Ballermänner ist der Ballermann eine Wonne. Unsere kleine Foto-Expedition beginnt in Arenal und endet in Can Pastilla.                                                                                                   Alle Fotos © Bopp

Natürlich am Meer lang

oceanbannerWer Seele und Sinne verwöhnen möchte und dabei seinen Knochen noch etwas Gutes tun will, sollte unbedingt die Strecke von Palma nach Arenal zurücklegen – und zwar zu Fuß. Der Spaziergang dauert zweieinhalb bis drei Stunden und führt immer am Meer entlang.

Über den ersten Teil des Weges, der von Palma zu den ehemaligen Fischerdörfern Portixol und Molinar führt, gab’s ja neulich eine fotografische Beschreibung im Blog. Heute geht es weiter an Ortschaften vorbei mit Namen wie Coll D’en Rabassa, Ciudad Jardin, Cala Gamba.

Irgendwann kommen dann Can Pastilla und etwas später Arenal, auch als „Ballermann“ bekannt. Keine Angst: Dort finden Sie um diese Jahreszeit noch keine Horden, die den Sangria literweise mit dem Strohhalm aus dem Eimer trinken. Singles, Pärchen, kleine Gruppen oder auch Familien nutzen den wunderschönen Sandstrand für einen Tagesausflug oder auch nur für ein kurzes Sonnenbad.

Wer Felsen, Blumen, Kräuter, Vögel liebt und dabei seltene Insekten beobachten möchte, kommt bei diesem Ocean Walk von Palma nach Arenal voll auf seine Kosten. Ein Teil des Weges führt durch den Park Es Carnatge, der als natürliche Pufferzone zwischen Flughafengelände und Meer dient. Wegen der seltenen Felsformationen wurde dieses vier Hektar große Gelände zum Naturschutzpark erklärt.

Zu dieser Jahreszeit erwacht der Strand aus seinem Dornröschenschlaf. Es sind bereits viele Liegen aufgestellt, die dort von der Stadt für weniger als 6 Euro am Tag zu mieten sind.

Die Strecke vom Zentrum der Altstadt von Palma bis zum Hafen von Arenal dürfte ungefähr 15 KM betragen. Aber es gibt viele Möglichkeiten, den Spazierweg mit kulinarischen Köstlichkeiten zu unterbrechen.

Wer sich ein wenig verwöhnen lassen möchte: „El Bungalow“ (Bild Nr. 46 in der Galerie), bekannt für Fisch und Paëlla, liegt etwa zur Hälfte der Strecke, wunderschön auf einem Felsenvorsprung direkt am Meer, mit einer herrlichen Sicht auf das Panorama von Palma. Aber es gibt auch viele kleine Cafés, die zu einem Cortado einladen. Zum Beispiel Cala Canta , im Bild Nr. 57 zu sehen.

Wem es zu eintönig oder zu anstrengend ist, die gleiche Strecke wieder zurück zu wandern, kann bequem den Bus nehmen. Die # 25 fährt über die Autobahn und ist im Nu wieder in der Innenstadt von Palma (Endstation Plaza de la Reina, unterhalb der Kathedrale). Der 15er braucht etwas länger und fährt durch die Vorstadt, was ja auch seinen Reiz haben kann.

Die Fotos der Bildergalerie sind alle auf dem Weg von Palma nach Arenal entstanden. Dabei wurde weniger auf die korrekte Reihenfolge geachtet als auf die Stimmung, Viel Spaß beim Mitwandern!

Kässpätzle in der Schinkenstraße

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Ich hab’s getan – und schuld daran ist Günther Jauch. Er hatte in seiner letzten Millionärs-Sendung einen Kandidaten gefragt, wo er denn seine Frau kennen gelernt habe. Der antwortete: „Am Ballermann. Danach sind wir in die Schinkenstraße gegangen“. Ein Ortstermin.

Die Schinkenstraße ist eigentlich eine Gasse. Sie führt am „Ballermann 6“ vom Meer weg in Richtung Norden. Im Sommer soll dort die Post abgehen. Horden von Touristen vergnügen sich dort angeblich rund um die Uhr mit Komasaufen und Schlimmerem. Zu erkennen sind sie an Sangria-Eimern, aus denen meterlange Strohhalme ragen. So viel zum Klischee.

Die Wahrheit sieht anders aus: Es ist Winter auf Mallorca und der Sangria bleibt im Schrank. Kaum mehr als ein Dutzend Touristen haben sich während meiner Stippvisite hierher verirrt. Die Straße selbst ist von allem ein bisschen: Ein bisschen heruntergekommen, ein bisschen interessant, ein bisschen langweilig. Und auch ein kleines bisschen schön.

Es wachsen Palmen entlang der Schinkenstraße. Und hört man genau hin, kann man sogar das Rauschen des Meeres vernehmen. Vor allem aber hört man Schlager wie „Schöne Maid“ oder „Ein Bett im Kornfeld“. Auch heute. Die wenigen Läden, die geöffnet haben, heißen Bierkönig, Grillmeister oder Donnerbalken.

