Danke, Mallorca. Und tschüss!

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Liebes Mallorca,

es waren wunderbare drei Monate, die wir bei Dir verbringen durften. Wir, die ewigen Ausländer: Zwei Deutsche mit kanadischen Pässen, die in Spanien überwintern. Wetter-Flüchtlinge aus dem hohen Norden, die in ihrem Leben genug Eis und Schnee erlebt haben, um die Erderwärmung ad absurdum zu führen. Du hast uns gezeigt: Es geht auch anders. Mit Mandelblüten im Februar und lauen Frühsommertagen im März.

Wenn es einen perfekten Gastgeber gibt, dann bist Du es. Sicher, wir haben Dich und ein paar Menschen dafür entlohnt, dass wir hier leben durften: Die Bar Bosch, die Bar Borne, den Supermarkt um die Ecke und die Bäckerei Lozano. Die Markthallen von Palma und Santa Catalina werden Umsatzeinbrüche verschmerzen müssen, wenn wir nicht mehr hier sind. Die städtischen Verkehrsbetriebe und die Betreiber der TIB-Buslinien nach Valdemossa, Sóller, Bunyola, Santanyi oder wohin auch immer – sie werden unsere Abwesenheit in ihren Kassenbüchern spüren.

Aber einen Abschied ohne Schmerz gibt es nicht. Frag uns mal, wie wir uns fühlen, kurz vor dem Rückflug nach Kanada!

Das Alter steht Dir übrigens gut. Du hast nichts von dem Glanz verloren, der uns erstmals vor fünf Jahren verzaubert hatte. Dein Charme, die Liebenswürdigkeit Deiner Bewohner, die Geduld Deines Servicepersonals, die Fairness Deiner Preisgestalter – das alles werden wir Dir nicht vergessen. Und dann natürlich Deine atemberaubende Schönheit.

Wir werden Dich vermissen, liebes Mallorca. Und mit Dir ein paar Menschen, die uns ans Herz gewachsen sind. Rudolfo, Kati, Alfonso und Pepita.

Aber wir kommen ja wieder. In acht Monaten sind wir schon wieder hier. In der Zwischenzeit werden wir die kanadische Natur genießen und das aufregende Leben in der Stadt meines Herzens, Montréal. Es könnte also schlimmer sein.

Dass Du uns ausgerechnet zum Abschied noch ein paar Regentage beschert hast, sei Dir verziehen. Vielleicht wolltest Du uns ja einfach nur daran erinnern, dass es auch im Paradies so etwas wie den ganz normalen Alltag gibt.

 

Gefangen in der Kaffee-Falle

cafe

Nennen wir das Kind gleich beim Namen: Es ist die reine Diktatur. Markendiktatur. Wenn dir die sogenannte freie Marktwirtschaft vorschreibt, welchen Kaffee du trinken musst und, schlimmer noch, wo du ihn zu kaufen hast, dann haben wir es hier mit einem Vergehen gegen die Verbraucherschutzrechte zu tun. Aber genau das tut eine schicke Espresso-Firma, die ihrem Namen ein „N“ vorangestellt hat.

Die Überraschung war perfekt. Kurz vor dem Abendessen klopft die Verwalterin der mallorquinischen Ferienwohnung an die Tür: „Eine neue Kaffeemaschine für Sie!“ Toll. Das Ding ist einfacher zu bedienen als ein Seniorenhandy. Und macht den besten Kaffee ever. Vorausgesetzt man hat die dazugehörigen Kaffee-Container, die aussehen wie die Mini-Milchspender, die es im Hotel zum Frühstück gibt. Nur dass sie eben nicht mit Milch gefüllt sind, sondern mit exakt vier Gramm gemahlenem Kaffee.

Der Container, und da fängt das eigentliche Problem schon an, ist genormt. Er passt nur in die dafür vorgesehene Öffnung der Kaffeemaschine, wenn er von der Firma mit dem „N’ vor dem Espresso ist. Markendiktatur eben.

Der Kaffee schmeckt vorzüglich, keine Frage. Wahlweise brüht die Maschine auch Espresso. Ist die erste Tasse durch, fällt der leere Mini-Container in einen dafür vorgesehenen Behälter. Haben sich zehn leere Döschen angesammelt, ist der Behälter voll. Kein Problem, könnte man meinen, einfach in den Trennmüll damit und fertig.

