
Die Wahlnacht in den Online-Medien. (Screenshots © La Presse, CTV, CBC, The Gazette)
Die bevorstehende Heimkehr von Mallorca nach Montréal fällt seit ein paar Stunden leichter: In der vergangenen Nacht haben die Separatisten bei den Wahlen in Québec die schwerste Schlappe seit 44 Jahren erlitten.
Jetzt haben die besonnenen Liberalen unter dem 56jährigen Gehirnchirurgen Philippe Coullard die absolute Mehrheit im Parlament des zu 80 Prozent französischsprachigen Bundeslandes („Provinz“) Québec. Separatistenführerin Pauline Marois musste sich sogar in ihrem eigenen Wahlkreis geschlagen geben.
Die Rechnung der Parti Québecois ging nicht auf. Man könnte auch sagen: Hochmut kam vor dem Fall. Die Separatisten waren 18 Monate in der Regierung, wollten aber mehr. Mehr Macht, mehr Fremdenfeindlichkeit, mehr Französisch, mehr Anti-Englisch.
Weil jedoch eine Minderheitsregierung ihr diese Macht nicht gab, war Regierungschefin Pauline Marois davon überzeugt, dass die Zeit für eine absolute Mehrheit reif sei. Gefehlt! Das Gegenteil ist der Fall. Der Großteil der 6 Millionen Wahlberechtigten machte dieses gefährliche Machtspiel nicht mit.
Die Québecer gaben der als arrogant und selbstherrlich geltenden Machtpolitikerin Marois eine schallende Ohrfeige. So sehr wurde Marois gedemütigt, dass ihr sogar die Wähler im eigenen Stimmbezirk davonliefen. Mit Bekanntwerden des katastrophalen Wahlergebnisses verlor Pauline Marois in der vergangenen Nacht nicht nur die Regierung, sondern auch den Parteivorsitz.
Hätten die Separatisten die Wahl gewonnen, wäre ein Referendum über die Loslösung der Provinz vom kanadischen Staatenbund der nächste Schritt gewesen. Dies wiederum hätte mit großer Wahrscheinlichkeit einen Massen-Exodus der anglophonen Bevölkerung Québecs zur Folge gehabt. Da die großen Unternehmen in englischsprachiger Hand sind, wäre das wirtschaftliche Ausbluten einer der wichtigsten Provinzen Kanadas wohl kaum zu verhindern gewesen.
Dieses Horrorszenario ist jetzt vom Tisch. Québec wird wieder von einer moderaten Liberalen Partei regiert. Die hat zwar ihren Wählern versprochen, auf den Erhalt der französischen Sprache zu achten. Aber nicht mit Säbelrasseln, Hasstiraden und Strafmandaten, weil der accent aigu auf einem Firmenschild fehlt, wie das die Separatisten getan haben.
Jetzt heißt es abwarten, Rotwein trinken und Baguette essen. Québec bleibt nicht nur der wohl charmanteste Flecken Nordamerikas, sondern auch die politisch interessanteste Region der kanadischen Konföderation.
Jetzt endlich auch wieder mit einer Regierung, die etwas anderes am Hut hat, als Englisch gegen Französisch auszuspielen.
Der Schweizer Rundfunk hat zu diesem Thema ein interessantes Erklärstück meines befreundeten Kollegen Gerd Braune aus Ottawa gesendet.