Der Schilderwald ist unübersichtlich und auch ziemlich daneben. Da zeigt ein Pfeil zum deutschen Arzt und ein anderer, unmittelbar darunter, zur „Grand Prix Fahrschule“. Und dann ist da noch der Hinweis auf eine Wechselstube. Dem Schild zufolge können dort immer noch DM umgetauscht werden. Wer’s glaubt, wird (bier)selig.

Die Erotikschuppen sind geschlossen. Keine rothaarige Lola läuft mir über den Weg und auch keine Blondine, die eigentlich ein Blonder ist. Nichts von alledem. Dafür gibt’s Würste in allen Variationen und Frühstück den ganzen Tag. Nur: Was macht man um diese Jahreszeit in der Schinkenstraße, wenn nicht gerade Frühstückszeit ist?

Zum Beispiel Kässpätzle essen. Die hatte ich schon weitaus schlechter. Allein dafür hat sich der Weg zur Schinkengasse gelohnt.

Peinlich? Nur ein bisschen. Aber keiner wird gezwungen, die Schinkengasse aufzusuchen. Wer’s trotzdem tut, mag entsetzt sein, vielleicht aber auch begeistert.

Mir fiel beim Anblick der Partymeile am Ballermann ein Graffito ein, das ich vor Jahren im Deutschen Klub von Winnipeg/Manitoba gesehen hatte: „Gott schütze mich vor Sturm und Wind und Deutschen, die im Ausland sind“.

Die Schinkengasse gehört nun mal zu Mallorca. Und Mallorca zu den schönsten Flecken der Welt.

>>> Hier gibt’s ein paar Eindrücke von der Schinkenstraße <<<

Der Tsunami vom Ballermann

b1Der Himmel ist blau. Wie Lametta glitzert die Sonne im Meer. Und wer genau hinschaut, kann beobachten, wie sich die Schirme der Kite-Surfer in deinem Weinglas spiegeln. An Tagen wie diesen wünschen sich nicht nur Tote Hosen Unendlichkeit.

Doch plötzlich schleicht sich ein Tsunami in dein Leben. Zuerst auf sanften Pfoten, bald schon mit brachialer Gewalt.

Der Tsunami ist klein und dicklich und hat knallrote Haare. Der Tsunami spricht viel zu laut, viel zu schnell und viel zu schwäbisch. Der Tsunami hebt den Sangria-Schwenker und schreit: „Genau deswega send mer auf Malle. Prost!

Jetzt noch der Ententanz und ich sterbe.

Tsunamis kommen und gehen. Nur dieser Tsunami bleibt. Als die Kellnerin bedauert, mir zum Nachtisch keine Ohropax servieren zu können, plane ich meine Flucht. Soll der rothaarige Tsunami doch ohne mich weiter toben.

Fast hätte ich’s vergessen: Es gibt sie also doch noch, die Ballermänner. Dabei können Ballermänner auch Frauen sein. Um diese Jahreszeit sind sie auf Mallorca noch selten. Die einschlägigen Kneipen in der Gegend von Arenal haben noch gar nicht alle geöffnet. Die Bierstraße muss erst noch auf Vordermann gebracht werden und selbst die Grillmeister schrauben noch an ihren Geräten. Eigentlich eine gute Zeit, nach Arenal an den Strand zu fahren. Ballermann ohne Ballermänner.

Wo seid ihr her?“ Die Frage kennt jeder, der im Ausland deutsch redet. Gewöhnlich ist es ja auch schön, sich mit anderen Reisenden auszutauschen. Nur eben nicht immer. Und vor allem nicht mit jedem. Aber dafür gibt’s dann ja die Stummtaste. Nur heute will sie nicht funktionieren.

Woher bisch?“, fragt der rote Tsunami schon wieder. Jetzt ja nicht antworten!, fährt es mir durch den Kopf. Gleich gar nicht im angeborenen und sonst durchaus geschätzten Dialekt. Schwäbisch könnte jetzt verheerende Folgen haben, denn die landsmannschaftliche Verbundenheit mit dieser lautstarken Sangria-Vernichterin lässt sich rein sprachlich gesehen nicht leugnen.

„Komm scho, woher kommet’r?“ – „Berlin„, sagt mein Ballermann-Begleiter wahrheitsgemäß, auch wenn er dort seit 45 Jahren nicht mehr wohnt. Und ich bin fürs Erste gerrettet. Mein Kumpel, ein Berliner aus New-York, mit jahrelanger Erfahrung im tiefsten Afrika, ist seit einigen Jahren „Residente“ auf Mallorca. Und hat die zündende Idee.

Er hängt jetzt einem „100%-echt-Rolex“-Verkäufer aus dem Senegal ein Gespräch auf. Er parliert englisch, französisch und wenn’s sein muss auch noch polnisch rückwärts mit dem Mann. Verstehen tut’s keiner so richtig, ist aber nicht weiter schlimm. Die Konversation erfüllt trotzdem ihren Zweck: Der rote Tsunami schweigt. Erstarrt über so viel Kommunikationsvermögen in so vielen Sprachen hat es ihm die eigene Sprache verschlagen.

Auf leisen Pfoten, wie er gekommen war, zieht der Tsunami wieder ab. Sanft weht das rote Haar im Wind.