Aber Trennmüll geht eigentlich gar nicht. Es ist ja nicht nur das Aluminium, das entsorgt werden muss. Im Container bleiben ja auch Altreste vom Kaffee zurück. „Kein Problem“, sagt die Firma mit dem „N“ vor dem Espresso, „bringen Sie uns einfach Ihren gebrauchten Container zurück. Wir machen den Rest“. (Mehr dazu in der Kommentarbox).

Auf diese Weise würden 75 Prozent aller Kaffee-Kapseln recycelt, heißt es auf der Homepage der Firma. Dass bei der Abfall-Rückgabe in den meisten Fällen ein Neukauf fällig wird, verschweigt die Firma. Wer an einem Samstagmorgen in einer „N“-Boutique anstehen muss, wird Zeuge dieser eigentlich genialen Marketing-Strategie.

Kaffee kaufen bei der Firma „N“ ist mehr als eine Pflichtübung. Es ist ein Lifestyle-Experiment. Hübsche Männer und Frauen in Designerklamotten erwarten dich im perfekten Ambiente. Sie beraten dich, bedienen dich, verführen dich. Hast du dann einen Kauf getätigt und aus dem Sortiment von 14 Kaffee- und Espressosorten gewählt, nehmen sie dich hinter die Absperrung mit der Samtkordel und laden dich zum – richtig! – Kaffee ein.

Umsonst. Oder doch nicht? Schließlich hast du ja vor dem Probieren schon Kaffee gekauft. Und der kostet ungefähr das Vierfache dessen, was die Packung Kaffee im Supermarkt kostet. Markendiktatur hat eben ihren Preis.

Trotz aller Bedenken ist der Suchtfaktor hoch. Gut möglich, dass schon bald nach der Heimkehr nach Montréal die Kaffeemaschine mit dem „N’ vor dem Espresso in der Wohnung steht.

Also doch: Es ist die Siesta!

siestaSo langsam komme ich dahinter, warum die spanische Wirtschaft so funktioniert wie sie funktioniert. Es ist die Siesta. Die nachmittäglichen Ruhestunden sind dem Südländer bekanntlich heilig. In Palma dauert die Siesta meistens von 14 bis 17 Uhr. Dann lässt der Mallorquiner den Rollladen runter und tut das, was wir alle gern tun würden, wenn wir’s könnten: Er ruht aus.

Dass er, wenn er seinen Laden geöffnet und nicht geschlossen hätte, während der dreistündigen Ruhephase möglicherweise den spanischen Staatshaushalt ausgleichen könnte, scheint ihn in diesem Moment wenig zu interessieren. Aber vielleicht denken wir da einfach zu deutsch. Oder kanadisch. Immerhin gibt es auch bei uns jede Menge Betriebe, die Konkurs anmelden müssen, obwohl sie niemals eine Siesta abgehalten haben.

Schuhläden, Klamottenshops, Elektroläden, Boutiquen für Uhren, Parfum, selbst viele der Kunstgalerien fangen den Nachmittag erst mal mit Zuschließen an. Die Markthallen in Palma und im Stadtteil Santa Catalina mit ihrem Überangebot an Leckereien aus Mallorcas Gärten? Nachmittags geschlossen. In Spanien muss der Spruch vom hochgeklappten Bürgersteig kreiert worden sein. Zumindest zwischen 14 und 17 Uhr.

In Palma kann die Siesta, mal abgesehen von den marktwirtschaftlichen Auswirkungen, für den orientierungslosen Touristen ganz schön verwirrend sein, wenn die Geschäfte alle gleichzeitig die Rollos dicht machen. So sieht die Altstadt von Palma, ohnehin schon zu jeder Tageszeit ein städtebauliches Labyrinth, während der Siesta bis zur Unkenntlichkeit anders aus als während der Öffnungs-Phasen am Vormittag und am frühen Abend.

Wobei: Es hat schon was, wenn Ruhepausen eingehalten werden. Der Sonntag in Montréal ist wie Dienstag und Donnerstag. Nur dass vielleicht häufiger Rasenmäher oder Baumsäge angeworfen werden.

Ein wenig Siesta würde uns allen gut tun.

Paradies für Internet-Junkies

mac

Der Schildkrötenbrunnen in Palma, genau gegenüber der Bar Bosch, ist der perfekte Platz, um Menschen der unterschiedlichsten Art zu beobachten: Geschäftsleute, die auf dem Weg zum Deal noch kurz eine Verschnaufpause einlegen. Besorgte Väter, die ihren Kindern vor dem Gang zum Strand noch eine Fingerkuppe Sonnencreme auftragen. Frauen mit ZARA-Tüten und Jungs mit Messi-Trikots. Vor allem aber trifft man am Font de les Tortugues Touristen, die dort ihre Smartphones checken.

Nicht nur dort. Der Platz um den Brunnen ist nur einer von ca. 100 Wlan-Hotspots der Stadt Palma. Eine halbe Stunde lang kann dort jeder seine Mails checken, skypen, oder einfach nur surfen – kostenlos.

Weil auch eine so internetfreundliche Stadt wie Palma über kein unbegrenztes Datenkontigent verfügt, muss der Onlinejunkie nach genau 30 Minuten vom Tropf. Danach darf er sich erneut einloggen. Das Procedere ist ganz einfach: Den WiFi-Spot bestätigen – und schon bist du drin.

Ein tolles, nutzerfreundliches System, wie ich finde. Eines, das sich viele Städte, die es sich besser leisten könnten als Palma, trotzdem nicht leisten. Ein bisschen wie San Francisco am Mittelmeer. Die kalifornische Metropole hat sich fest vorgenommen, die Innenstadt komplett mit Hotspots zu überziehen. Hallo, Montréal? Herhören, Köln!

Natürlich gibt es in wohl jeder größeren Stadt der Welt Gratis-Wlan-Hotspots. Aber das sind dann fast immer Cafés oder Kneipen, die ihre Zielgruppe im Auge behalten: Meist jugendliche Surfer, die auffallend oft ihre Facebook-Seite geöffnet haben, wenn man ihnen mal versehentlich über die Schulter guckt.

Auch in Palma gibt es viele Cafés und Bars, auch Kultureinrichtungen, die ein kostenloses Wlan-System anbieten. Aber hier hat eben auch das offizielle Mallorca ein Herz für Surfer. Und wenn’s dann doch mal kein WiFi gibt, findet sich für ein Lächeln oder auch einen kleinen Tipp bestimmt eine Kellnerin, die zusammen mit dem Cortado auch die passwortgeschützten Zugangsdaten des Hauses serviert. Café mit Netz gefällig?

Wieder ein Grund mehr, nach Mallorca zu kommen.

Traumjob auf den Weltmeeren

hafenIn Palma habe ich neulich einen Mann mit einem ungewöhnlichen Job kennen gelernt. Er ist Bootsbauingenieur und spielt Feuerwehr auf den Weltmeeren. Wenn auf irgend einer Luxusjacht ein technisches Problem auftritt, lässt er sich vom Bootsbesitzer einfliegen. Dann wird ihm ein Privatjet bereitgestellt, der ihn, sagen wir mal, zu einem Stützpunkt auf die Fidschi-Inseln bringt. Von dort aus geht es per Helikopter zur Jacht.

Hat das Schiff, das es zu reparieren gilt, einen Heli-Pad, landet der Hubschrauber direkt auf der Jacht. Gibt es keinen, lässt sich der Bootsbauer schon mal vom Helikopter aus der Luft abseilen, um an Bord zu kommen.

Der Mann ist selbständig und arbeitet von Berlin aus. Seit Jahren bereist er die ganze Welt. An die ganz großen Jachten, wie die von Abramovich oder Steve Jobbs, kommt er nicht. Denen stehen eigene Bordingenieure zur Verfügung. Aber abgesehen von diesen Hingucker-Jachten, die ja inzwischen auch durch die Medien gegangen sind, war der Mann schon auf ziemlich vielen Booten. Auch auf solchen, die unsereins allenfalls aus der Zeitung kennt, oder vielleicht mal vor Anker liegend in Palma oder irgendeinem anderen Urlauberhafen gesehen hat.

Es sei sein Traumjob, erzählte mir der Ingenieur. Er reise gerne, spreche mehrere Sprachen und habe auch einen ausgeprägten Helferinstinkt. Über Geld haben wir nicht gesprochen. Darüber gäbe es bestimmt auch einiges zu erzählen.

Traumjobs gibt es also immer noch. Mein Kumpel Jörg hat sogar zwei davon. Auch ich zähle mich zu denen, die ihr Leben nicht träumen, sondern ihren Traum leben. Journalist ist für viele noch immer ein Traumberuf. Ich bekomme das zurzeit in Köln mit. In meinen Seminaren habe ich es ausschließlich mit jungen Journalisten zu tun. Fernsehen, Radio, Internet.

Manchmal sehe ich einen Seminarteilnehmer Jahre später im Fernsehen als Korrespondent vor dem Weißen Haus oder in einem Dokumentarfilm über Extremsportarten.

Es ist schön, anderen Menschen bei der Erfüllung ihrer Träume zuzusehen. Noch schöner ist es, seinen eigenen Traum zu leben.